Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
befiehlt dir, die Schriftrollen, die du besitzt, in seine Hände zu geben.‹
Ein Eunuch trat daraufhin an Arius heran, in den Händen eine Schatulle aus Ebenholz mit Kristallintarsien. Als er vor ihm stand, öffnete er das Behältnis, und während er es offen in beiden Händen hielt, gab er ihm ehrerbietig das Zeichen, die beiden Rollen hineinzulegen. So tat Arius, dann schloss er devot die Schatulle und setzte sich. Der Eunuch ging, getreu dem Ritus, zurück in die Apsis und legte die Schatulle in die Hände des Quästors, der seinerseits hinter den Schleier trat, niederkniete und sie feierlich auf das Schreibpult neben dem kaiserlichen Thron legte. Nachdem dies geschehen, begab er sich wieder ins Querschiff und schloss seine Rede: ›Der Göttliche Augustus erklärt nunmehr die Konferenz für beendet und befiehlt, dass jeder der Gäste in Erwartung des Banketts, das in Bälde in den kaiserlichen Salons eröffnet wird, unverzüglich zu seinen Amtsgeschäften zurückkehre. Über das Gesagte wird allen, unter Androhung der Todesstrafe durch körperliche Peinigung, ein unbedingtes Schweigegebot auferlegt. So hat der Göttliche Augustus gesprochen.‹ Er klatschte sieben Mal in die Hände, und auf dieses Zeichen hin öffneten die Wachhopliten die Türen des Atriums.
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Deshalb also hat Ossius den neugierigen Eunuchen meucheln lassen, dachte Liam. Jetzt bekam jedes Detail in Aldobrandis Erzählung seinen Sinn: das Medium, der Eunuch, Ossius, die Apokalypse …
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Athanasius sprang auf, ohne auf die Dienste des ihn begleitenden Eunuchen zu warten, und verließ die Kirche. Gleichzeitig näherte sich der Quästor dem Ossius und flüsterte ihm ins Ohr, er möge auf seinem Platz verweilen und weiterer Befehle harren.
Die übrigen Teilnehmer verließen das Atrium in der umgekehrten Reihenfolge, in der sie eingetreten waren, peinlich genau das Zeremoniell beachtend. Als alle bis auf Ossius hinausgegangen waren, wandte sich der Quästor an ihn: ›Verehrungswürdiger
Ossius von Cordoba, bischöflicher Gesandter des Reiches, der Göttliche Augustus hat dich zu einer Privataudienz bestellt.‹ Nachdem er dies gesagt, ging auch er, gefolgt von den Eunuchen und Domestiken, nach draußen. Die Türen wurden wieder geschlossen. Niemand blieb im Atrium, außer Ossius und Konstantin, der in der Zwischenzeit sein Zeremoniengewand abgelegt und durch eine leichte Tunika ersetzt hatte. Das einzige Zeichen seines Ranges war die kaiserliche Spange auf der rechten Schulter. Ossius näherte sich dem Schreibpult und blieb stehen, weitere Befehle erwartend.
Der Göttliche sprach wie folgt: ›Verehrungswürdiger Ossius, der du mir teuer bist wie ein Waffenbruder, so wie ich dir als Zeichen kaiserlicher Würde die Aufgabe übertrug, das Credo von Nicäa und die zwanzig Kanons zu unterschreiben, so übertrage ich dir nun in mündlicher Form den kaiserlichen Auftrag, für die Befolgung des Gebotes von Johannes dem Evangelisten zu sorgen, und ich vertraue dir die Schatulle an. Hiermit ernenne ich dich zum Meister des Buches …‹
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Liam und Alanna schauten einander verblüfft an.
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›… mit dem Recht und der Pflicht, von jetzt an und in alle Ewigkeit für die Nachfolge in diesem Rang zu sorgen, indem du ihn einem von dir bestimmten geheimen Erben überträgst, auf dass von diesem Dienst niemand je erfahren möge, ausgenommen diejenigen, die im Laufe der Jahrhunderte ebendiesen Rang bekleiden werden. Du wirst gut verstehen, dass die Vorsicht mir verbietet, von diesem meinem Akt schriftlich Zeugnis abzulegen. Verwahre deshalb an deinem Leib dieses kaiserliche Siegel, auf welches das Datum des heutigen Tages eingeprägt ist zum Beweis der Kompetenz, die dir übertragen.‹ Während er diese Worte sprach, reichte Konstantin Ossius einen goldenen Ring, auf dessen Platte sich das kaiserliche Monogramm befand. Ossius nahm
ihn ehrfürchtig entgegen und ließ ihn sofort im Faltenwurf des Umhangs verschwinden.
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Liam hielt plötzlich inne. Er griff sich den Ring, der über den Schlüssel gesteckt war, wog ihn in der Hand und flüsterte: »Ich kann es einfach nicht glauben …« Er schien wie hypnotisiert zu sein. Es war Alanna, die, von Neugier getrieben, weiterlas:
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›Ich ordne dir an, ihn, zusammen mit deiner Aufgabe, an deine Nachfolger weiterzugeben, und ich befehle dir, ihn nur im Falle allergrößter Not zu gebrauchen, falls du oder einer deiner Nachfolger zu dem Schluss kämet, dass nicht dein oder sein Leben
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