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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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jedes Mal dankend ablehnte. Etwas in ihm wehrte sich dagegen, auf lebendige Geschöpfe zu schießen. Auf dem Teller waren sie ihm durchaus willkommen, doch eigenhändig töten mochte er sie nicht.
    Heute freilich kam es ihm vor, als würden die Hirschschädel ihn vorwurfsvoll anstarren. Aber vielleicht rührte das ja bloß von den ganzen Aufregungen der letzten Zeit her, die nicht abreißen wollten.
    Der Kurprinz und vor allem Bertram Edler von Altenstein schauten finster drein.
    »Das würde ich nur allzu gern, Euer Hoheit«, erwiderte Cranach mit einer tiefen Verneigung in Sibylles Richtung. Sie saß auf einem gepolsterten Sessel, beide Hände auf dem Bauch, als wollte sie ihr Ungeborenes schützen. Das blaue Kleid, das sie angelegt hatte, ließ sie noch fahler wirken. Sie sollte vor allem Rot tragen, dachte Cranach, oder tiefes Grün. Genauso werde ich sie malen. »Allerdings weiß ich nicht so recht, wo ich beginnen soll.«
    »Am besten doch wohl in Eurem eigenen Haus!« Die Stimme des Edlen war kalt. »Denn Euer Dach beherbergt jenen Unhold, der meine Verlobte so dreist belästigt hat. Ich hätte ihn besser gleich mitnehmen sollen, ohne auf Eure Einwände zu hören. Dann wären wir vielleicht schon ein ganzes Stück weiter. Doch auskommen wird er mir trotzdem nicht. Darauf könnt Ihr Euch verlassen!«
    »Wenn Ihr damit meinen Gesellen Seman meint …«
    »Allerdings!«, fiel von Altenstein ihm ungeduldig ins Wort. »Was hatte er überhaupt auf dem Fest zu suchen? Gesindel wie er gehört nun einmal nicht ins Schloss.«
    »Da müsst Ihr die Schuld bei mir suchen. Denn ich selbst habe Seman eingeladen«, wandte Sibylle von Sachsen ein, sichtlich um Fassung bemüht. »Außerdem befand sich der jun ge Maler bereits öfters in unserer Nähe, ohne auch nur ein einziges Mal ungebührliches Verhalten zu zeigen. Ganz im Gegenteil: Ich habe seine heitere, ungezwungene Art zu schätzen gelernt, die es einem leicht macht, die innere Scheu zu überwinden und sich zeichnen zu lassen. Zudem verfügt er über großes Talent. Dilgin und ich haben immer wieder darüber gesprochen.«
    »Sie hat über diesen Hundsfott geredet?«, schnaubte von Altenstein. »Auf der Stelle hätte ich ihn mit dem Sauspieß durchbohren oder die Schärfe meines Schwertes spüren lassen sollen – nichts anderes hat er verdient.«
    »Zügelt Euer Temperament, Edler!«, mahnte der Kurprinz. »Sonst geratet Ihr in Schwierigkeiten. Und das wäre, wie wir wissen, nicht zum ersten Mal.«
    »Soll ich tatenlos zusehen, wie mein Leben ruiniert wird?«, fuhr von Altenstein auf. »Das könnt Ihr nicht von mir verlangen!«
    »Niemandem als mir liegt mehr daran, diese fatale Angelegenheit lückenlos aufzuklären. Falls Ihr also Beweise habt – dann heraus damit!«, forderte Kurprinz Johann Friedrich streng.
    Der Edle blieb stumm.
    »Dann werdet Ihr sie finden müssen. Und Meister Cranach soll Euch dabei mit seiner Erfahrung zur Hand gehen.«
    Sibylle nickte eifrig.
    »Der Rat hat Euch beauftragt, Nachforschungen über den Tod der Apothekerin anzustellen«, wandte der Kurprinz sich nun direkt an Cranach. »Habt Ihr den Mörder inzwischen gefunden?«
    »Leider nein«, erwiderte Cranach. »Eine ganze Weile hatten wir Margarethas Mann im Verdacht, bis Alwin Relin vor Kurzem mit einem Strick um den Hals aufgefunden wurde. Auf den ersten Blick hätte man meinen können, er habe sich selbst gerichtet, aber es gibt einige gewichtige Anzeichen, die dagegen sprechen.«
    »Mehr habt Ihr nicht vorzuweisen?« Altenstein war aufgesprungen und begann, Cranach ruhelos zu umkreisen. »Verdachtsmomente? Anzeichen? Das soll alles sein? Es gibt zwei Tote zu beklagen – und noch immer muss kein Schuldiger sich dafür verantworten!«
    »Ich habe unzählige Befragungen durchgeführt«, sagte Cranach, dem immer unbehaglicher zumute wurde. »In der gan zen Stadt. Ohne jegliches Ansehen der Person. Aber den noch …«
    »Befragungen«, schnaubte von Altenstein. »Was taugen die schon? Da können die Leute doch labern, was sie wollen. Wisst Ihr, wann jeder die Wahrheit ausspuckt? Sobald es ihm an den eigenen Kragen geht. Dazu bedarf es gar nicht viel: einen Hocker, ein Tuch und einen Krug Wasser, richtig angewendet. Dann reden sie, Cranach – und zwar alle!«
    »Das mag für Feinde und Spione gelten«, wandte der Kurprinz ein, »und im Krieg durchaus seine Richtigkeit haben. Doch wir sind nicht im Krieg …«
    »Ach, nein?«, schrie von Altenstein. »Ist der, der meine Verlobte entführt,

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