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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bourne
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Eindringling beschützen wollte. Tritt zurück, schienen ihre Augen zu sagen. Sie sah wild aus, ungezähmt. Ich verstehe, dachte Will im Traum. Das ist Junge X. Und wie auf ein Stichwort, als Echo dieser Erkenntnis, ertönte jetzt eine Glocke …
    Wie man einen Taucher vom Boot aus an die Wasseroberfläche heraufhievt, zog sein Verstand ihn langsam aus den Tiefen des Schlafes herauf. Reflexhaft griff er nach dem Telefon und hielt es sich vors Gesicht.
    Eine neue Nachricht.
    fOrtY
    Er sprang aus dem Bett und lief durch den Korridor zu TCs Zimmer, das – anders als die meisten anderen – nicht zum Meer, sondern auf den großen, im englischen Stil angelegten Garten hinausblickte. Die Sonne strahlte in den Korridor, und man hörte das Rauschen der Brandung. Es war nicht zu leugnen: Sein Vater hatte sich ein herrliches Fleckchen ausgesucht.
    Sein Vater. Erst jetzt fiel ihm die Begegnung in der Nacht wieder ein. Beinahe hätte er seinen Dad niedergeschlagen, und er hätte ihn leicht umbringen können.
    Aber jetzt hatte er keine Zeit, darüber nachzudenken.
    »Okay«, sagte er, als er TC wachgerüttelt hatte und sie an einem des runden Dutzends Kissen lehnte, die die Haushälterin seines Vaters routinemäßig auf jedem Bett verteilte. »Neue SMS. Forty.« Er hielt das Telefon in die Höhe.
    »Vierzig? Das heißt, vierzig SMS?«, krächzte sie und blinzelte schlaftrunken.
    »Nein. ›Forty‹ ist die Nachricht. Schau.«
    »Warum hat er es so komisch geschrieben?«
    »Ich weiß es nicht. Fang schon mal mit dem Entschlüsseln an. Ich muss jemanden anrufen.«
    »Will? Ich hab einen Mordshunger. Machst du uns was zum Frühstück?«
    Er sah auf die Uhr. Halb zehn. Seinen Blackberry hatte er schon gecheckt. Nichts Neues aus Crown Heights. Sie glaubten ganz sicher nicht, dass er sich dem gefügt hatte, was der Rabbi gestern am Telefon gesagt hatte – dass er sich zurückhielt und einfach abwartete. Es war offenkundig, dass sie es nicht glaubten, denn sie hatten einen Mann beauftragt, ihm auf den Fersen zu bleiben. Sie wussten, dass er weiter bohren würde.
    Halb zehn. Inzwischen würde jemand von der Auslandsredaktion im Hause sein. Während er die Nummer wählte, verzog er das Gesicht in einem stillen Stoßgebet. Bitte mach, dass es Andy ist.
    In der Auslandsredaktion der New York Times arbeiteten mindestens vier Volontäre. Drei kannte er nicht mit Namen, aber einen hatte er kennen gelernt. Andy war schätzungsweise vier Jahre jünger als er, und seit sie in der Schlange in der Kantine miteinander geschwatzt hatten, hatte er Will zu seinem Mentor auserkoren. Er stammte aus Iowa und hatte einen trockenen Humor, den Will auf der Stelle sympathisch gefunden hatte.
    »Auslandsredaktion?«
    »Andy?«
    »Persönlich.«
    »Gott sei Dank, dass du es bist.«
    »Will, bist du das?«
    »Ja. Warum?«
    »Nur so. Ist bloß, dass …«
    »Was?«
    »Alter, wenn ich jedes üble Gerücht glauben würde, das ich hier höre …«
    »Welches üble Gerücht?«
    »Es heißt, der Chef hat dir gestern den Marsch geblasen. Angeblich hat er dich dabei ertappt, wie du in einem fremden Schreibtisch rumgeschnüffelt hast, verstehst du? Ich hab allen gesagt: ›Hey, investigativer Journalismus ist ein hartes Geschäfte«
    »Danke, Andy.«
    »Ist es denn wahr?«
    »Sagen wir mal so: Es ist nicht völlig unwahr.«
    »Hmm. Na, es ist zumindest ein neuer Ansatz zur Karriereförderung, würde ich sagen.«
    »Hör zu, Andy, du musst mir einen Gefallen tun. Ich brauche die Nummer des Times -Korrespondenten in Bangkok.«
    »John Bishop? Hinter dem sind heute alle her, Mann. Er läuft schon auf dem Zahnfleisch.«
    »Wieso?«
    »Siehst du keine Nachrichten? In Brooklyn wimmelt es von Polizei. Anscheinend haben die Typen mit den schwarzen Hüten in Thailand jemanden umgebracht. Die Lokalredaktion bringt die Sache. Walton arbeitet dran.«
    »Walton?« Das hatte gerade noch gefehlt: weiteres Gestichel von dem Notizbuchdieb. Er würde hinter seinem Rücken mit Bishop sprechen müssen.
    »Ja. Ich hab gehört, Walton wollte sich drumherum drücken – wegen Wochenende und so weiter. Anscheinend hat er stattdessen dich vorgeschlagen, aber sie haben ihm gesagt, du wärest, na, du weißt schon …«
    »Ich wäre was?«
    »Du wärest im Moment nicht verfügbar.«
    »So haben sie sich ausgedrückt?«
    »So ähnlich. Sag mal, was ist denn los, Will? Bist du krank oder was? Irgendwas Schlechtes geraucht?«
    Er wusste, dass Andy versuchte, den Ernst der Lage zu überspielen und

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