Die Entlarvung
erhalten, der aller Wahrscheinlichkeit nach für King arbeitete. Felix hielt die Story für echt und glaubte nun nicht mehr ganz so überzeugt an Bens Aushorchtheorie. Dieser aber hielt beharrlich an seinem Verdacht fest.
Joe Patrick war ein Schwindler, der sich lediglich einer neuen Taktik bedient hatte, um glaubwürdig zu bleiben.
»Hast du vor, diese Schweinereien über Derwent herauszubringen?« erkundigte sich Ben bei Julia.
»Ich möchte es eigentlich nicht, aber wir müssen die Novemberausgabe mit irgend etwas füllen. Ich werde mit Western darüber sprechen.«
Ben hatte sich die Fotos sowie Ausschnitte der Bänder zu Gemüte geführt. Felix hatte sich über die absurden Techniken und Praktiken königlich amüsiert. Ben konnte diese Art Humor nicht teilen. Für ihn lag in menschlicher Erniedrigung nichts Komisches.
Western kannte keine Skrupel. Wenn ihm die Story erfolgversprechend erschien, würde er sie zum Druck freigeben. Julia vereinbarte einen Termin für ein Gespräch mit ihm. Das Material, das Sutton ihr überlassen hatte, nahm sie mit.
Western war gut gelaunt, als sie sein Büro betrat. »Was macht Ihre schöne neue Wohnung?« erkundigte er sich sofort. »Alles fertig? Gut. Sie wollten über die Novemberausgabe sprechen – bringen wir das zuerst hinter uns. Setzen Sie sich, Julia. Was haben Sie in Ihrer Aktentasche?« Die Worte sprudelten nur so aus ihm hervor. Wie immer ließ er ihr kaum die Gelegenheit zu antworten – und wie immer ärgerte sie sich maßlos darüber.
»Für die Wohnung habe ich mich bereits schriftlich bedankt«, sagte sie. »Wir fühlen uns sicher, und das ist die Hauptsache. In meiner Aktentasche habe ich das Material für die Novemberausgabe – keine berauschende Sache, furchte ich. Aber Sie müssen entscheiden, ob wir sie drucken können.« Sie öffnete ihre Tasche und reichte ihm eine Mappe. Er betrachtete die Fotos, eines nach dem anderen, das Gesicht völlig unbeteiligt, als handle es sich um langweilige Urlaubsbilder.
»Unerfreulich«, sagte er. »Das hier brauche ich mir erst gar nicht anzuhören …« Er schob die Kassetten zusammen mit den Fotos zurück in die Mappe. »Über Derwent haben Sie Ihren ersten Artikel für uns geschrieben, erinnern Sie sich? Auch damals schon fand ich den Kerl widerlich. Bevor wir die Story bringen, müssen unsere Anwälte sie erst noch prüfen. Obwohl ich bezweifle, daß Derwent vor Gericht gehen würde.« Er lächelte süffisant.
»Ich hätte da noch eine Idee«, warf Julia ein. »Dieser Fall läßt sich von einem moralischen Gesichtspunkt her aufrollen. Derwents Privatleben hat im Prinzip nichts damit zu tun, wie er seine öffentlichen Pflichten ausübt.«
»Es sei denn, er geht Aktivitäten nach, die ihn erpreßbar erscheinen lassen«, ergänzte Western. »Was bei seinen Neigungen ja durchaus der Fall ist.«
»Genau«, stimmte Julia zu. »Wer also hat die Fotos machen lassen – und warum? Wer wollte Derwent erpressen? Wieso verfolgen wir nicht diese Linie und versuchen, Derwent zur Kooperation zu bewegen? Als Gegenleistung könnten wir ihm anbieten, seinen Namen aus der Sache herauszuhalten. Ben meint, es handle sich hier um eine typische Falle, die Politikern oft gestellt würde, um sie gefügig zu machen. Leo Derwent ist hineingetappt. Und nun wird er den Löwen zum Fraß vorgeworfen. Vielleicht hat er sich nicht erpressen lassen …«
»Sehr clever.« Western lächelte breit. »Wir schließen die Lücke, fahnden nach den Tätern und machen uns damit den miesen, kleinen Derwent gefügig. Eine grandiose Geschichte. Erpressungsanschlag auf prominenten Politiker und so weiter. Was meinen Sie, wie die Hasen in Westminster zittern werden, aus Angst, entlarvt zu werden. Aber Sie kümmern sich nicht darum, Julia. Sie haben lauter fähige Mitarbeiter. Übergeben Sie die Sache John Stevens. Sie und Harris beschäftigen sich nur mit einer Person und verschwenden Ihre Zeit mit nichts anderem. Harold King, der Kriegsverbrecher – über ihn sollen Sie berichten. Nicht über Mist wie diesen.« Er schleuderte die Mappe zur Seite. »Wie wollen Sie weiter vorgehen?«
Sie konnte ihm nicht ausweichen.
»Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Wir haben nur Jean Adams' Aussage. Es gibt keine Daten, keine Ortsangaben. Nur, daß sich das Ganze in der Sahara abgespielt haben soll. Offizielle Dokumente, welche die Ermordung von Kriegsgefangenen in der Wüste belegen würden, existieren nicht. Es muß ein sauberer Krieg gewesen sein, dort
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