Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
anderen Männern in höherem Ansehen stehen. Jetzt, wo sie an seiner Seite stand, gab es keine Grenzen mehr in seinem Leben.
Als sie die Stirn runzelte, merkt er, dass sie seine Reaktion auf ihren neuen Haarschnitt abwartete. Also war ihr seine Meinung wichtig. Das gefiel ihm.
Aber bevor er den Mund öffnen und ihr versichern konnte, sie würde fantastisch aussehen, fragte Angela: »Was meinst du, Sammy? Mein Stilgefühl habe ich noch immer nicht verloren, was?«
Wortlos wandte er sich ab, ging zum Hintergrund der Garage und blieb vor der Werkbank stehen. Susannah folgte ihm und schaute eindringlich in seine Augen. O Gott, wie himmlisch war es, wenn man von einer Frau so angesehen wurde!
Susannah zog die Brauen zusammen. Da bemerkte er ihren Ärger über sein Versäumnis, ihre Haare zu bewundern. Die Schultern gestrafft, das Kinn hochgereckt, forderte sie ihn zu einem abfälligen Kommentar heraus. Beinahe hätte er gelacht. Mit der Zeit lernte sie’s. Er musste ihr nur die Richtung weisen, und schon benahm sie sich so, wie er’s wollte.
»Sieht toll aus«, sagte er und umarmte sie.
Sofort verflog ihr Ärger, und sie strahlte vor lauter Freude. »Gefällt’s dir wirklich?«
»O ja.« Leidenschaftlich küsste er sie. Zärtlich schmiegte sie sich an ihn und stöhnte verzückt an seinen Lippen. Nur widerstrebend ließ er sie los.
Sie seufzte und wandte sich zu den Kartons mit dem Material. »Jetzt wirst du mich für die Arbeit einspannen, nicht wahr?«
»Nächste Woche darfst du dir eine Kaffeepause gönnen. Das verspreche ich dir.«
Sie lachte, dann nahmen sie gemeinsam die schwierige Aufgabe in Angriff, vierzig Single-Board-Computer zusammenzusetzen.
Jede Platine mit gedrucktem Schaltkreis mussten sie per Hand bestücken. Sam zeigte ihr, wie man die Füße jedes der kleinen Bauteile durch winzige Löcher steckte und mit dünnen Kupferdrähten umfädelte, die sich über die Leiterplatte zogen. Wenn sich alle Komponenten in der richtigen Position befanden, musste jeder Draht festgelötet und abgeknipst werden. Der Job war monoton und anspruchsvoll zugleich. Wenn Susannah sich nicht haargenau an die technischen Angaben hielt, wurde sie von Sam gezwungen, das Gerät auseinander zu nehmen und neu zusammenzubauen.
Jedes Mal, wenn sie einen Computer fertig gestellt hatten, wurde er von Sam in die »Burn-in-Box« gelegt. Darin musste er achtundvierzig Stunden lang laufen, damit seine Funktionstüchtigkeit gewährleistet wurde. Entweder versagten einzelne Teile schon nach kurzer Zeit – oder nie mehr.
Am Ende der ersten Arbeitsstunde schmerzten Susannahs Finger. Aber sie beschwerte sich nicht. Viel zu laut hörte sie die Uhr ticken: In dreißig Tagen mussten sie ihre Schulden bei Spectra Electronics begleichen.
Joel träumte, ein Hund würde scharfe Zähne in seine Schulter bohren. Verzweifelt versuchte er, Susannah zu erreichen und vor einem schrecklichen Schicksal zu retten. Aber die Fänge der Bestie hielten ihn fest. Er konnte sich nicht bewegen.
Keuchend fuhr er aus dem Schlaf hoch. Der Traum war so realistisch gewesen, dass der Schmerz noch an ihm riss. Zitternd berührte er seine schweißnasse Pyjamajacke.
Niemals würde er Susannah verzeihen, was sie ihm antat.
Alles hatte er ihr gegeben. Und wie lohnte sie ihm seine Großzügigkeit?
Allmählich verebbte der brennende Schmerz in seiner Schulter, und seine Atemzüge beruhigten sich. Nicht zum ersten Mal hatte er diese beklemmenden Qualen gespürt. Vielleicht sollte er zu einem Arzt gehen. Aber er scheute sich, seine persönlichen Probleme einem anderen Menschen anzuvertrauen. Nicht einmal ein erfahrener Psychologe durfte davon erfahren.
Seit die Katastrophe hereingebrochen war, hatte er nichts mehr für seine Fitness getan. Er müsste zu seiner alten Routine zurückkehren, eine Golfpartie arrangieren. Natürlich fehlte ihm nichts, das sich nicht mit ein bisschen altmodischer Selbstdisziplin beseitigen ließe. Und mit der Rückkehr seiner Tochter ...
Unerklärlicherweise begann sein Herz wieder schneller zu schlagen. Zwei Wochen waren verstrichen. Inzwischen müsste sie längst Vernunft angenommen haben. Der grauenhafte Gedanke, womöglich würde er sie nie mehr sehen, lauerte stets im Hintergrund seines Bewusstseins. Was sollte er ohne sie machen? Sie bedeutete alles für ihn.
Die Finsternis wirkte bedrückend. Mit unsicheren Fingern tastete er nach der Nachttischlampe, stieß gegen eine Vase mit Gartenblumen, die Paige hingestellt hatte,
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