Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
müsstest dir eine Frau suchen, die dir die harte Arbeit ein bisschen erleichtert. Woher nimmt Jacqueline eigentlich den Nerv, dich steif oder spießig zu nennen? Wenn sie auch nur zu lächeln versuchte, würde ihr Gesicht wahrscheinlich einen Sprung kriegen.«
»Soeben hast du gesagt, ich sei spießig«, betonte er.
»Das darf ich, weil ich zu deinen besten Freunden gehöre und dich anbete. Während sie sich nur um tote Philosophen kümmert, mit Namen, die kein vernünftiger Mensch aussprechen kann.«
»In meiner Ehe mit Louise habe ich meinen Bedarf an hirnlosen Schönheiten gedeckt.«
Ärgerlich schüttelte Susannah den Kopf. Man konnte einfach nicht vernünftig mit ihm reden. In den letzten sechs Jahren war er langfristige Beziehungen mit drei Frauen eingegangen – alle brillant, schön und sehr vernünftig. Susannah wusste noch immer nicht, welche sie am meisten gehasst hatte. Im Grunde war er ein Familienmensch. Nun fürchtete sie, er würde Jacqueline tatsächlich heiraten. Und falls ihr Verdacht zutraf, würde sich der Star mit Feuereifer auf das Angebot stürzen. Mitch übte eine eigenartige Wirkung auf Frauen aus. Obwohl er genau genommen ein Spießer war, fiel es ihm nicht schwer, Bettgefährtinnen zu finden.
Wenn sie auch wusste, dass sie gegen Windmühlen kämpfte, beharrte sie auf ihrem Thema. »Warum lässt du mich nicht ein paar Frauen für dich aussuchen? Wirklich, Mitch, ich weiß genau, wen du brauchen würdest, eine intelligente und warmherzige Frau, die nicht versuchen würde, dich zu bemuttern. Das würde dir missfallen. Außerdem müsste sie Humor haben, um auszugleichen, dass er dir völlig fehlt.« Das stimmte nicht, Mitch besaß einen wundervollen Humor. Doch der war so doppelbödig, dass ihn nur wenige Leute würdigten. »Eine Frau ohne übermäßige Libido, da du allmählich älter wirst. Wahrscheinlich hast du nicht mehr den Sex-Drive von früher.«
»Jetzt reicht’s.« Erbost sprang er auf. »Meine Libido geht dich nun wirklich nichts an, Miss Hot Shot.«
Vergeblich versuchte sie sich auszumalen, sie hätte vor sechs Jahren mit einem Mann über seine sexuellen Bedürfnisse gesprochen. SysVal hatte sie alle verändert.
Endlich lächelte er. »Jetzt, wo du stinkreich bist, hast du dich in eine nervtötende Zicke verwandelt.«
»Wir alle sind stinkreich. Und ich bin keine Zicke.«
Wie sie feststellte, war der Stress, der ihn bei seiner Ankunft in ihrem Büro sichtlich belastet hatte, inzwischen verflogen. Die Firma war ein Dampfdrucktopf voller Aktivitäten. Jede Stunde tauchte eine neue Krise auf. Gemeinsam mit Mitch hatte Susannah schon vor langer Zeit herausgefunden, wie sie sich am besten entspannen konnten – wenn sie aufeinander losgingen.
Aus dem Lautsprecher plärrte eine zornige Männerstimme.
»Der Hurensohn, der den neuen HP-Kalkulator von DP27E geklaut hat, soll ihn sofort ins Büro zurückbringen, verdammt noch mal!«
Schmerzlich verzog Mitch die Lippen, und eine missbilligend erhobene Braue wies in die Richtung des Lautsprechers. »Susannah?«
»Okay«, seufzte sie, »ich schicke noch ein Memo los, dass den Leuten solche Obszönitäten verbietet.« Schon vor Jahren hatten sie herausgefunden, wie sinnlos es war, die Lautsprecherdurchsagen zu blockieren. Nichts machte den SysVal-Ingenieuren größeren Spaß, als alles zu durchlöchern, was auch nur annähernd einem geschlossenen System glich.
»Wie war’s in Boston?«, fragte sie. Im Lauf der Jahre hatten Mitchs Kinder ihn oft besucht, und sie waren ihr ans Herz gewachsen. Auf ihrem Schreibtisch stand ein gerahmtes Bild, das die neunjährige Liza für sie gezeichnet hatte, neben einem Briefbeschwerer, von David beim Kunstunterricht in der sechsten Klasse gebastelt.
Mitch stand auf und ging zum Fenster. »Diesmal habe ich Louises neuen Ehemann endlich kennen gelernt. Wir haben ein Bier zusammen getrunken und über die Kinder geredet. Wie er mir versichert hat, kommen sie gut miteinander aus, und er würde nicht versuchen, meinen Platz bei ihnen einzunehmen. Er hält sich mehr für einen großen Bruder,
nicht für einen Vater – so ungefähr. Wirklich ein netter Junge.«
»Und du hasst ihn abgrundtief, nicht wahr?«
»Am liebsten hätte ich ihm die Zähne eingeschlagen.«
Mitfühlend lächelte sie ihn an. Mitch war ein viel besserer Freund, als es Sam jemals gewesen war. Das hatte sie längst erkannt.
Ein paar Minuten lang unterhielten sie sich noch, dann verließ Mitch das Büro. Ihr Magen knurrte.
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