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Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Titel: Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat
Autoren: K. A. Stone
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ziehen.«
    »Aber ...«, stotterte ich.
    »Du hast einen menschlichen Vater und ein Anrecht darauf, auch die zweite Hälfte deines Seins kennenzulernen.«
    »Aber, Mutter«, stotterte ich erneut.
    »Bahluna hat es so entschieden.« Sie wandte sich ab. »Ich werde es den anderen sagen. Morgen ziehen wir los.«
    Und so war es beschlossen. Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns von der Sippe. Meine Mutter wurde von allen herzlich umarmt und es flossen reichlich Tränen. Ich wurde mit einem höflichen Nicken und ein, zwei freundlichen Worten auf den Weg geschickt. Niemand bedauerte ernsthaft, dass man mich loswurde. Einige hofften wohl, dass ich nie wieder zurückkam.
    Meine Mutter witterte in die Luft, dann marschierte sie in westlicher Richtung los. Ich machte mir große Sorgen. Wie sollten wir bei den gewalttätigen Menschen nur überleben? Sie würden uns augenblicklich töten oder versklaven. Doch meine Mutter beruhigte mich. Sie hatte vor, sich einem fahrenden Zirkus anzuschließen, um so ein wenig mehr Sicherheit für unsere Reise zu erlangen. Skriek waren gerngesehene Attraktionen bei den verschiedenen Völkern Euptoniens.
    Nach zwei Tagen, die Fährtenleserkünste meiner Mutter hatte sich dabei als sehr nützlich herausgestellt, sahen wir eine Reihe von rollenden Planwagen, die träge eine gepflasterte Straße entlang fuhren. Die Wagen waren mit bunten Farben bemalt, sodass jeder schon von weitem sehen konnte, dass ein fahrender Zirkus heranzog. Langsam, um niemanden zu erschrecken, näherten wir uns der Kolonne. Auf dem ersten Kutschbock saß ein gewaltig dicker Zwerg mit seiner Frau. Er trug einen hohen schwarzen Hut und sah uns skeptisch an. Wir verneigten uns erst höflich, bevor meine Mutter ihn ansprach. Sie erklärte, dass wir eine Mitfahrtgelegenheit Richtung Euptonien suchten, da wir nach Thuma wollten. Der Zwerg stieg vom Wagen und beäugte uns skeptisch. Er hatte in seinem Gürtel einen langen Dolch stecken und ich fürchtete mich daher vor ihm. Außerdem sah er mit seinem langen, struppigen Bart und seinem zerfurchten Gesicht mit den rotunterlaufenen, trüben Augen wenig vertrauenerweckend aus. Nach einer Weile brummte er etwas in seiner Sprache, um schließlich in der Hohen Sprache zu uns zu sprechen. Er war bereit uns mitzunehmen, wenn wir uns, sobald ein Dorf oder eine kleine Stadt erreicht wurden, in einen Käfig begaben und den Zuschauern unsere Krallen und Zähne zeigten. Wir sollten fauchen und knurren und so furchterregend wie möglich aussehen. Essen und Trinken würden wir von ihm erhalten, Bezahlung gab es aber keine. Meine Mutter stimmte zu.
    Es kam eine schlimme Zeit für uns. Wir wurden meist wie wilde Tiere gehalten. Zu dem Zwerg mussten wir Meister sagen und er hatte nie ein gutes Wort für uns übrig. Die anderen Wesen der kleinen, fahrenden Gemeinschaft mieden uns nach Möglichkeit. Es gab einen alten, mürrischen Troll, der die Zuschauer mit seiner Kraft beeindruckte und Eisenstangen verbog. Neben der Frau des Meisters, die ebenso wie ihr Ehemann stets übel gelaunt war, gab es noch zwei weitere Zwerge, die die Tiere, zwei Bären, einen Berglöwen, drei Esel und die Kutschpferde, versorgten und Kunststücke mit brennenden Äxten vorführten. Ein Kobold war auch dabei, der bei den Vorstellungen als Meisterschütze angepriesen wurde und mit Armbrustpfeilen treffsicher durch kleine Ringe schoss und Äpfel spickte. Schließlich gehörte auch noch eine Handvoll Menschen zu dem Zirkus, die turnten, jonglierten und billige Zaubertricks vorführten. Auch meine Mutter und ich mussten in der Manege auftreten. Wir wurden an Ketten herumgeführt und mussten brüllen und toben. Einmal beobachtete mich der Meister nach einer Aufführung bei meinem Kampftanz und beschloss, dass ich ihn von nun an auch in der Manage aufführen sollte. Die Zuschauer johlten vor Begeisterung und lachten Tränen. Ein tanzender Skriek! Es war so erniedrigend für mich! Auch meine Mutter litt große seelische Qualen und wurde von Tag zu Tag stiller. Meist saß sie zusammengekauert in einer Ecke unseres Wagens und spielte stundenlang die Knochenflöte. Und auch ich, dessen Seele ja nicht so empfindsam war, fühlte die Enge und Schwermut immer stärker und erdrückender.
    Oft fragte ich mich in jener Zeit, wie es Wesen möglich war, in derart erniedrigenden Umständen zu verweilen. Später erfuhr ich, dass meist Verbrecher und Deserteure in einem Zirkus Zuflucht suchten, um sich einer Verfolgung zu entziehen.
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