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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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über ihre Schulter zurück.
    Der dritte Scheinwerfer war mit einem neonorangefarbenen Filter ausgestattet. Vor einigen Jahren hatte Zach Backpulver fotografiert, das er unter dem orangefarbenen Licht in die Luft geworfen hatte. Das Problem an diesem Scheinwerfer hier war, dass Jenny immer noch das Backpulver sehen konnte , eine schwebende leuchtende orangefarbene Wolke. Jenny beobachtete die einzelnen Flöckchen, die in dem funkelnden Licht schwach umherdrifteten.
    Gott, hol mich hier raus.
    Sie wich davor zurück und machte sich auf den Weg zur nächsten Lichtinsel.
    Als sie näher kam, setzte ihr Herz für einen Schlag aus. Dann begann sie zu rennen. Die Insel bestand aus zwei blauen Scheinwerfern, die dicht nebeneinander standen. Und unter einem davon stand Zach.
    Jenny öffnete den Mund, um ihn zu rufen, bremste sich aber in der letzten Sekunde. Was, wenn es nicht Zach war ? Schließlich war sie schon einmal getäuscht worden.
    Sie näherte sich vorsichtig und betrachtete die Gestalt, ohne einen Laut von sich zu geben.
    Dasselbe Flanellhemd über demselben T-Shirt. Dieselben Jeans. Dasselbe Haar in demselben Pferdeschwanz.
    Er hielt einen faustgroßen Stein über eine graue, mit silbernen Streifen bemalte Leinwand. Er legte den Stein
weg, betrachtete ihn und nahm ihn wieder in die Hand. Dann legte er ihn wieder weg, fast an genau dieselbe Stelle.
    »Ich werde es ›Stein auf Wasser‹ nennen«, sagte er und blickte auf. »Weil Steine nicht wirklich schweben.«
    »Zach.« Jenny legte ihm eine Hand auf die Schulter. Seine grauen Augen waren geistesabwesend und ein wenig glasig, genau wie die Augen des anderen es gewesen waren. Aber irgendetwas sagte Jenny, dass dies wirklich ihr Cousin war.
    Ein verstohlenes Geräusch in der endlosen Dunkelheit schreckte sie auf. Der weiße Scheinwerfer erlosch und sprang wieder an.
    »Zach, wir müssen gehen«, sagte sie und packte ihn fester. »Ich werde es dir später erklären – aber es ist etwas da draußen und wir müssen zur Tür zurück.«
    Zach schenkte ihr nur sein typisches gedankenverlorenes Lächeln, ein Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. »Ich weiß, dass es da draußen ist«, erwiderte er. »Aber es spielt keine Rolle. Es ist alles Teil meiner Halluzination.«
    »Deiner was? Du meinst deinen Albtraum?«
    »Was auch immer.« Er griff wieder nach dem Stein, bewegte ihn in der Hand, betrachtete ihn. »Ich weiß schon seit langer Zeit, dass es passieren wird.«
    Jenny war verblüfft. »Du wusstest, dass wir von dem Schattenmann entführt werden würden?«
    »Ich wusste, dass ich den Verstand verlieren würde.« Dann rückte er den Stein kaum merklich zurecht und fügte hinzu: »Aber ›von dem Schattenmann entführt‹ ist eine
wirklich interessante Umschreibung. Echt einfallsreich. Ich meine, wie sollte man Verrücktwerden noch besser beschreiben?«
    Jenny konnte spüren, dass ihr der Mund offen stand. Dann schloss sie ihn mit einem Knacken und fasste ihren Cousin an beiden Schultern.
    »Zachary, du bist nicht wahnsinnig«, sagte sie. »Ist es das, was dein Problem ist – warum du dich so seltsam benommen hast? Weil du gedacht hast, du würdest verrückt ?«
    »Mein Gehirn vom Schattenmann entführt«, antwortete er nur. »Früher oder später musste das passieren. Es liegt in der Familie.«
    »Um Himmels willen, Zach!« Sie hatte keine Ahnung, wovon er redete.
    Der ockerfarbene Scheinwerfer der nächsten Lichtinsel schien zu flackern.
    »Keine Sorge«, sagte Zach zu Jenny. »Du bist nur Teil meiner Halluzination. Es wird nicht wirklich wehtun.«
    »Was wird nicht wirklich wehtun?«
    Zach betrachtete den Stein auf seiner Leinwand. »Es geht um Dimensionen. Siehst du? Die Leinwand ist zweidimensional und der …«
    Ein Pfeil zerschmetterte eine der blauen Scheinwerferlampen und ein Hagel aus Funken und Glas regnete auf die Leinwand nieder.
    Nein, ein Bolzen, dachte Jenny benommen. Ein Bolzen von einer Armbrust. Das wusste sie, weil Zachs Vater dreimal hintereinander an der nationalen Armbrustmeisterschaft
teilgenommen hatte. Bolzen waren tödlicher als Pfeile – dieser war aus Metall und sah beinahe futuristisch aus.
    Zach strich die Glassplitter von seiner Leinwand.
    »Zach, steh auf!« Jenny war verzweifelt.
    Ein weiterer Bolzen zerschmetterte den zweiten blauen Scheinwerfer. Jenny sprang von den Funken weg. Zach beugte sich schützend über seinen Stein.
    »Zach, hör mir zu! Das hier ist keine Halluzination, es ist real, und du kannst hier auch ganz

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