Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben
Elbenkapitän stand einen Augenblick schwankend da, die Hand am Schwertgriff. Ein weiterer Hieb zerteilte den Rumpf, bevor er zu Boden fiel.
Der Steuermann stieß einen Schrei aus und griff zum Schwert, obwohl er ahnte, dass die Klinge gegen das Flammenwesen nichts ausrichten konnte. Es schnellte auf ihn zu, und er parierte den ersten Streich der Feuerklinge. Ein metallisches Geräusch erklang, als ob Stahl auf Stahl schlug.
Glühende Schmelze lief am Schwert des Steuermanns ein Stück die Blutrinne entlang und tropfte dann zu Boden.
Der Steuermann wich zurück. Das Feuerwesen setzte nach.
Hieb auf Hieb folgten mit der Flammenklinge.
Als der Steuermann mit seinem Schwert zustieß und der Stahl in den flackernden Körper des Wesens eindrang, glühte die Elbenwaffe rot auf. Aufschreiend ließ der Steuermann sie los.
Aber es gab noch einen weiteren Grund, aus dem er schrie.
Die Flammenklinge hatte seinen Leib durchstoßen und trat im Rücken wieder hervor. Das Flammenwesen riss sie empor, wobei sie den Körper des Steuermanns bis zur Schulter durchtrennte.
Die Feuerkreatur wirbelte herum und stürzte sich auf die elbischen Seeleute. Einen nach dem anderen metzelte es nieder. Fast eine Stunde lang gellten schrille Schmerzens- und Todesschreie über das Meer. Niemand überlebte.
Als nur noch ein herrenloses Geisterschiff durch die Fluten des Zwischenländischen Meeres trieb, erlahmte die Kraft des Feuerwesens. Es zerfloss zischend auf den Planken und erlosch. Nur ein schwarzer Rußfleck blieb zurück. Und Tage später wurde ein Totenschiff an die Küste einer der Inseln von West-Elbiana angespült.
König Keandir und seine Begleiter nächtigten in den Gästegemächern der Manufaktur. Der König aber fand in dieser Nacht kaum Schlaf. Wirre Träume ließen ihn immer wieder erwachen. Vielleicht war ja die Verzweiflung des erblindeten Hauptmanns Rhiagon so groß, dass sie sich auch in die Gedanken der anderen gegenwärtig auf dem Elbenturm weilenden Elben übertrug. Jedenfalls dachte Keandir sehr häufig an das, was dem treuen Rhiagon widerfahren war und sah immer wieder dessen leere, blutige Augenhöhlen vor sich.
Siranodir mit den zwei Schwertern hatte sich zwar des Erblindeten angenommen, doch dieser war schlichtweg untröstlich und äußerte immer wieder, man möge ihn an die Außenmauer der Manufaktur führen, damit er sich vom Elbenturm stürzen könne, um nach Eldrana einzugehen.
Keandir nächtigte allein in einem dem König vorbehaltenen Raum, und als er nun zum vierten Mal in dieser Nacht erwachte, spürte er einen deutlichen Unterschied. Aus irgendeinem Grund dachte er an seinen Sohn Magolas, sah dessen Gesicht mit den vollkommen schwarzen Augen vor sich und spürte gleichzeitig ein Unbehagen, das so übermächtig war, dass Keandir es nicht verleugnen konnte. Die Lippen Magolas’ bildeten einen geraden Strich, so als würde Keandirs Sohn sie fest zusammenpressen, um zu verhindern, dass ihm ein unbedachtes Wort entfleuchte.
Das Bild verblasste, aber das Unbehagen blieb. Ein Gefühl drohender Gefahr hatte vom König der Elben Besitz ergriffen.
Er trat zum Fenster und öffnete es. Es war nach Süden ausgerichtet. Der Mond schien ungewöhnlich hell, und sein Licht ließ die schneebedeckten Gipfel Hoch-Elbianas leuchten.
Etwas würde geschehen. Etwas war auf dem Weg ins Reich der Elben. Etwas Dunkles, Grausames. Etwas, dem die Macht der Finsternis innewohnte so wie Keandir…
Wenig später gab ein Hornbläser Alarm.
Vollständig angekleidet und bewaffnet verließ König Keandir das Haupthaus der Manufaktur. Überall entfaltete sich hektische Aktivität unter den Angehörigen der Wachmannschaft.
Siranodir mit den zwei Schwertern und der einäugige Prinz Sandrilas befanden sich bereits im inneren Hof der Manufaktur, und auch Thamandor der Waffenmeister erschien; er hatte in der Werkstatt genächtigt und trug nicht nur sein Schwert, das er den »Leichten Tod« nannte, und seine beiden Einhandarmbrüste, sondern hatte auch das bisher einzige Exemplar des Flammenspeers bei sich.
»Kann mir mal jemand verraten, weshalb Alarm gegeben wurde?«, fragte Thamandor, dessen magische Sinne und Fähigkeiten nicht besonders ausgeprägt waren. Er war vermutlich von dem bedrängenden Gefühl der sich nähernden Gefahr, das König Keandir verspürt hatte, ebenso verschont worden wie von der herzerweichenden Gedankenklage des erblindeten Rhiagon.
Manchmal war Unwissenheit ein Geschenk, überlegte König Keandir, dessen
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