Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
Vom Netzwerk:
Schwaden bewirkte oberflächliche Durchsuchung. Lukas ließ verlauten, seine Schwester habe mit einer Kutsche und ausreichend Reisegeld die Stadt verlassen, und nur sie wisse, wohin der Kutscher die Pferde gelenkt habe. Da Lukas‘ Leumund der allerbeste war, hatte Noß keine Handhabe, ihn energisch zu befragen. Magdalene interessierte somit außer Noß niemanden mehr in der Stadt. Für Luzia sah es weniger gut aus. Jeder Einzelne suchte wütend nach dem flüchtigen Dieb, der Stadtrat kündigte fürchterlichste Strafen an. Gerne hätte Luzia Lukas zur Böttcherin geschickt, um nachzufragen, was so gesprochen wurde, aber das stand ihm als Edelmann nicht zu und Luzia äußerte nicht einmal diesen Wunsch. Manchmal überwältigte sie die Panik in dem abgeschlossenen Gelass, dann kauerte sie sich in einer Ecke zusammen, nagte an ihren Fingerknöcheln und stierte vor sich hin.
    Magdalene ging es schnell besser und sie erzählte Luzia zur Ablenkung von ihren Sorgen alles, was sie wissen wollte. Immer wieder gingen sie zusammen durch, was Magdalene über Zentgraf Noß erfahren hatte, bis Luzia genauso viel über ihn wusste wie sie. Dabei wurden sie immer vertraulicher, bis Magdalene Luzia verbot, sie Herrin zu nennen.
    Nach drei Tagen sagte Lukas durch die Tür: »Ich habe einen Advokaten, der uns helfen will. Herr Doktor Patrizius, Prokurator und Advokat aus Mainz. Er wartet oben.«
    Magdalenes Gesicht verlor im Licht der Öllampe jegliche Farbe, womit sie furchterregender aussah als die geschminkten Toten von Luzias Mutter. »Ich kann nicht. Ich will niemanden sehen. Es darf mich niemand anrühren. Lukas, vergib mir, solange dieses Ungeheuer auf Erden wandelt, werde ich den Keller nicht verlassen.«
    Fassungslos schüttelte Lukas den Kopf. »Aber Magdalene! Du weißt selbst, welches Risiko der Mann eingeht, wenn er uns hilft! Wir können ihn doch nicht einfach da sitzen lassen! Nur du kannst ihm sagen, was vorgefallen ist. Ohne dich werden wir niemals Erfolg haben.«
    Luzia legte ihren Arm um Magdalene und spürte, wie sie zitterte und hechelte. Ihre Augen wurden ganz groß und jeder Muskel in ihrem Körper verspannte sich. Verdenken konnte man es ihr nicht. Wenn Balthasar sie in die Finger bekam, würde er ihr das Schlimmste antun, was er sich nur ausdenken konnte. »Ganz ruhig, Magdalene, dir wird nichts geschehen. Hier bist du in Sicherheit. Lukas, er weiß doch hoffentlich nichts von diesem Raum?«
    »Nein. Ich sagte, ein Versteck im Keller. Der eigentliche Keller ist unter dem Haus, ein schmutziges Loch mit Gerümpel. Da sollen sie ruhig suchen.«
    »Gut. Magdalene ist wirklich nicht in der Lage zu kommen. Lasst mich mit ihm reden, Herr. Wir haben hier unten ja nichts weiter zu tun als Geschwätz. Ich kenne die ganze Geschichte und da werde auch ich ihm sagen können, was er wissen muss.«
    Er zögerte einen Moment, dann reichte er ihr die Hand. »Wenn es anders nicht geht … aber … na gut.«
    Als sie seine Hand berührte, durchzuckte es sie wie ein Blitz. Nur mit Anstrengung gelang es ihr, eine gleichmütige Miene zu behalten. Seine Hand war stark und warm, besaß nicht die Schwielen eines Gemeinen. Die Hand eines Edelmanns. Nur wie kam es zu diesem Kribbeln in ihrem Bauch? Sie benahm sich ja wie eine verliebte Magd. Ein Blick streifte sein besorgtes Gesicht, seine leicht geöffneten Lippen, die nicht rissig waren von Kälte oder der Arbeit am Feuer. Wie es wohl schmeckte, wenn sie ihn küsste? Nach Kaffee oder dem süßen Wein, von dem er manchmal eine Flasche mitbrachte?
    Fest packte sie zu und ließ sich von ihm aus dem Loch ziehen. Luzia trug eines der feinen Kleider von Magdalene und die hatte ihr auch mit den Haaren geholfen. Im Theater hatte Luzia Perücken getragen, aber um ihre eigenen Haare hatte sich noch nie jemand so intensiv gekümmert. Lukas hatte unsortiert den Inhalt von Magdalenes Waschtisch gebracht und sie vertrieb sich die Zeit damit, die Fläschchen und Tinkturen an Luzia auszuprobieren. Auf dem Weg durch das Laboratorium warf Lukas ihr einen Seitenblick zu. »Du ähnelst meiner Schwester. Die Lippen, die Haare … Für einen Moment dachte ich, ob es sinnvoll wäre, dich als meine Schwester auszugeben. Nein, das geht nicht. Wir brauchen dich als Zeugin. Es freut mich, dass du dich so gut mit Magdalene verstehst.«
    »Und wie mich das freut! Es wäre unerträglich dort unten - zwei zankende Weiber! Nein, ich mag sie und habe vollstes Verständnis für ihre Angst und sie versteht meine Ängste.

Weitere Kostenlose Bücher