Die Erbin und ihr geliebter Verraeter
loderte mit jedem Schritt heißer, den er in ihre Richtung machte.
„Mr. Marshall“, sagte sie, sobald er nah genug war. „Mylord.“
„Miss Fairfield. Miss Johnson, Miss Genevieve.“ Seine Worte klangen ganz normal, aber sein Blick ruhte allein auf Jane.
Neben ihr begrüßte Hapford die Damen ganz ähnlich. Geraldine trat vor, um seinen Arm zu nehmen, und Genevieve ging mit ihr. Dadurch blieb Jane mit Mr. Marshall allein. Sie waren natürlich nicht wirklich allein, aber doch in gewisser Weise ungestört.
„Gefällt Ihnen mein Promenadenkleid?“
Sein Blick glitt über ihren Busen, nach unten zu ihren Zehen, so greifbar wie eine Liebkosung.
„Sagen Sie mir die Wahrheit“, verlangte sie und deutete mit der Hand nach vorne. „Sie können es nicht hören.“ Die Johnsons hatten sich in der Tat netterweise mit Hapford fünf oder sechs Schritt entfernt.
„Es ist eine Verbesserung gegenüber schreiendem Entsetzen“, teilte er ihr mit. „Es ist fast auf dem gleichen Niveau wie übelkeitserregende Faszination.“ Er tat so, als schauderte ihn. „Aber ehrlich, sind das zinnoberrote Bananen, mit denen der Stoff bedruckt ist?“
„Ja, ich finde es herrlich. Sehen Sie.“ Jane hielt ihm den Anhänger ihrer Kette hin, einen grünen Affen aus Emaille mit funkelnden Topazaugen. „Sehen Sie? Ist das nicht wundervoll?“
Er machte einen Schritt auf sie zu und sah ihn sich pflichtschuldig an.
Vielleicht auch nicht pflichtschuldig. Sie stand dicht genug bei ihm, um die Augen hinter seiner Brille erkennen zu können, die nicht auf ihrem Anhänger ruhten, sondern …
Technisch betrachtet war ihr Kleid bis zum Hals geschlossen. Genauso technisch betrachtet bestand ihr Oberteil im oberen Bereich aus dunkler Spitze. Und Spitze hatte nun einmal Löcher.
Nichts war zu sehen, was nicht auch in einem Ballkleid zur Schau gestellt würde, aber es war nun einmal zu sehen. Wenn jemand dicht vor ihr stand und so tat, als schaute er sich ihre Halskette an …
Er hob den Blick zu ihrem Gesicht und lächelte ohne das geringste Anzeichen von Scham.
„Sie haben recht. Das gibt der Aufmachung den letzten Pfiff.“ Er krümmte den Finger. „Lassen Sie mich noch einmal sehen.“
Jane wurde rot, und vor ihr hustete Geraldine.
„Oh, Geraldine“, sagte Genevieve laut, „ich hoffe, du hast dich nicht erkältet.“
„Unsinn“, widersprach Hapford. „Das war doch kein …“
Aber Geraldine unterbrach ihn. „Ich fürchte, das habe ich tatsächlich. Wir sollten besser gehen. Hapford, bringst du mich heim?“
„Aber …“
Sie hakte sich bei ihrem Verlobten unter. „Komm“, sagte sie.
„Aber … Oh.“
„Es sei denn“, erklärte Geraldine, „Sollen wir bleiben, Jane?“
„Äh.“ Janes Wangen liefen noch heißer an. „Nein, das ist nicht nötig.“
Genevieve winkte ihr zu, dann gingen die drei. Jane schaute ihnen nach und spürte die gesamte Zeit Mr. Marshalls Blick auf … ihrer Halskette. Sie drehte sich zu ihm zurück, und er schaute ihr ins Gesicht.
„Sie haben einen Fleck auf der Brille.“
„Wirklich?“
„Ja.“ Sie hob die Hand und legte eine Fingerspitze in voller Absicht auf das Glas. „Ein Fingerabdruck genau hier.“
Er warf ihr einen gespielt verärgerten Blick zu, nahm die Brille ab und putzte sie mit seinem Taschentuch.
„Das haben Sie davon, wenn Sie nach meinem Affen schielen. Und jetzt stellen Sie sich vor, was ich mit Ihnen tun werde, wenn Sie auf Bradentons Angebot eingehen.“
Das Lächeln, das um seine Mundwinkel gespielt hatte, verschwand. Er holte scharf Luft. „Jane.“
„Um was für eine Abstimmung handelt es sich?“, fragte sie. „Die, die so wichtig ist.“
Aber er antwortete nicht gleich. Stattdessen hielt er ihr den Arm hin. „Gehen Sie ein paar Schritte mit mir.“ Sie ließen das Kricketspiel hinter sich.
„Sie wissen“, sagte er schließlich, „dass ich der uneheliche Sohn eines Herzogs bin.“
„Ja.“
„Dem Gesetz nach bin ich aber nicht unehelich. Meine Mutter war verheiratet, als ich geboren wurde, und ich wurde von ihrem Ehemann angenommen. Bis vor ein paar Jahren war ich auch gar nicht offiziell als Nachkomme des Herzogs anerkannt. Ein paar Leute wussten es natürlich, aber es wurde bestenfalls darüber geflüstert, nie laut gesprochen.“
Rein legal betrachtet war auch Jane nicht unehelich. Aber sie wurde dennoch so behandelt.
„Manchmal“, sagte er, „vergesse ich, dass die Leute mich für Clermonts Sohn halten. Sie glauben nicht, dass
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