Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
lassen. Das Heer trat den Rückzug an.
Von den Feuerkugeln der Katapulte bedrängt, zogen sich nacheinander auch die Drachenritter zurück.
Während sie mit den anderen zum Lager zurückrannte, sah sie, dass einige von ihnen, von Feuerkugeln getroffen, jenseits des Turmes ins Trudeln gerieten und abstürzten.
16. Ein neuer Schmerz
Wie ein lebendiges Wesen wand sich das Feuer um die Turmstadt, umschlang sie immer enger und eroberte sie schließlich ganz. Wie Fangarme hoben sich die Flammen zum Himmel. Die Steine gaben nach, und in einer Wolke aus Rauch und Staub fiel der ganze Turm in sich zusammen.
Vom Lager aus beobachtete das Heer die Szene, und als der Turm einstürzte, erhob sich Siegesgeschrei. Auch Nihal reckte ihr Schwert zum Himmel. Beim Anblick dieses Bildes der Zerstörung stahl sich ein Lächeln in ihr Gesicht.
Der General trat zu ihr. »Du hast deine Aufgabe voll erfüllt«, erklärte er knapp, und Nihal wusste, dass sie es geschafft hatte. Nun würde sie ihren eigenen Drachen erhalten, würde ihn zu reiten lernen und sich mit Haut und Haaren dem Krieg verschreiben. In diesem Moment hatte sie nur die Feinde, die sie getötet hatte, und ihren Triumph im Kopf: Sie dachte weder an Sennar in der Ferne, noch an Laio, der dem Tod entronnen war, und ebenso wenig an Fen. Sie dachte an Rache: Heute hatten die Halbelfen ihre erste Revanche genommen Auch der Veteran trat an sie heran. »Du kannst dich freuen, du hast deine Prüfung bestanden. Ja, du hast dich wirklich gut geschlagen. Dein Freund jedoch, nun ..., er ist noch nicht wieder richtig bei sich. Schau doch mal nach ihm.«
»Zu Befehl«, antwortete Nihal eilig und lief schon los.
Sie fand Laio in einer Ecke des Zeltes kauernd vor. Er schluchzte und zog die Nase hoch. Behutsam trat sie an ihn heran, doch er schrak dennoch auf. Sie setzte sich neben ihn und begann, ihm zärtlich über den Kopf zu fahren.
»Es ist ja vorüber, mein Kleiner. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Nun wirst du wohl mit deinem Vater sprechen. Erklär ihm einfach, wie es in dir aussieht. Es wird schon alles gut.«
Er wandte ihr den Blick zu: Seine Augen waren verquollen und gerötet vom Weinen. »Es war so entsetzlich. Das hätte ich nicht für möglich gehalten: Die vielen Leichen, die Fammin, die plötzlich überall waren, unsere Kameraden, die getroffen zu Boden sanken... Es war so schrecklich, Nihal. Schrecklich!«
Nihal wusste nicht, was sie antworten sollte. Es stimmte ja alles. Es war wirklich entsetzlich: der Tod, das Blut, die Fammin. Aber so war eben der Krieg. »Warum muss das alles sein? Warum hasst uns der Tyrann? Warum hasst er auch alle, die ihm nichts getan haben?«
»Darauf gibt es keine Antwort. Er hasst uns, Schluss, aus. Deswegen kämpfen wir.« »Wir kämpfen ... ? Sag lieber, ihr kämpft, denn mir fehlt der Mut dazu. Ich hatte solche Angst und habe damit auch dein Leben in Gefahr gebracht ... Ich hasse mich! Ich weiß, dass wir kämpfen müssen, aber ich weiß auch, dass ich dem nicht gewachsen bin. Ich bin eben ein Feigling! Wie soll ich nur in Frieden weiterleben, nach all dem, was ich heute gesehen habe?«
»Wir müssen doch nicht alle in den Krieg ziehen, Laio. Man kann unsere Welt auf vielfältige Weise unterstützen. Denk nur an die Ratsmitglieder oder die Regenten der freien Länder. Auch wenn sie nicht zu den Waffen greifen, setzen sie doch ihre ganze Kraft für die Freiheit der Aufgetauchten Welt ein. Auch du wirst eine Aufgabe finden, in der du nützlich sein kannst.«
Laio kamen wieder die Tränen, und er weinte leise weiter.
Plötzlich kam Unruhe ins Lager.
Nihal merkte es an den hektischen Schritten gleich vor dem Zelt. Sie blickte hinaus. Alle Soldaten waren aus ihren Zelten gelaufen.
»He du, was ist da los?«
Der junge Knappe, den sie angesprochen hatte, blieb nicht einmal stehen. »Wir haben einige Ritter verloren«, erklärte er atemlos und rannte weiter. Ein Gedanke schoss Nihal durch den Kopf: Fen. Sie hatte ihn nach der Schlacht nicht mehr gesehen. Das ist doch lächerlich. Ihm ist sicher nichts passiert. Doch eine eigenartige Unruhe ergriff sie. Sie verließ ihr Zelt und streifte durch das Lager, in dem immer erregteren Hin und Her von Soldaten und Knappen, bis sie auf eine kleine Schar stieß, die sich vor dem Zelt des kommandierenden Generals versammelt hatte. Sie trat näher heran und betete dabei, unter den Stimmen, die aus dem Zelt drangen, auch die von Fen zu hören. Sie vernahm undeutliche Worte, erregte, sich
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