Die letzte Odyssee
phantastischere Möglichkeit, die Trägheit zu steuern. Dabei könnten sich interessante Effekte ergeben: man versetzt einem Mitmenschen einen leichten Stoß, und er rast prompt mit Tausenden von Stundenkilometern davon, bis er einen Millisekundenbruchteil später von der gegenüberliegenden Zimmerwand zurückgeworfen wird. Der Vorteil wäre, daß Verkehrsunfälle praktisch unmöglich würden; Automobile – und Insassen – könnten bei jeder Geschwindigkeit kollidieren, ohne Schaden zu nehmen. (Und Sie halten schon das Leben von heute für hektisch?)
Die ›Schwerelosigkeit‹, die für uns heutige Menschen bei Weltraummissionen ganz normal ist – und mit der sich im nächsten Jahrhundert Millionen von Touristen amüsieren werden – wäre unseren Großeltern wie Zauberei vorgekommen. Die Aufhebung – oder auch nur die Verringerung – der Trägheit ist allerdings etwas ganz anderes und wird vielleicht nie zu erreichen sein. 1 Aber es macht Spaß, den Gedanken weiterzuspinnen, denn damit ließe sich fast so etwas wie ›Teleportation‹ verwirklichen: man könnte (zumindest auf der Erde) praktisch ohne Zeitverlust überallhin reisen. Ich weiß offen gestanden nicht, wie ›Star City‹ ohne diese Art des Antriebs bestehen könnte …
In diesem Roman bin ich unter anderem davon ausgegangen, daß Einstein recht hatte und kein Signal – und kein Körper – schneller sein kann als das Licht. In jüngster Zeit sind jedoch eine Reihe von hochkomplizierten, mathematischen Arbeiten erschienen, die etwas andeuten, was für zahllose SF-Schriftsteller seit langem eine Selbstverständlichkeit ist: demnach könnte es sein, daß künftige Anhalter durch die Galaxis sich mit dieser lästigen Einschränkung nicht mehr abzufinden brauchen.
Im Grunde hoffe ich, daß sie alle recht haben – ich sehe allerdings einen fundamentalen Einwand. Wenn Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit möglich sind, wo bleiben dann all die vielen Anhalter – oder zumindest die zahlungskräftigen Touristen?
Eine Antwort könnte lauten, daß kein vernünftiger Extraterrestrier jemals ein interstellares Raumschiff bauen würde, aus dem gleichen Grund, aus dem wir niemals Luftschiffe mit Kohlefeuerung entwickelt haben: weil man das gleiche Ziel sehr viel rationeller erreichen kann.
Daß nur eine überraschend kleine Zahl von ›Bits‹ erforderlich ist, um einen Menschen zu definieren oder all die Informationen zu speichern, die er in seinem Leben zusammentragen kann, wird in ›Machine Intelligence, the Cost of Interstellar Travel and Fermi’s Paradox‹ von Louis K. Scheffer
(Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society 35,
no. 2 [Juni 1994]: S. 157-175) erörtert. Der Autor dieses Aufsatzes (sicher der spekulativste Text, den das seriöse
QJRAS
seit seinem Bestehen veröffentlicht hat!) schätzt, daß sich das gesamte Bewußtsein eines hundert Jahre alten Menschen mit absolutem Gedächtnis mit zehn hoch fünfzehn Bits (ein Petabit) darstellen ließe. Diese Informationsmenge könnte mit optischer Fasertechnik schon heute in wenigen Minuten übertragen werden.
Meine Unterstellung, der
Star Trek
-Transporterstrahl werde auch im Jahre 3001 noch nicht realisiert sein, könnte sich daher bereits in einer Kleinigkeit von hundert Jahren als beschämend kurzsichtig erweisen. Dann ließe sich der derzeitige Mangel an Interstellartouristen ganz einfach damit erklären, daß die Erde noch keine entsprechenden Empfangseinrichtungen installiert hat. Vielleicht sind sie per Raumschiff unterwegs …
KAPITEL 15: AN DER VENUS VORBEI
Es ist mir ein besonderes Vergnügen, der Besatzung von
Apollo 15
auf diesem Weg meinen Dank abzustatten. Nach ihrer Rückkehr vom Mond schickte sie mir eine wunderschöne Reliefkarte vom Landeplatz der Mondfähre
Falcon,
die seither einen Ehrenplatz in meinem Arbeitszimmer hat. Sie zeigt die Strecken, die der Mondjeep ›Lunar Rover‹ bei seinen drei Exkursionen abgefahren hatte. Eine davon führte um den Earthlight Krater herum. Die Karte trägt die Aufschrift ›Für Arthur Clarke von der Besatzung von
Apollo
15 zum Dank für Ihre Weltraumvisionen. Dave Scott, Al Worden, Jim Irwin.‹ Als Gegenleistung habe ich
Earthlight
(das Buch wurde 1953 geschrieben und spielt in dem Gebiet, das der Rover 1971 durchfahren sollte) ›Dave Scott und Jim Irwin, den ersten Menschen, die dieses Land betraten, und Al Worden, der aus dem Orbit über sie wachte‹ gewidmet.
Nachdem ich zusammen mit Walter Cronkite und Wally Schirra im
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