Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
Straße schnell mit einem Scherz oder einem Lachen zur Hand gewesen, war ich jetzt grimmig und stumm, und ich sprach mit niemandem, solange das nicht unbedingt nötig war. Ich schlief nicht länger in einer Gruft, trotzdem war ich gestorben, genau wie die Leute, von denen Diakon Moody gesprochen hatte.
    Es war nicht allein die Versuchung gewesen, die mich dazu gebracht hatte, dem Mann auf der Treppe unterhalb der High Street den Geldbeutel zu stehlen. Verzweiflung war ebenfalls ein Faktor gewesen. Im Verlauf der Jahre war ich trotz meiner erbärmlichen Kost in die Höhe geschossen. Meine langen Hosen waren von ganz allein kurz geworden, und meine Hemdsärmel reichten mir kaum noch bis zu den Ellbogen.
    Je größer ich wurde, desto schwieriger wurde es, die Damen zur Wohltätigkeit zu bewegen. Immer weniger Kutschen hielten an, und wenn sie es taten, bekam ich weniger Münzen für meine Bemühungen. Und dann hielten lange Zeit gar keine Kutschen mehr an.
    Als ich diesen Kerl beraubte, hatte ich es fast schon aufgegeben, auf Almosen zu hoffen. Aber an dem Tag nach der Flucht vor dem dunklen Fremden am Friedhof unternahm ich einen letzten Versuch, säuberte mich, so gut es ging, und stellte mich an die Straße. Zu meiner Überraschung dauerte es nicht lange, bevor eine prächtige Kutsche vor mir anhielt. Zu meiner weiteren Überraschung öffnete keine Frau die Kutschentür, sondern ein Mann: ein Advokat oder anderer gut situierter Gentleman, der sich den mittleren Jahren näherte, in seiner feinen Kleidung aber noch immer ein gutes Bild abgab.
    Rückblickend hätte ich nicht so erstaunt sein dürfen. Durch die Veränderungen, denen ich unterworfen war, hatte ich mir nicht länger die Mühe gemacht, den verlorenen und freundlichen Ausdruck eines Cherubs nachzuahmen. Stattdessen sah ich genauso aus wie das, was ich war – ein junger Mann mit blondem Haar, dünn und hübsch und gefährlich. Ich hätte wissen müssen, dass sie für mich anhalten würden.
    Der durchbringende Blick des Burschen verriet mir, dass er mir keine Mildtätigkeit erweisen wollte, und die Münzen in seiner Hand, die so golden wie mein Haar waren, fegten alle Bedenken hinweg, die ich möglicherweise verspürt hätte. Ich stieg in die Kutsche, und die Tür schloss sich hinter mir.
    Nach diesem Tag erkannte ich, dass es keine Rolle spielte, wenn ich nicht länger die Herzen der netten Ladys rühren konnte. Es gab Männer, die mir viel mehr Geld geben würden, und zwar aus ganz anderen Gründen. Eines aber blieb gleich: Sie alle mochten meine goldenen Locken. Ich ließ mein Haar lang und prächtig wachsen und hielt es immer sauber.
    Manchmal stand ich wie an jenem ersten Tag auf der High Street und wartete auf Kutschen, die anhielten, aber ich fand bald heraus, dass nur die Mutigsten diese Methode bevorzugten. Man fand mich weitaus öfter in der Abenddämmerung auf dem Platz direkt unterhalb des Tron Kirks, dessen hölzerner Kirchturm wie ein Finger auf den Himmel zeigte. Dort warteten sie in den Schatten, mit gierigen und verstohlenen Blicken. Ich suchte Blickkontakt, dann führte ich sie in eine Seitenstraße in Richtung des kleinen Zimmers in einem Holzhaus, das ich von meinem ersten Verdienst gemietet hatte.
    Für gewöhnlich ließ ich sie bezahlen und das tun, was sie mit mir tun wollten, bevor ich sie bestahl, während sie auf der dreckigen Strohmatratze in dem Zimmer schliefen. Waren sie fett oder stanken, beraubte ich sie sofort, bedrohte sie mit dem Messer meiner Mutter, sobald wir allein in einer Gasse waren. Ich machte mir keine großen Sorgen darüber, erwischt zu werden. Die Männer würden sich viel zu sehr schämen, um einen Raub anzuzeigen. Schließlich gab es in der Hölle einen ganz besonderen Ort für Männer mit ihren Gelüsten; zumindest behaupteten das die Pastoren im Tron – ein Ort, an dem einem für alle Ewigkeit Flammenzungen die unteren Körperregionen verbrannten und Teufel mit glühenden Zangen die Eingeweide herausrissen.
    Was mich anging, Teufel waren mir egal. Denn ich war schon in der Hölle – da ich schon tot war. Vielleicht war ich auch selbst einer von Luzifers Teufeln, der hier die Sünder quälte.
    Aus dem Herbst wurde ein kalter Winter, und ich benutzte meine neuen Mittel, um Kleidung zu kaufen, einschließlich eines grauen Umhangs, der wirklich nichts Besonderes war, nach dem Standard derjenigen, die auf der Straße lebten, aber kostbar war. Die, die mich mit freundlichen Worten begrüßt hatten, als ich

Weitere Kostenlose Bücher