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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Kleine
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Kopf voran und rammte ihm ihren Schädel in den Bauch. Ihre Mutter hatte schon immer gesagt, sie sei ein Dickschädel, jetzt sollte er auch einmal davon kosten dürfen.
    Sie presste ihm die Luft zum Atmen aus seinen Lungen, er keuchte und taumelte zurück. Diese kleine Lücke, die dadurch zwischen Wand und seinem Leib entstanden war, nutze sie aus und wieselte an ihm vorbei. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie er sich mit beiden Händen den schmerzenden Magen hielt.
    Wohl bekomm's , dachte sie zynisch und eilte weiter. Irgendwie musste sie doch aus diesem Haus kommen, notfalls durch ein altes Fenster, denn sie konnte sich vorstellen, dass ihr sogenannte Liste nun um etliche Punkte reicher war und was das bedeutete, wollte sie lieber nicht herausfinden.
    Sie landete in der Küche. Kein geeigneter Fluchtort, da hier nur ein schmales Fenster Licht bot. Prüfend fixierte sie die Glasscheibe. Mit Müh und Not würde sie sich durch den Rahmen zwängen können, aber die Scheibe sah dick aus. Sie brauchte ein Küchentuch, um es zu zerschlagen.
    Sie drehte sich suchend um die eigene Achse.
    »Hab ich dich«, schreckte sie die Stimme ihres Entführers hoch. »Dieses Mal entkommst du mir nicht, du Miststück.«
    Okay, jetzt war er anscheinend wirklich aufgebracht , denn seine Nasenflügel blähten sich auf, soweit Sofia das unter der Maske erkennen konnte.
    Sie vertagte die Suche nach dem Geschirrtuch auf später und tastete unauffällig die Küche mit ihren Augen nach etwas Brauchbaren ab. Plötzlich blinkte im Sonnenlicht ein silberner Gegenstand auf und zog ihre Aufmerksamkeit magnetisch an. Da lag ein kleines Küchenmesser auf dem Tisch. Er war ihrem Blick jedoch gefolgt und sah es somit im gleichen Augenblick wie sie.
    Beide sprangen nach vorne, aber Sofia, angestachelt durch ihre Angst, war eine Spur schneller. Sie riss das Messer von der Tischplatte und nach oben. Unbeholfen fuchtelte sie mit der Klinge vor dem Gesicht des Entführers herum. Sie musste feststellten, dass sie darin nicht sehr begabt war. Der Mann schien gleicher Meinung, trotzdem hielt er respektvoll Abstand, so als müsse er noch ausloten, wie ernst es ihr war.
    Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, zischte sie: »Komm nicht näher oder ich schlitze dich auf.«
    Er schüttelte pikiert seinen Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich es inzwischen nicht schon Strafbuch statt Liste nennen soll, so viele Vergehen hast du in kurzer Zeit angehäuft. Du begibst dich auf sehr dünnes Eis, Lady.« Und im gleichen Moment griff er hinter seinen Rücken und zog eine Waffe aus seinem Hosenbund, die bis jetzt von seinem weißen Hemd verborgen gewesen war. Er richtete die Mündung auf Sofia: »Und? Wer hat jetzt die besseren Aussichten, was meinst du?«
    Sofias Hand, die das Messer umklammert hielt, zuckte unkontrolliert. Das Adrenalin in ihren Armen verhinderte ein Ruhighalten der Klinge. Tränen verschleierten ihr zusätzlich die Sicht.
    Er näherte sich ihr behutsam und streckte seinen linken Arm aus, während er immer noch auf sie zielte. »Gib mir das Messer, wir wollen doch nicht, dass jemand verletzt wird.«
    Sie schluckte. Der Kloß in ihrem Hals nahm ihr die Luft. Sie fühlte, wie ihr ganzer Körper von einer heißen Glut überzogen wurde. »Ich kann nicht«,schniefte sie und umfasste den Holzgriff des Messers fester.
    Er lächelte. »Natürlich kannst du das. Lass einfach los.«
    »Aber dann wirst du mir wehtun.«
    »Eine Kugel tut mehr weh, glaub mir.«
    »Ich will nicht nach Marelando«, murmelte sie und die Klinge richtete sich gegen seine Brust.
    »Willst du wirklich sterben, meine Schöne?«, fragte er und trat näher.
    »Bleib, wo du bist!«
    Er zögerte und plötzlich steckte er die Waffe weg. »Willst du sterben?«
    Das Messer lag unendlich schwer in ihrer Hand. Sie hatte nie zuvor einen Menschen verletzt, geschweige denn getötet, aber sie war bereit, bis an ihre Grenzen zu gehen. Oder doch nicht? Sie wagte es nicht. Sie war zu feige, aber er schien noch kein Urteilt gefällt zu haben, denn er machte tatsächlich einen Rückwärtsschritt und gewährte ihr mehr Freiraum.
    Sein Innehalten ergab für sie keinen Sinn. Gerade eben hatte er noch einen Pistolenlauf auf sie gerichtet und jetzt distanzierte er sich?
    Er war eindeutig verrückt.
    Als er sich weitere zwei Meter von ihr entfernt hatte, ließ sie das Messer achtlos auf den Boden fallen und sprang durch das Fenster. Das Glas klirrte, Scherben flogen durch den Raum. Ihre Schulter und Gesäß

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