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Die irische Meerjungfrau

Die irische Meerjungfrau

Titel: Die irische Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Roemer
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Leuchtturm war dunkel.
    Und jetzt?
    Er hatte auf ein konspiratives Treffen gehofft. Auf einen Wagen mit dunklen Gestalten, die verdächtige Pakete austauschten. Oder wenigstens ein Boot auf hoher See, das geheimnisvolle Lichtsignale aussandte. Irgendetwas in dieser Art.
    Während er noch überlegte, was zu tun war, hörte er ein leises Motorengeräusch. Drüben leuchtete ein einzelner Scheinwerfer auf, bewegte sich über die Inselkuppe, tauchte langsam in Richtung Meer ab und passierte den Damm.
    So ein Geländemotorrad nahm es einem nicht übel, wenn es mal nasse Füße bekam.
    Fin konnte in der Dunkelheit nicht viel erkennen, aber wer außer Charlotte sollte auf der Maschine sitzen, die jetzt auf die Straße einbog und in Richtung Foley davonbrauste.
    Er stieg aus. Fragte sich, wie viel Zeit er wohl hatte.
    Wenn nicht jetzt, wann dann?
    Er ließ den Wagen in seinem Versteck stehen und stolperte im Dunkeln den Hügel hinunter. Der Damm war frei, die Flut eben zurückgegangen. Trotzdem beeilte er sich.
    Außer Atem kam er beim Leuchtturm an. Nichts regte sich. Das Gebäude lag finster und verlassen vor ihm. Er zog das braune Ledermäppchen mit seinem Handwerkszeug hervor und machte sich an die Arbeit. Das Schloss war erstaunlich leicht zu knacken. Er hatte mit mehr Widerstand gerechnet. Vielleicht lag er mit seiner Ahnung völlig daneben und der Van Gogh war gar nicht hier?
    Er zögerte. Stieß eine weiße Wolke warmen Atems aus. Und trat entschlossen ein. Leise schob er die Tür hinter sich ins Schloss. Blieb auf der dunklen Veranda stehen und lauschte. Es war geradezu unheimlich still. Wie in einem Vakuum. Nicht mal ein Windstoß, der dem Haus Leben einhauchen wollte.
    Seine Hand suchte nach dem Lichtschalter. Wer sollte ihn hier draußen beobachten? Mutig drückte er drauf.
    Eine Neonröhre im Treppenhaus flammte auf.
    Er schaute sich um. Die Hängematte. Die Topfpalme. Die Stereoanlage. Ein kleiner niedriger Tisch, vollgehäuft mit Zeitschriften. Nein, hier konnte man keinen Van Gogh verstecken.
    Er ging die Wendeltreppe hinauf in die nächste Etage. Die hölzernen Stufen protestierten unter seinem Gewicht, aber seine Schritte verhallten ungehört im Turm.
    Am Morgen hatte er die Wohnung schon mal durchsucht, aber dieses Mal war er hinter etwas anderem her. Etwas, das sechzig mal neunzig Zentimeter maß und nicht so leicht zu verstecken war wie eine Spritze. Oder ein Medikament.
    Er überlegte noch, wo er mit dem Suchen anfangen sollte, als er auf der letzten Stufe innehielt. Etwas irritierte ihn. Ein Fleck an der sauberen weißgetünchten Wand. Schwarz und schmierig wie ein verwischter Fingerabdruck. Und da noch ein Fleck, direkt vor seinen Füßen. Er bückte sich und rieb mit dem Finger drüber. Es roch vertraut, aber er wusste das Zeug nicht einzuordnen. Irgendetwas Öliges. Fettiges. Er schaute weiter hinauf ins Treppenhaus. Drei Stufen höher ein weiterer schwarzbrauner Fleck.
    Die Neugier trieb ihn in den Turm hinauf, ließ ihn schleichen, obwohl niemand da war, der ihn hören konnte. Vielleicht war es das schlechte Gewissen, das ihm gebot, leise zu sein. Man konnte es wohl kaum eine vertrauensbildende Maßnahme nennen, was er hier tat. Er hinterging sie. Und er hatte keine Vorstellung, wie sie reagieren würde, wenn sie es herausbekam. Aber er war sicher, sie würde es verstehen. Schließlich wollte er ihr helfen.
    Das Licht aus dem Treppenhaus reichte nur schwach bis in die Laterne hinauf, aber eines fiel ihm auf Anhieb ins Auge. Die Linse war blankgeputzt. Kein Staubkorn blieb an seiner Fingerspitze haften, als sie durch die gläsernen Rillen und Vertiefungen glitt. Und nicht nur das. Jemand hatte sich sogar die Mühe gemacht und die Fensterscheiben gereinigt. Derselbe Jemand, der so nachlässig mit dem Schmieröl zugange gewesen war.
    Fin begann eins und eins zusammenzuzählen. Irgendwer hatte ein Interesse daran, dass dieser Leuchtturm wieder das tat, wozu er eigentlich gebaut worden war. Und wofür brauchte man ein Leuchtsignal an einer gefährlichen, unübersichtlichen Küste? Man brauchte es, um ein Schiff in sicheres Fahrwasser zu lotsen, möglicherweise in einen Hafen. Ein Schiff, das ganz sicher etwas größer war als ein kleines Boot mit Außenbordmotor.
    Das Warum lag auf der Hand. Blieb die Frage nach dem Wer.
    Charlotte? Die Keanes? Kannten sie sich mit Leuchtfeuertechnik aus? Vielleicht eher nicht. Aber der Pfarrer von Foley. Der ehemalige Leuchtturmwärter.
    Fin seufzte. Es war, wie er

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