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Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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unausweichlichen Urteils. Dies ist es jedoch nicht, was uns interessiert, Liam …«
    Der Mönch schwieg einen Moment, dann redete er weiter: »Wie ich bereits sagte, gibt es einige Geschichten, die mit diesem … Hauptstrang der Untersuchung in Verbindung stehen. Geschichten, die niemand kennt, weil, etwa ein Jahrhundert später, seine Heiligkeit Pius IX. umsichtig genug war, diese … zu begraben, und zwar in einem Privatarchiv des Vatikans, einige Jahre bevor die kaiserlichen Truppen an der Porta Pia eine Bresche in die Stadtmauer schossen und in die vom Papst besetzte Stadt drangen. Er hatte gemerkt, dass das Ansehen des Papsttums harten Zeiten entgegenging. Deshalb schien es ihm angezeigt, diese Dokumente unter Verschluss zu halten, denn wenn sie dem Falschen in die Hände geraten wären, dann hätte man die Sache an die große Glocke gehängt, nur um den Nachfolger Petri in Misskredit zu bringen. Das war ein alter Hut, weißt du, an den sich damals keiner mehr erinnerte. Und Pius IX. sollte recht behalten: 1872 ging unsere antike Biblioteca Casanatense an das Haus Savoyen, und ein paar Jahre später verloren wir auch den Prozess gegen das Bildungsministerium. Diese Dokumente wären mit Sicherheit ans Licht gekommen.«
    »Und ich wette, dass die Protokolle jenes Prozesses jetzt unter deiner fürsorglichen Obhut stehen«, stichelte Liam, derendlich begriffen hatte, warum Aldobrando so wenig kooperativ gewesen war.
    »Ich bitte dich, mich nicht zu unterbrechen, Liam«, brachte ihn der alte Mönch zum Schweigen. »Also, wo war ich? Ach, ja, bei Chiara Rucellai …«
    »Chiara Rucellai?«
    »Ja, Chiara Rucellai: Eine Frau aus dem Volk, aus dem Viertel Boboli, die zahlreichen Aristokratinnen jener Zeit das Haar frisierte. Um es kurz zu machen: Selbige gab sich als Medium aus und verschaffte sich Zugang zu mehreren Salons, wo sie sehr gefragte spiritistische Sitzungen abhielt.«
    Liam hörte aufmerksam zu, auch wenn er nicht verstand, worauf Aldobrandi hinaus wollte.
    »Wenn man den Inquisitoren Glauben schenkt«, präzisierte Aldobrandi, »so war diese Popularität vor allem einer üppigen Brust und generösen Lenden geschuldet. Es muss auch gesagt werden, dass Freimaurer, Spiritisten, Schwarzkünstler, Alchimisten und so fort damals mehr oder weniger aus demselben Holz geschnitzt waren: neugierige und gelangweilte Leute, die nicht wussten, wie sie die Zeit totschlagen sollten. Kurz und gut: Corsinis Männer griffen sich auch diese Chiara Rucellai und gaben sie in die Hände des kirchlichen Gerichtes.«
    »Was aber hat diese Frau mit Nicäa zu tun?«, unterbrach Liam ihn erneut.
    »Willst du jetzt endlich still sein?«, sagte der Mönch verärgert. »Die Inquisitoren, die sie folterten, berichten in den Protokollen der Verhöre, dass die Ärmste vom ruhelosen Geist eines Eunuchen edlen Geblüts besessen sein wollte: Ein kaiserlicher Domestik des Bischofs Ossius von Cordoba, ein Gesandter Konstantins, der aufgrund seiner Neugierde, nach grausamer Verstümmelung, dem Tod anheimgegeben wurde.«
    »Und was soll dieser Eunuch schon gesehen haben?«
    »Das schriftliche Protokoll einer Geheimsitzung, die geradeam letzten Tag des Konzils von Nicäa abgehalten worden war, genau zu jenem Datum, das auf deinem Ring eingraviert ist, Liam.«
    Fast eine Minute lang herrschte Schweigen, das nur durch das Knarzen von Liams Stuhl unterbrochen wurde. Schließlich fragte er: »Und wer soll, nach Meinung der Frau, dieses Protokoll verfasst haben?«
    »In diesem Punkt sind die Inquisitoren sehr genau. Und man stellt sich die Frage, wie eine Frau aus dem Volk von einem Ereignis wie dem in Nicäa hätte erfahren können.«
    »Das heißt?«
    »Das Protokoll wurde, nach Ansicht der Frau, von eben jenem Bischof Ossius von Cordoba verfasst. Er war Konstantins Vertrauensmann in kirchlichen Fragen und der Unterzeichner des Credos und der zwanzig Kanons für das Heilige Römische Reich. Ossius soll durch die Niederschrift des Protokolls allerdings gegen ein ausdrückliches Verbot Konstantins – unter Androhung der Todesstrafe – verstoßen haben. Das heißt, laut Medium, dass Ossius den neugierigen Eunuchen verstümmeln und abschlachten ließ, damit der Kaiser nichts von seinem Ungehorsam erfuhr. Und vom Geist jenes Eunuchen wollte die Frau nun besessen sein.«
    Die beiden tauschten einen vielsagenden Blick.
    »Aber entschuldige, Francesco«, sagte Liam in vertraulichem Ton. »Wenn du die Protokolle der Inquisitoren gelesen hast, wirst du auch

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