Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
in den vom Tyrannen beherrschten Ländern unterhalten, und dabei hatte der Gnom eine Mauer erwähnt, jedoch auch ausdrücklich erklärt, dass sie nicht das Innere der Gebirge durchziehe. Und nun standen sie davor. Der Tyrann war nicht untätig gewesen in den letzten zwanzig Jahren.
»Hier kommen wir unmöglich durch«, seufzte Sennar.
»Und was sollen wir tun?«
»Da bleibt uns nicht viel Auswahl: Wir müssen es bei einem anderen Übergang versuchen.«
Sie stiegen ein gutes Stück ab und dann wieder auf. Das Wetter war umgeschlagen, und ein heftiger Schneesturm erfasste sie.
Nihal fürchtete bereits den Moment, da sie ihr verlorenes Heimatland betreten würde, denn je näher sie dem Ort kamen, wo die Gräueltaten stattgefunden hatten, desto schlimmer quälten sie die Stimmen in ihrem Kopf.
Nach weiteren fünf Tagesmärschen erreichten sie den zweiten Pass, wo sie erneut eine böse Überraschung erwartete: Den Übergang gab es praktisch nicht mehr. Anstelle eines Pfades, der sich zwischen den Gipfeln hindurch geschlängelt hätte, fanden sie nur Felsblöcke und Geröll vor, die ein Weiterkommen unmöglich machten. Wahrscheinlich ein Werk der Fammin.
Und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als tief gebückt durch den Schneesturm zu wandern und nach einem anderen Übergang zu suchen. Nach weiteren vier Tagen gelangten sie in Sichtweite eines dritten Passes, doch im dichten Schneetreiben konnten sie nicht erkennen, in welchem Zustand er sich befand.
»Vielleicht bleibst du hier, und ich schau mir das mal aus der Nähe an«, schlug Sennar vor.
»Was fällt dir denn ein? Wir gehen natürlich zusammen.«
»Bleib nur, ich will mich auch mal nützlich machen. Warte hier auf mich.« Einen Arm schützend vor die Stirn gelegt, kämpfte sich Sennar weiter durch den Schneesturm. Eine Weile stapfte er so vor sich hin, bis er irgendwann abrupt stehen blieb. Er nahm den Arm zur Seite, um besser sehen zu können, und stöhnte verzweifelt auf: Vor ihm tat sich ein Abgrund auf.
Er wagte sich vor bis zum Rand und blickte zaghaft hinunter. Etwas tiefer erkannte er einen schmalen Pfad, der sich zwischen zwei Bergen hindurchschlängelte. Der Übergang war frei.
Sogleich kehrte er zu Nihal zurück. »Da ist ein Steilhang. Aber der Pass ist frei!«, rief er. »Spuren von Fammin?«, fragte Nihal.
Diese Worte wirkten auf Sennar wie eine kalte Dusche. »Darauf habe ich gar nicht geachtet. Aber von der Befestigungsmauer ist hier jedenfalls nichts mehr zu sehen.« »Vielleicht kommen wir nur mit einem deiner Zauber weiter«, sagte sie und ging vor zu der Stelle.
Als sie an dem Steilhang standen, überlegten sie gemeinsam, was zu tun sei. Sie hatten keine Seile mit, um sich hinunterzulassen, und es ging einige Dutzend Ellen senkrecht in die Tiefe. Nihal lachte.
»Kannst du mir mal verraten, was es hier zu lachen gibt?«, fragte Sennar. »Ich hab mir nur vorgestellt, wie du da hinunterkraxelst.« »Ich habe da bestimmt weniger Probleme als du«, antwortete Sennar, trat einen Schritt vor und sprang. »Sennar!«, schrie Nihal.
Der Magier hob den Blick und sah, wie sie sich vorbeugte und einen Seufzer der Erleichterung ausstieß.
Manchmal war es schon nützlich, schweben zu können.
»Du bist ja ein schöner Kavalier ...«, lamentierte Nihal. »Lässt man eine Dame so stehen?«
»Ich sehe hier keine Damen«, antwortete er, »bloß kühne Ritter ...«
Nihal lachte und begann hinunterzuklettern. Im ersten Abschnitt kam sie problemlos zurecht. Auf den letzten Ellen fand ihre Linke jedoch plötzlich keinen Halt, und sie schlug heftig auf dem Boden auf. In aller Eile rappelte sie sich hoch.
Sennar ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen. »Beim nächsten Mal muss ich dich wohl unter den Arm klemmen ...«
»Das lag nur an der Kälte«, rechtfertigte sich die Halbelfe verlegen. »Ich spüre meine Hände nicht mehr, die sind wie Eis.« Sie streckte sich, tastete sich ab, ob alles heil war, und zog dann ihr Schwert.
Auch Sennar wurde wieder ernst und bereitete sich darauf vor, eine Zauberformel zu sprechen.
Nur ein kurzes Stück des Pfades vor ihnen war zu überblicken. Er wand sich zwischen den Felsen entlang und war so schmal, dass sie wohl im Gänsemarsch würden gehen müssen. Zu einer Seite erhob sich eine steile Felswand, auf der anderen gähnte eine tiefe Schlucht, und jenseits davon wieder Fels. »Ich gehe vor«, schlug Sennar vor.
Nihal hatte nichts dagegen einzuwenden und blieb hinter ihm. Vorsichtig bewegten sie sich,
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