Die Formel der Macht

intelligente Entscheidungen treffen zu können. Das ist mit Sicherheit ein Fall, den zu lösen wir unseren Experten überlassen sollten. Dazu braucht es einen kühlen Kopf und kein impulsives Herz.”
    “Ja, natürlich. Das sehe ich ein, Dad, ehrlich. Es fällt mir nur unheimlich schwer, meine angeborene Neugier abzuschalten, nachdem ich es doch war, die man drei Tage lang mit Betäubungsmitteln vollgepumpt und mit verbundenen Augen und gefesselt in einem Zimmer eingesperrt hat.”
    “Meine Liebe, du musst Schreckliches durchgemacht haben, und du hast es mit bewundernswertem Mut überstanden, Gott sei Dank.” Die Stimme ihres Vaters klang heiser. “Aber meiner Meinung nach machst du jetzt einen Fehler, wenn du versuchst, allein zurechtzukommen, wo du wirklich noch Hilfe brauchst. Was spricht dagegen, noch für eine kleine Weile ein Bewacherteam vom Secret Service in deiner Nähe zu postieren? Würde dir das nicht die Sicherheit garantieren, die du gerade jetzt brauchst? Bitte sag Ja. Ich bin überzeugt, dass wir in zwei Wochen schon mehr über Malones Verbleib wissen, und dann ist ein Personenschutz ganz gewiss nicht mehr erforderlich. Oder noch besser, warum kommst du nicht einfach nach Washington und wohnst bei Olivia und mir, bis das FBI herausgefunden hat, was da vor sich geht?”
    “Ich kann nicht, Dad, aber trotzdem danke für das Angebot. Ich weiß deine Sorge zu schätzen, wirklich. Im Augenblick habe ich jedoch viel zu tun, und meine Wohnung mit jemandem vom Secret Service zu teilen würde mich nicht beruhigen. Im Gegenteil, es würde todsicher dazu führen, dass ich nachts kein Auge zukriege.”
    Ihr Vater lachte verhalten auf. “Warum überrascht mich diese Antwort nicht?” Plötzlich veränderte sich sein Tonfall, er wurde nüchtern und effizient: “Summer, ich bekomme gerade einen Anruf rein, den ich entgegennehmen muss. Pass auf dich auf, Honey. Ich rufe dich morgen wieder an.”
    Eigentlich hätten die Worte ihres Vaters sie trösten sollen, aber sie fühlte sich nach dem Auflegen aus irgendeinem unerfindlichen Grunde vage deprimiert. Um ihre trübselige Stimmung abzuschütteln, stürzte sie sich in eine Aufräumorgie und verließ gegen halb vier Uhr nachmittags in bester Laune ihr Büro, weil sie es geschafft hatte, ihre Ablage komplett zu erledigen und alle ihre E-Mails zu beantworten.
    Als sie ihre Wohnung betrat, war ein Teil ihrer Selbstzufriedenheit dahin, und sie merkte, dass ein langer Abend vor ihr lag und es nicht viel gab, mit dem sie ihn füllen konnte. Ihre Hand streckte sich nach dem Telefon aus, und ihre Finger hatten bereits angefangen, Duncans Nummer zu wählen, als sie wieder auflegte und ihre Hände in ihre Hosentaschen schob.
    Entschlossen, sich nicht an ihren Schreibtisch zu setzen und das Telefon anzustarren, öffnete sie das Gefrierfach und kramte darin herum, während sie sich fragte, ob sie wohl die Energie aufbrächte, sich aus dem Vorhandenen eine Mahlzeit zu kochen. Oder sie konnte vielleicht sogar noch ein, zwei Freunde anrufen und fragen, ob sie nicht Lust hätten, zum Essen vorbeizukommen.
    Ihr Blick fiel auf die Packung mit Hähnchenbrust, die auf einem Fertigmenü lag. Dabei sprang ihr das Warenzeichen des Herstellers ins Auge.
    Das Copyright-Symbol, schoss es ihr durch den Kopf. Das Copyright-Symbol des obskuren Save The Rain Forest Fund. Himmel, vielleicht war das ja die Spur, auf die Joe sie führen wollte! Sie warf die Gefrierfachtür zu, ging zu ihrer Aktenmappe auf der Couch und holte die Folien heraus, die sie am Morgen bei Varsity Printing abgeholt hatte. Sie hielt sie ans Licht und suchte nach dem Copyright-Symbol. Es war nicht da. Die Folien trugen zwar dieselbe Überschrift wie die Diagramme auf der CD, die Joe ihr geschickt hatte, aber sie waren nicht als geistiges Eigentum des Save The Rain Forest Fund ausgewiesen.
    Sie wusste nicht, wie diese Entdeckung einzuschätzen war, aber ganz sicher bedeutete sie etwas. Mit zitternder Hand schaltete sie ihren Computer an, dann legte sie mit klopfendem Herzen Joes CD ein. Sie klickte auf das erste Diagramm von 1973 und hielt die entsprechende Folie neben den Bildschirm, um die Unterschiede erkennen zu können. Bis auf das fehlende Copyright-Symbol schienen die beiden Schautafeln identisch zu sein. Nur um ganz sicherzugehen, hielt sie die Folie über den Bildschirm.
    Das Bild auf dem Bildschirm und das Bild auf der Folie hatten nicht dieselbe Größe, aber selbst wenn es anders gewesen wäre, hätte ihr Bauch