Die Hudson Saga 03 - Dunkle Träume
seinem Weinglas. »Ich wusste es immer.«
»Großmutter Hudson hat es Ihnen erzählt?«
Er nickte.
»Was hat sie Ihnen noch erzählt?«
Er schaute auf. »Kurz vor ihrem Tod erzählte sie mir, wie Sie Ihren leiblichen Vater in London zur Strecke gebracht haben«, sagte er.
»Ich habe ihn nicht wirklich zur Strecke gebracht.«
»Das waren genau ihre Worte. Ich wusste, sie würde das tun, sagte sie. Frances war nicht wütend darüber. Sie war beeindruckt von Ihrer Findigkeit.«
»Warum vertraute sie Ihnen all diese Familiengeheimnisse an, Jake?«
Ich richtete meinen Blick eindringlich auf ihn, und er goss sich den verbliebenen Wein ins Glas.
»Vielleicht weil sie keinen anderen hatte, dem sie wirklich vertraute«, sagte er und trank einen Schluck Wein.
»Ich hätte nicht gedacht, dass sie irgendjemandem irgendetwas erzählen musste.«
Überrascht zog er seine buschigen Augenbrauen hoch.
»Nein«, sagte er. »Das sollten alle anderen nur denken. Sie war nicht wirklich so eisern, wie sie immer vorgab.«
»Warum hat sie mir so viel hinterlassen und es mir so schwierig mit der Familie gemacht? Hat sie
Ihnen das auch gesagt? Hat sie erklärt, was sie sich davon erhoffte?«
Er schüttelte den Kopf und zuckte die Achseln.
»Sie dachte viel an Sie, Prinzessin. Sie krachten in ihr Leben wie eine Woge frisches Wasser. Sie war sehr niedergeschlagen über ihre Familie, bis Sie auf der Bildfläche erschienen. Wenn Sie in dem Alter sind und Ihre Familie enttäuscht Sie, fangen Sie an, sich zu fragen, was das alles sollte, und das kann einen sehr traurig machen. Diese Traurigkeit haben Sie ihr zum größten Teil genommen. Sie wollte sich nicht verabschieden, ohne sicherzugehen, dass Sie stark waren.«
»Ich bin nicht so stark, Jake, selbst mit all dem, was sie mir hinterlassen hat. Ich bin wieder alleine. Großmutter Hudsons Anwalt rief mich vor kurzem an, um mir mitzuteilen, dass meine Mutter, Grant und Victoria das Testament anfechten wollen, selbst wenn das bedeutet, alles ans Licht zu zerren, Grandmas Krankenunterlagen, die Vergangenheit meiner Mutter, alles über mich. Sie lässt mich dastehen wie eine Erbschleicherin, die eine ältere Dame ausnutzt. Ich wäre besser dran, wenn ich nichts geerbt hätte«, stöhnte ich.
»He, he, reden Sie nicht so«, befahl er, aber ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Sie strömten mir über die Wangen.
»Alle Menschen, die ich liebe, sind entweder tot oder zu weit weg, um mir zu helfen.«
»Ich bin hier«, prahlte er und erhob sich von seinem
Platz. Er kam zu mir herum und legte mir den Arm um die Schultern. »Sie werden schon gut zurechtkommen, Prinzessin. Das sind wir Frances schuldig«, sagte er.
»Sicher«, murmelte ich und wischte die Tränen mit dem Handrücken weg.
»Ich werde Ihnen helfen«, beharrte er.
»Okay, Jake.«
»Es ist mein Ernst. Ich kann Ihnen helfen.«
»In Ordnung, Jake.«
Er trat beiseite und starrte die Wand an.
»Ich glaube, sie hat es so gedeichselt, dass ich das tun muss«, murmelte er, mehr zu sich selbst als zu mir.
»Was tun muss, Jake?«
Er schwieg einen Moment. Dann drehte er sich um und starrte mich an, schaute zu mir herunter, als wäre er hoch oben auf einem Berg.
»Ihnen unser Geheimnis preisgeben.«
»Wessen Geheimnis?« Ich schüttelte den Kopf. »Sie verwirren mich immer mehr, Jake.« Ich schaute auf die Weinflasche. Redete er so, weil er so viel getrunken hatte?
»Frances’ und meines«, sagte er und lächelte. »Und jetzt Ihres. Sie können es als eine letzte Zuflucht betrachten, eine letzte Kugel, die Sie in Ihre Waffe stecken können, okay?«
Ich starrte ihn an. Es ergab immer noch keinen Sinn. Jake war nett. Er war ein freundlicher Mann. Ich mochte ihn wirklich gern, aber es war wohl
am besten, einfach zu nicken und das Dinner zu beenden, fand ich.
»Sie glauben mir nicht, glauben mir nicht, dass ich Ihnen etwas geben kann, um Ihre Position und Ihre Entschlossenheit zu stärken, hm?«
»Aber sicher, Jake.« Er setzte sich und wandte sich mir zu.
»Frances und ich waren einmal ein Liebespaar«, sagte er rasch. »Wir hatten eine Affäre. Sie dauerte eine ganze Weile. Uns boten sich viele Gelegenheiten, die wir ausnutzten. Wir hörten auf, als sie schwanger wurde.«
»Schwanger?«
»Mit Victoria«, sagte er. »Sie ist von mir. Ich bin mir ziemlich sicher und sie war es auch.«
Ich schüttelte den Kopf, um die Worte wieder aus den Ohren zu bekommen. Großmutter Hudson war ihrem Mann untreu gewesen? Sie war
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