Die Jenseits-Falle
Kara gehorchte. Sie folgte den Worten ihrer Gebieterin, trat vor Suko und ließ ungefähr zwei kleine Schritte Abstand. Bisher hatte sie den Griff nur mit der linken Hand gehalten. Nun aber legte sie auch noch den rechten darauf.
Suko zwinkerte mit den Augen. Schweiß war ihm hineingelaufen, er konnte kaum noch etwas sehen, doch er versuchte, seinen Blick über das gewaltige Deck schweifen zu lassen.
Es war leer. Keine Menschenseele ließ sich dort sehen. Auch nicht John Sinclair…
Suko dachte an seinen Freund. Er hatte es geschafft, war dieser Hölle vielleicht entkommen, und er hoffte, daß John es sein würde, der seinen Tod einmal rächte.
»Fertig?« fragte Alassia.
»Ja.«
»Dann schlag zu!«
Kara lächelte, schaute Suko an, und für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke. Suko bat mit seinen Augen um Rücksicht, er wollte ihr einen stummen Hinweis oder Befehl geben, doch Kara wollte nicht verstehen. Sie hob beide Arme, führte das Schwert über ihren Kopf, und für Suko stand fest, daß sie ihm den Schädel spalten wollte. Ergeben schloß er die Augen…
***
Der Spuk!
Das durfte nicht wahr sein. Verdammt, wie kam er in diese Welt, und weshalb hatte sich Myxin ausgerechnet ihn als einen Helfer ausgesucht, wo die beiden ebenso verfeindet waren, wie ich mit dem Herrn der Schatten? Herrn der Schatten?
In meinem Gehirn überschlugen sich die Gedanken. Moment mal. Hatte ich nicht bei unserer ersten Begegnung mit Alassia erfahren, daß sie und der Spuk nicht gerade Freunde waren, daß Alassia nach Asmodinas Tod versuchte, die Herrschaft an sich zu reißen und den Spuk zu entmachten? So ähnlich mußte es gewesen sein, denn sie wollte die Herrin über die bestraften Dämonenseelen sein und nicht nur in der Schattenwelt regieren, sondern auch in einem Reich wo Grauen, Panik und Schrecken herrschten, das bisher dem Spuk Untertan war. Konnte ich da von Glück sprechen, daß die Dämonen auch nicht anders waren als die Menschen, denn zwischen ihnen gab es ebenfalls Haß und Zwietracht. Jeder wollte seinen Vorteil ausnutzen und für sich das Beste herausholen.
Ich erinnerte mich an Galuri, den Dämonen-Parasit. Auch er hatte versucht, den Spuk zu entmachten, auf eine hinterlistige Art und Weise, doch der Spuk und ich hatten ihn in die Schranke weisen können. Wiederholte sich das Spielchen nun unter anderen Vorzeichen? Bis jetzt hatte ich mich meinen Gedanken hingegeben. Nun schaute ich mir den Spuk genauer an.
Ja, das war er.
Er stand inmitten der großen Öffnung. Seine schwarze Gestalt hob sich deutlich von dem helleren Hintergrund ab. Ich sah nicht, wie er tatsächlich aussah, sondern nur seine wallenden Umrisse und den schwarzen, vibrierenden Flecken unter der Kapuze. [5]
»Ist das nicht eine Überraschung?« hauchte Myxin mir zu.
»Das kann man wohl sagen«, gab ich ebenso leise zurück. »Aber weshalb, zum Henker, hast du dich gerade mit ihm verbündet?«
»Verbündet wohl kaum, aber ich habe ihm erklären können, daß Alassia die Macht übernehmen will. Das kann der Spuk auf keinen Fall zulassen. Er will Herrscher im gesamten Reich der Schatten bleiben.«
»Ist sein Reich denn mit dem der Alassia identisch?« hakte ich nach.
»Auf keinen Fall. Es sind zwei verschiedene Welten, sogar verschiedene Dimensionen, nur habe ich ihm weismachen können, daß Alassia versuchen will, mit ihrer Dimension das Reich des Spuks zu zerstören oder sich einzuverleiben.«
Ich lachte auf. »Raffiniert gemacht, Myxin, wirklich.«
»So etwas kann der Spuk sich natürlich nicht bieten lassen. Er hat vor keinem Respekt. Selbst den Teufel fürchtet er nicht. Bisher hat man ihn auch als Machtfaktor anerkannt und in Ruhe gelassen. Das hat sich nun geändert. Alte und auch neue Dämonen versuchen, seine Stellung zu übernehmen, bisher hat der Spuk alles abschmettern können, ich bin gespannt, wie er sich weiterhin verhält.«
»Daß er und ich nicht gerade Freunde sind, ist dir bekannt, Myxin«, sagte ich.
»Natürlich, aber wir haben keine andere Chance.«
»Ich grüße dich, John Sinclair!« vernahm ich die hallende Stimme. Von überallher traf sie meine Ohren, obwohl ich den Spuk selbst nur von mir sah. Dann lachte er. »Du befindest dich in einer üblen Lage, Sinclair. Gefangen in einer Welt, aus der es für dich keinen Ausweg gibt. Hier herrscht Alassia, und eigentlich sollte ich froh sein, dich bald nicht mehr unter den Lebenden zu sehen, denn ich habe nicht vergessen, daß die Vernichtung des
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