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Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Titel: Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Klarsichthülle gesteckt. „Lilli Dahl scheint heimlich eine Art Tagebuch geführt zu haben“, sagte sie. „Allerdings noch nicht sehr lange. Der erste Eintrag ist auf den zwölften Juni datiert.“
    Er nahm ihr die Blätter aus der Hand und betrachtete sie mit kritischem Blick. „Was ist das für Papier?“
    „Ich habe ein paar Hefte gefunden, in denen ihr Mann peinlich genau jeden Cent notierte, den er ausgab. Und Lilli scheint hier und da ein paar Blätter abgezwackt zu haben.“
    „Lilli?“
    „Das Opfer.“
    „Sie reden über sie wie über eine Freundin.“
    „War keine Absicht.“ Die Geste, mit der sie eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn strich, verriet Ärger. „Wenn gar nichts anderes übrig blieb, hat sie auch irgendwelche Beiblätter von Werbesendungen beschrieben. Sehen Sie hier!“
    Verhoeven musterte die ordentliche Schrift, die sich an den Rand einer Supermarkt-Beilage quetschte. „Irgendwelche Bemerkungen über ihre Ehe?“
    „Allerdings“, nickte Winnie.
    „Lassen Sie hören.“
    „Fennrich hat ihr verboten, das Haus zu verlassen“, sprudelte sie, während sie in ihren Plastiktütchen wühlte. „Wenn er nicht da war, durfte sie keinen einzigen Schritt vor die Tür. Allerdings hat sie ihn wohl hin und wieder ausgetrickst und ist durchs Fenster gestiegen.“
    Verhoeven sah ihr Schmunzeln, und wieder dachte er, dass sie diese Sache zu persönlich nahm. Dass sie sich aufs Glatteis begab. In Gefahr …
    „Trotzdem scheint sie in dieser Ehe nicht nur unglücklich gewesen zu sein“, schloss sie, offenbar ohne fündig geworden zu sein. „Zumindest nicht nach dem, was ich bis jetzt gelesen habe.“
    „Keine Hinweise auf Misshandlungen oder körperliche Gewalt durch den Ehemann?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Eher eine Mischung aus Kontrolle und Vernachlässigung, würde ich sagen.“
    „Vernachlässigung und Mord“, murmelte Verhoeven, ohne den Blick von Lilli Dahls Briefen abzuwenden. „Wie passt das zusammen?“
    Seine Frage war rein rhetorisch. Winnie Heller schien es zu spüren und schwieg, während seine Augen an einem Eintrag vom zehnten Juli hängen blieben:
     
     
    Liebe Welt da draußen,
     
    Dir zu schreiben macht gleich doppelt Spaß, weil ich hinterher immer wieder lesen kann, was ich beim letzten Mal geschrieben habe. Das ist toll, denn die paar Bücher, die Jasper besitzt, habe ich alle schon ein paar hundert Mal durch. Ich kann sie praktisch auswendig, sogar das rote Lexikon mit dem zerschlissenen Leineneinband. Aber neulich waren wir gerade bei meiner Mutter, als ich Schluss machen musste, und ich denke, ich sollte ruhig noch ein bisschen was über sie erzählen. So wie damals ...
     
     
    „Wir müssen mit Lilli Dahls Familie sprechen“, sagte Verhoeven, indem er das Blatt sinken ließ. Der Wind war in den letzten Minuten deutlich aufgefrischt. Über den Hügeln auf der anderen Seite des Sees wetterleuchtete es. „Einer von denen muss sie sich ansehen.“
    Winnie Heller nickte und sah auf ihre Armbanduhr. „Noch heute?“
    „Morgen Vormittag ist früh genug“, gab er gedankenverloren zurück, denn sein Verstand war schon wieder bei Lilli Dahl:
     
     
    Das erste, was mir einfällt, wenn ich an meine Mutter denke, ist, dass sie zwei linke Hände hatte. Ungelogen, sie war andauernd in irgendwelche Unfälle verwickelt: Sie verbrannte sich am Bügeleisen oder schnitt sich mit der Heckenschere in den Finger. Oder aber ein harmloser Kratzer entzündete sich plötzlich, weil Rost in die Wunde geraten war.
    Ihr zieht das Unglück magisch an, sagte mein Opa und meinte damit meine Mutter und mich, denn ich war damals auch recht oft im Krankenhaus, genau wie meine beiden Schwestern. Ich habe mich immer gefragt, wie andere Familien es schaffen, gesund zu bleiben. Bei uns war nämlich eigentlich nur mein Opa so richtig gesund, und den lernte ich erst kennen, als er schon ziemlich alt war. Er stand eines Tages mit meiner Oma und zwei kleinen Koffern vor unserer Tür und sagte, dass er jetzt bei uns leben müsse, weil er dort, wo er herkam, nicht mehr bleiben könne.
    Meine Mutter regte sich fürchterlich auf, aber das tat sie eigentlich immer, wenn etwas Unerwartetes geschah. Und mein Vater ging nach oben und machte das Gästezimmer fertig. Aus den Gesprächen, die in den folgenden Tagen geführt wurden, hörte ich heraus, dass meine Großeltern aus einem anderen Deutschland kamen. Ein Land, das man nur verlassen durfte, wenn man alt war. So wie meine

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