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Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Titel: Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ari Marmell
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ducken und irgendwie unbeholfen weiterzugehen.
    Sie bewegten sich in einem kleinen Kegel, in dem die Dinge einigermaßen normal schienen, ein Kegel, der genauso weit reichte wie Kalebs Licht. Dahinter, im Dunkeln, lauerten Bäume, die sich nicht von Wasser und Sonne ernährten, sondern von einem deutlich spürbaren, unsterblichen Hass.

    Jassion wusste in diesem Moment, dass alles, was er jemals von dem Theaghl-Gohlatch gehört hatte, nicht nur entsetzlich, sondern auch unbestreitbar real war. Ebenso fragte er sich, wie irgendjemand, ganz gleich wie bösartig er auch sein mochte, es ertragen konnte, einen solchen Ort zu seinem Zuhause zu machen.
    Etwas zirpte in der Dunkelheit, ein Geräusch, das wie ein Schnäbeln von Spatzen klang, und einen Augenblick lang entspannte sich Jassion. Aber das Geräusch hörte nicht auf und veränderte sich auch nicht, bis der Baron spürte, wie seine Muskeln anfingen zu zittern und sich ihm die Nackenhaare sträubten. Im selben Moment schwoll das Zwitschern des Waldes zu einem kreischenden Lachen an. Es war ein Geräusch, das weder ein Tier noch ein geistig gesunder Mensch hätte hervorbringen können, und bewegte sich zwischen dem entzückten Kreischen eines kleinen Mädchens über irgendein neues Spielzeug und dem Keckern eines alten Mannes, der mit einem kleinen Mädchen spielte.
    Jassion wischte sich mit der freien Hand den Schweiß von der Stirn, während er mit der anderen Kralles Griff fest umschlungen hielt, selbst wenn er damit nur verhinderte, dass die Waffe zitterte. Er spürte einen ungeheuren Druck auf der Brust und schien kaum Luft holen zu können. Einen Herzschlag lang fühlte er sich wieder in jenen steinernen Keller unter Denatheres Großer Halle der Zusammenkunft zurückversetzt, war er wieder der kleine Junge, der langsam von dem Gewicht unzähliger blutender Leichen zerquetscht wurde.
    Nein! Nein, ich werde es nicht zulassen! Ich bin Baron Jassion von Braetlyn! Ich habe mich dem schlimmsten Monster gestellt, das die Welt jemals hervorgebracht hat, und ich habe bewiesen, dass es nur ein Mensch war!
    Er schob sich an Kaleb vorbei, starrte in die Finsternis vor
ihnen und schrie jetzt laut, obwohl er gar nicht merkte, dass er etwas sagte: »Ich habe mich ihm nicht gebeugt! Und ich werde mich auch dir nicht beugen!«
    Vielleicht war es just dieser trotzige Schrei, der ihm das Leben rettete, denn wäre Jassion hinter seinem Gefährten geblieben und hätte sich weiter auf seinen inneren Kampf konzentriert, hätte er niemals gesehen, wie sich die Schatten gegen Kalebs Licht sammelten und danach griffen wie suchende Finger.
    Weil er aber vorangegangen war, war Jassion auf den Angriff vorbereitet, der nun erfolgte.
    Etwas raschelte zwischen den Bäumen. Im nächsten Moment ertönte eine Explosion von klappernden Stöcken im Unterholz. Jassion konnte den Angreifer nicht sehen, bemerkte jedoch eine Bewegung auf der linken Seite und ging in die Hocke, um eine Verteidigungsposition einzunehmen. Der Schlag, der sein Kettenhemd traf, hätte ihm sonst die ungeschützte Hüfte aufgerissen. Ein durchdringender Schrei stach schmerzhaft in seine Ohren, als etwas Rasiermesserscharfes über das Kettenhemd kratzte, und obwohl der Panzer seine Haut schützte, taumelte er unter der Wucht des Schlages. Die Zweige und Blätter hinter ihm bogen sich ihm entgegen; das einzig sichtbare Zeichen, das der Angreifer hinterließ.
    Jassion trat zur Seite und stellte sich Rücken an Rücken mit Kaleb auf, während der Wald um sie herum zum Leben zu erwachen schien. Er hörte sie aus allen Richtungen kommen, obwohl er noch immer nichts erkannte: Schritte, die man weder sehen noch zählen konnte und die sich zu einem beinahe zeremoniellen Rhythmus zusammenfanden, fast wie ein Gesang. Das Rascheln der Blätter vermischte sich vollkommen mit einem Chor aus unverständlichem Geflüster. Unmittelbar dahinter schraubte sich das unmenschliche
Gelächter in eine Höhe, die jenseits dessen lag, was das menschliche Gehör wahrnehmen kann, ohne auch nur einmal innezuhalten und Luft zu holen.
    Wieder registrierte er eine Bewegung aus den Augenwinkeln und schlug mit Kralle einfach blindlings zu. Mit einer Geschwindigkeit, die bei einer solchen Waffe fast unmöglich schien, pfiff das dämonische Schwert durch die Luft und gab dabei einen metallischen, singenden Schlachtruf von sich. Im nächsten Moment erschütterte ein Schlag Jassions Schulter, als irgendetwas Kralles Bahn unterbrach. Eine unwirkliche, kindliche

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