Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Hatte er das Amt auch in Neesen inne?«
»Damals war Resenbach in Neesen Amtmann. Nach dem tragischen Tod des hochgeachteten Wiegand stieg er sozusagen auf. Denn der Amtmann in Neesen war dem bei der Burg unterstellt.«
»Dann hat also Resenbach diese Listen erstellt. Das sind seine eigenen!« Ludolf kratzte sich am Kopf. Er dachte laut nach. »Es geht um die Jahre vor 1381. Falls Resenbach betrogen hat, will er jetzt die Listen zurückhaben, um die Beweise zu vernichten. Oder Wiegand war der Schuldige, aber Resenbach konnte den Betrug nie beweisen. Um sich nun vor dem Herrn als Held aufzuspielen oder alte Rechnungen zu begleichen, will er die verräterischen Listen haben.«
Der Priester meldete sich wieder zu Wort. »Eure zweite Überlegung möchte ich nicht glauben. Die erste erscheint mir treffender. Der verstorbene Amtmann Wiegand war nämlich sehr vertrauenswürdig. Ich kannte ihn gut. Er war öfter wegen der Verwaltung der Ortschaften hier in Minden. Er hat dort auf dem Stuhl gesessen, wo Ihr jetzt sitzt. An hohen Feiertagen kam er auch mit seiner Familie zur Messe hier in den Dom. Sehr lobenswert. Dieser Mann war treu, loyal und ehrlich. Ich kann ihn mir nicht als Betrüger vorstellen.«
»Ich möchte vorschlagen, Eure Listen aus Neesen mit diesen hier zu vergleichen. Vielleicht fällt uns dann etwas auf.«
»Gut, gut. Ich lasse sie holen.« Caspar von Ilse ging zur Tür, um einen Novizen herbeizurufen. Und schon war er wieder zurück. »Junger Freund, wenn Ihr mir ein wenig mehr über die Umstände sagen würdet, wie Ihr zu den Dokumenten gekommen seid oder warum sie so wichtig sind, könnte ich Euch bestimmt besser helfen. Vielleicht fällt mir dann eher eine Lösung ein.«
Sei ganz vorsichtig, schoss es Ludolf durch den Kopf. Dieser Dominikaner war nicht dumm. »Ich bin mir sicher, dass Ihr mit Eurer überragenden Bildung und Eurem außergewöhnlichen Intellekt schon viele Probleme gelöst habt. Nur sind mir leider hierbei die Hände gebunden. Erst wenn Bischof Otto die Erlaubnis gibt, darf ich Euch mehr mitteilen. Aber bis dahin könntet Ihr mir etwas über die Herren vom Berge erzählen und ihr Verhältnis zu Minden.«
»Wozu wollt Ihr das wissen? Also gut, beginnen wir bei der Schalksburg. Sie ist vor etwa vierhundert Jahren gebaut worden, so genau weiß das niemand. Die jetzigen Herren vom Berge leben dort seit ungefähr dreihundert Jahren. Sie stammen vom Sachsenherzog Wittekind ab, dessen Namen fast alle Angehörigen der Familie tragen. So wie der vorherige Bischof, der jetzige Kirchenvogt und deren Vater. Sie besitzen umfangreiche Ländereien entlang beider Seiten der Weser. Die Burg hat eine gute Lage und Befestigung und ist natürlich eine ideale Ergänzung zum Schutz von Minden. So kam es, dass der auf der Schalksburg lebende Widukind I. Schirmvogt des Bischofs von Minden wurde. Er sorgte für den bewaffneten Schutz und die Regelung und Verwaltung der weltlichen Angelegenheiten. Aber angetrieben von dieser machtvollen Stellung, strebten die Herren vom Berge danach, selbst Bischof von Minden zu werden. So wurde dann auch anno domini 1369 Wedekind Bischof und Fürst von Minden. Der jetzige Bischof Otto ist seinem Bruder auf den Bischofsstuhl gefolgt.«
»Es wird so viel von edlen Herren gesprochen, die im Dienste der Kirche stehen«, unterbrach Ludolf den Priester. »Was ist eigentlich mit deren Kindern? Von der Schwester, die Äbtissin in Möllenbeck war, weiß ich, dass sie kinderlos Witwe wurde und deshalb ins Kloster ging. Wer aus der Familie stellt denn die Erben?«
»Eine wichtige Frage. Die selige Mutter unseres ehrwürdigen Bischofs brachte dreizehn Kinder zur Welt. Vielleicht waren es auch mehr. Die meisten Kinder starben früh. Nur die schon erwähnten sechs Brüder und eine Schwester wurden erwachsen. Aber es beliebte unserem Herrn droben in den Himmeln, dass keiner von ihnen selbst Kinder haben sollte. Was für diese Familie eine Trauer ist, ist für andere Menschen ein Segen und eine göttliche Fügung.«
»Aber wer erbt, wenn der Herr Wedekind stirbt?«
»Wedekind versprach zwar seinem Onkel, dem Grafen Otto von Hoya, die Nachfolge, aber das ist gegen göttliches Gesetz. Eher geht alles an unseren geliebten Bischof Otto. Er ist der älteste der übrig gebliebenen Brüder. Dann wird all der Besitz endlich in der Hand unserer Heiligen Mutter sein. Endlich wird alles dem Domkapitel zu eigen werden. Der Herr sei gesegnet für seine Allmacht und seine Weisheit.«
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