Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
austauschen. Vielleicht wollt ihr eine Verschwörung auf die Beine stellen«, riet Esmonäe unverzüglich. »Ich wäre sehr dafür.«
»Ich auch. Aber zu einem späteren Zeitpunkt.« Tirîgon gab das Zeichen, Kette und Schwert aufzuheben. »Weiter. Wir lassen sie den Hang hinunterrutschen. Das Geräusch wird in der Siedlung nicht zu hören sein. Das spart uns Kräfte, die wir in der Senke dringend brauchen.«
Sie schleppten die Beute weiter, Esmonäe sicherte ab.
Als sie das letzte Haus vor den Serpentinen erreichten, schwang dessen Tür auf.
Heraus traten fünf gerüstete und mit Speeren bewaffnete Barbaren, die sich wohl auf den Weg zum Gatter machen wollten, um die Wachen abzulösen.
Ein denkbar ungeeigneter Moment, um der Pflicht nachzukommen. Tirîgon sah zu Esmonäe, die sich sofort duckte und ihre Dolche zog, um in den Angriff zu gehen. Noch nicht! Warte, bis wir sicher sein können, dass es nur die fünf …
Die Albin sprang als schwarzer Schatten zwischen die Soldaten. Die Klingen zuckten mit solcher Genauigkeit in Hälse und durch Rüstungsschlitze in die Herzen, dass die Barbaren schier gleichzeitig auf die Bretter sanken, ohne dass ihnen ein Wort über die fleischigen Lippen drang.
Esmonäe wandte sich mit einem Grinsen zu ihnen – und bekam einen heftigen Schwerthieb in die linke Seite, der zerfetzte Harnischteile umherschleuderte und ihr Blut versprühte. Sie taumelte nach rechts und knickte ein, brach in die Knie.
»Nein!«, schrie Sisaroth und ließ die Kette fallen. Er zog sein Schwert und rannte zur Albin.
Tirîgon beobachtete das Verhalten seines Bruders mit Genugtuung. Es wäre eigentlich seine Aufgabe gewesen, Esmonäe zu verteidigen.
Aber sie verriet und täuschte dich, säuselte die Genugtuung in ihm. Sieh, was sie davon hat. Ihre Strafe folgte auf den Betrug.
Aus der Tür trat ein sechsarmiges Wesen, dessen gedrungene Gestalt an den Zhadar erinnerte. Über der blassgelben Haut lag eine dicke Eisenrüstung, die stechend grünen Augen waren auf Sisaroth und Esmonäe gerichtet.
»Ich glaube nicht, was ich sehe!«, rief es glücklich und richtete die blutige Klinge auf die Verwundeten. »Da kommen wir in dieses trostlose Dorf und suchen Verbündete, um eine Armee gegen eure Kolonie zu formieren, und nun finde ich die Anführer hier. Bei meinen Freunden. Was wolltet ihr?« Während sein lippenloser Mund sprach und sich dabei kaum bewegte, zog es ein Schwert und vier Dolche. »Wolltet ihr euch ergeben?«
Ein Karderier! Tirîgon wusste, was er vor sich hatte. Firûsha berichtete ihnen von dem Zusammentreffen mit einem ähnlichen Wesen. Tossàlor nannte sie Rîconier. Er hatte gelegentlich mit ihnen zu tun gehabt und Geschäfte getätigt, die nicht von edler Natur waren. Also steckt er dahinter. Er will uns wegen unserer angeborenen Magie niederwerfen und sie nutzen.
»Du wirst es nicht mehr erfahren.« Sisaroth griff den Karderier an und geriet an eine Wand aus wirbelnden Klingen, an der seine Schwerthiebe abprallten.
Tirîgon sprang seinem Bruder erst nach einer Weile bei. Die blutende, stöhnende Esmonäe würdigte er keines Blicks.
Gemeinsam brachten sie den kampfversierten Feind in Bedrängnis, der verbissen focht. Aus dem halb offenen Mund ging sein Atem stoßweise, Speichel lief über die spitzen Zähne.
»Noch einer! Sehr gut!« Der Karderier rief laut, damit das Dorf erwachte. »Ihr werdet mir eine schöne Ration eurer Magie überlassen. Ein Vorgeschmack auf das, was wir bekommen, wenn wir euer Reich eingenommen haben!« Er entkam Tirîgons Attacke, ließ einen seiner Dolche fallen und packte Sisaroths Handgelenk. »Wie fühlt sich das an?«
Der Alb schrie gellend. Wutlinien rasten flackernd über das Antlitz, die Augen wurden schwarz.
»Lass ihn!« Tirîgon hackte dem Karderier den Unterarm durch und stach durch eine Lücke im abwehrenden Klingenwald mitten unter die Achsel. Als er sein Schwert zurückzog, sprudelte blassgelber Lebenssaft wie eitrige Milch aus der Wunde.
Der Karderier sackte aufjaulend zusammen, die Lider schlossen sich. Zur Sicherheit trennte Tirîgon den Kopf vom Rumpf.
Rufe wurden laut. Die Siedlung hatte den Schrei und den Kampflärm vernommen.
»Weiter!« Tirîgon sah zu seinem Bruder, der die Stelle rieb, an der die gegnerischen Finger ihn gehalten hatten. »Die Kette!« Soll Esmonäe sehen, wie sie durchkommt.
Aber Sisaroth half ihr auf die Füße, stützte sie und sah hilfesuchend zu ihm. »Sie kann vor Schmerzen nicht laufen.«
»Sie muss.
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