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Die Formel der Macht

Die Formel der Macht

Titel: Die Formel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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durchzudringen – und dann danach zu handeln.
    “Du starrst mich an, als hätte ich Soße am Kinn”, sagte Duncan und griff nach seiner Serviette.
    “Ich bin mir sicher, dass es sich keine Soße erlauben würde, auf einem so angesehenen Kinn zu landen”, sagte sie, verlegen, dass sie ihn so eingehend gemustert hatte. “Lass hören, was ich sonst noch über dich wissen muss, abgesehen davon, dass du Olivias Bruder bist.”
    Für einen Moment begegneten sich ihre Blicke, und sie hatte den beunruhigenden Verdacht, dass er genau wusste, warum sie Olivias Namen erwähnt hatte. Dass er verstand, wie schwierig es für sie war, diese neuen Einblicke in seinen Charakter mit dem Bild, das sie sich im Laufe der Jahre von ihm gemacht hatte, in Einklang zu bringen. Ihre erste Begegnung hatte weniger als sechs Wochen nach dem Tod ihrer Mutter stattgefunden, an dem Tag, an dem ihr Vater Olivia geheiratet hatte. Kein Wunder, dass sie allem und jedem, was aus deren Familie kam, so ablehnend gegenüberstand. Ihr Bild von Duncan – und ihrer Stiefmutter – war unweigerlich gefärbt von der Tatsache, dass sie in tiefer Trauer um ihre Mutter gewesen war, als Olivia ihren Vater geheiratet hatte.
    “Also schön, hier ist noch der Rest meiner Biografie”, sagte Duncan. “Mein Hobby ist Unterwasserfotografie, und ich gehe mindestens einmal pro Woche ins Kino. Meine Exfrau lebt mit ihrem dritten Mann in Kalifornien, und meine letzte Freundin hat gerade mit mir Schluss gemacht, weil sie findet, dass ich ein Workaholic bin, der sich in seine Arbeit vergräbt, nur um sich gefühlsmäßig nicht einlassen zu müssen.”
    “Hat sie recht?”
    “Vielleicht, zumindest was den Workaholic anbelangt. Wenn man im Außenministerium arbeitet, kann man, auch wenn der Kalte Krieg längst vorbei ist, leicht der Illusion erliegen, dass man das Schicksal der ganzen Welt auf den Schultern trägt.”
    “Das kann ich gut nachfühlen”, sagte Summer. “Die Statistiken, die ich gerade gelesen habe, zeigen ganz eindeutig, dass die Zerstörung der Ozonschicht weit schneller voranschreitet, als irgendwer es noch vor drei Jahren vorhergesagt hätte. Und keinen scheint es zu stören. Man braucht nur das Wort “Ozonschicht” in den Mund zu nehmen, und schon bekommen die Leute um einen herum ganz glasige Augen vor Langeweile.”
    “Vielleicht weil sie spüren, dass man nicht viel dagegen tun kann.”
    “Wenn mehr Menschen ihr Verhalten ändern würden, wäre schon viel geholfen. Und unsere Regierung könnte Wunder bewirken, wenn sie nur die Wissenschaftler ernst nehmen würde.”
    “Man kann nicht erwarten, dass die Regierung handelt, wenn sich nicht mal die Wissenschaftler untereinander einig sind.”
    “In diesem Fall ist sich die Wissenschaft bereits zu fünfundneunzig Prozent einig”, seufzte Summer. “Aber was glaubst du, wie oft ich mir ausmale, was passieren müsste, damit eine Wissenschaftlerin wie ich die Aufmerksamkeit der Regierung bekommt, bevor es zu spät ist.”
    “Und zu welchen Schlussfolgerungen bist du gelangt?”
    “Dass erst Gott von einer Wolke schweben und dem Kongress befehlen müsste, zuzuhören.”
    Er hob sein Weinglas und prostete ihr zu. “Und sonst?”
    Sie lachte bedauernd. “Abgesehen von einer göttlichen Intervention gibt es nichts, was ich tun könnte, als weiterhin Fakten zu sammeln und die Leute wach zu rütteln, wo ich nur kann. Realistischerweise glaube ich nicht, dass die Politiker aufwachen, bevor das Meer in die Keller ihrer Amtsgebäude schwappt. Und dann bestellen sie wahrscheinlich neue Saugpumpen in der Hoffnung, im Trockenen sitzen zu können, bis die nächsten Wahlen vorüber sind.”
    An diesem Punkt kehrten Mr. und Mrs. Fujito zurück, und die Unterhaltung wurde wieder allgemein. Sie und Duncan sprachen nicht mehr miteinander, bis der Zeremonienmeister den letzten Tanz ankündigte. Als das Licht auf der Tanzfläche etwas schummriger wurde – die Peripherie des Raums blieb aus Sicherheitsgründen hell erleuchtet – stand Duncan auf und streckte ihr mit formeller Höflichkeit die Hand entgegen. “Summer, tanzt du noch mal mit mir?”
    Etwas Seltsames, das sich wie Begehren anfühlte, flackerte in ihr auf.
    Er führte sie zur Tanzfläche, wobei er absichtlich einen weiten Bogen um Gordon und Olivia machte, die sich eben anschickten, diesen letzten Tanz zusammen zu tanzen. Behutsam legte er seinen Arm um ihre Taille, die Hand leicht auf ihrem Rücken, und sein Daumen streichelte die nackte Haut

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