Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)
eingesetzt wurden. Es gibt da den Kirchenvogt Wedekind, dann den verstorbenen Bischof Wedekind, seinen Nachfolger Otto, den Dompropst Simon, auch der Bischof von Hildesheim, Gerhard, gehört dazu, der Propst von St. Johannis ist Johannes und dazu noch Elisabeth ...«
Ludolf war ungeduldig. Er fuhr dem Kustos dazwischen: »... erst Äbtissin in Möllenbeck und später in Herford. Ich habe schon von ihr gehört. Ich bin in Möllenbeck aufgewachsen.«
Die Unterbrechung schien den Priester ein wenig aus der Fassung gebracht zu haben. Er eilte zu seinem Tisch und setzte sich dahinter. Er schloss kurz die Augen, faltete die Hände, um wieder innere Ruhe zu finden. Nach einigen Augenblicken fuhr er in sachlicherem Ton fort. »Leider hat es in der Familie vom Berge auch Zwistigkeiten gegeben. Natürlich ist es wieder um Geld und Besitz gegangen. Der Streit war zwischen dem Dekan des Domkapitels, Johann von Rottorf, mit der Gemeinschaft der Domherren auf der einen Seite und dem Dompropst Simon vom Berge als Verwalter des Domkapitels auf der anderen Seite entstanden. Es ging um die Verteilung von Geldzahlungen, Naturalien und Dienstleistungen an das Domkapitel. Eigentlich steht alles der Kirche und dem Domkapitel zu. Aber andauernd will jemand etwas davon abhaben. Bischof Wedekind hat schließlich den Zwist schlichten können, indem er einen Vertrag schließen ließ. Es kam zu einer völligen Trennung zwischen Grundherrschaft des Dompropstes und dem übrigen Domkapitel als Gemeinschaft der Domherren.«
»Und was hat das mit diesen Listen zu tun, Pater?«
»Dieser Vertrag bezog auch das Dorf Neesen mit ein. Ein Teil der Hofstätten gehört dem Vogt auf der Burg. Die Aufstellung dafür habt Ihr in den Listen, die Ihr mitgebracht habt. Der andere Teil gehörte vor dem Streit dem Domkapitel. Aber seit dem Vertrag aus dem Jahre 1381 dem Dompropst. Die Abgaben gehen jedoch wie bisher an die Gemeinschaft vom Domkapitel und nicht an den Dompropst.«
»Der Dompropst hat zwar per Vertrag einen Besitz, der ihm aber nichts einbringt?«
Caspar von Ilse lächelte. Er stand wieder auf und begann, mit großen Schritten das Zimmer zu durchmessen. »Ja! Das habt Ihr sehr genau erfasst. Es ist nicht immer leicht, Einfluss und Einkünfte zu sichern oder auszubauen. Aber das ist mein größtes Ziel hier in Minden, dafür bin ich gerne Kustos. Wenn ich es wirklich schaffen könnte, alle Besitztümer, alle Ländereien und alle dazugehörigen Abgaben dem Domkapitel zu eigen zu machen, wäre das ein großer Gewinn für die heilige Kirche. Unser Herr und Gott im Himmel, er hat das alles hier erschaffen. Ihm gehört alles. Und dann kommen da ein paar Menschen daher; sie raffen alles zusammen. Sie morden, sie plündern, sie rauben, sie erpressen. Nur um der eigenen Bereicherung willen, nicht zur Ehre unseres Gottes. Sie haben es nicht verdient. Nur der treue Knecht, den unser Herr Christus in der Heiligen Schrift beschrieb, darf dieses Amt an sich nehmen. Diesen treuen Knecht hat er dazu auserwählt. Nur diesen hat er über seine Habe auf der Erde gesetzt. Nur dieser hat die göttliche Erlaubnis. Unsere Mutter, die heilige Kirche, ist dieser treue Knecht. Und ich, ich bin ihr ergebener, eifriger Helfer.« Caspar von Ilse war immer lauter geworden, die Sätze kamen immer schneller. Er hatte sich förmlich in einen Rausch geredet. Jetzt war er vor einem schlichten Holzkreuz an der Wand stehen geblieben und schaute es an. Er atmete einmal tief durch und drehte sich wieder zu Ludolf um.
Der ergriff sofort das Wort. »Wollt Ihr damit sagen, dass möglicherweise der Dompropst ungenau abgerechnet hat?«
»Nein, bestimmt nicht. Gott bewahre mich vor solch unrechtmäßigen Gedanken. Die Listen sind aus der Zeit vor dem jetzigen Amtsinhaber. Was ich sagen will, ist Folgendes: Ein Teil des Dorfes gehört der Burg, ein Teil gehört dem Probst, ein Teil der Abgaben geht zur Burg, ein Teil geht an das Domkapitel. Das ist erst einmal der Zustand.«
»Aber wer regelt das vor Ort? Der Amtmann? Oder sind es gar zwei?«
»Es ist nur einer. Aber er muss sowohl hier in Minden als auch bei der Burg Rechenschaft ablegen. Ihr habt die einen Listen, wir haben bei uns im Archiv die entsprechenden.«
Ludolf rekapitulierte: Die Listen gab es doppelt, Josef Resenbach wollte sie haben, der Tod des vorherigen Amtmanns Wiegand kam dazwischen. Aber etwas fehlte noch: »Wer war in der Zeit bis 1381 der Amtmann in Neesen? Bis zu diesem Jahr war es bei der Burg Heinrich Wiegand.
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