Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
Rankstrail an, der dem Blick nicht auswich. Auch wenn er nun schon seit Jahren die Orks bekämpfte, überlegte der Hauptmann, war dies das erste Mal, dass er einem von ihnen in die Augen sah.
Endlich konnten sie in Richtung Daligar aufbrechen. Unter Jubel und Freudenschreien trafen sie mit der Einheit der Königin-Hexe zusammen, und endlich wurde der Hauptmann das kleine Mädchen los, das in den Armen seiner Mutter landete.
Anrico kam und verneigte sich vor ihm.
»Mein Herr«, sagte er bewegt, »Ihr, Kommandant des Menschenheers, habt die Orks zurückgeschlagen, Ihr … ich betrachte es als eine Ehre, unter Eurem Befehl zu stehen, und werde immer stolz darauf sein …«
»Das Mädchen …«, erwiderte Rankstrail verlegen in dem Versuch, den Hergang der Ereignisse zu erklären.
»Es stimmt!«, unterbrach ihn Anrico noch gerührter und fast lachend. »Ihr habt den Angriff geführt, obwohl Ihr ein Kind zu beschützen hattet …«
Der Hauptmann beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Auch Aurora und ihre Bogenschützen verneigten sich vor Rankstrail, der das mit einem verlegenen, schiefen Lächeln quittierte. Endlich kehrten sie im Galopp nach Daligar zurück.
Wenigstens war er die Kleine los.
Rankstrail und die Seinen schleppten sich dahin, gefolgt von dem Wolf, der noch immer hechelte.
Zecca der Prächtige blieb stehen und graste, sah den Schmetterlingen und Bremsen in der Sommersonne nach, dann graste er wieder.
Wenn in seiner Truppe Befehle auch bedingungslos befolgt werden mussten, so war es doch nicht verboten, sie zu kommentieren. Während des nicht enden wollenden Rückwegs nach Daligar hatte der Hauptmann Gelegenheit und allen Grund, das zu bereuen. Unausgesetzt hänselten sie ihn in der typischen blumigen Ausdrucksweise der Soldaten mit feineren oder gröberen Sticheleien über diese ihre neue Funktion als Pfleger der verletzten Orks. Sie fragten mit höflich verbrämter Bissigkeit nach, ob der Hauptmann etwa noch andere Aufgaben für sie vorgesehen habe, wie beispielsweise Blumen zu gießen, die Wäsche aufzuhängen oder braven Kindern Spielzeug zu bringen.
Kapitel 22
In Daligar fragte der Hauptmann nach Lisentrail, doch die Frage erstarb ihm auf den Lippen, als er die Gesichter seiner Söldner sah, die ließen keinen Zweifel.
Der Gefreite und die anderen Verwundeten waren in der Stadt.
Die Transportfähigen waren schon in die Verbandsstationen gebracht worden.
Die Schwerstverwundeten hatte man gleich hinter der Zugbrücke beim Brunnen abgelegt.
Da waren Daverkail und Workail, zwei Riesenkerle, größer noch als der Hauptmann, die auf den Rückzügen immer an seiner Seite gewesen waren, wenn es galt, Einkesselungen zu durchbrechen. Da war Rouil, ein sehr schlichter Mann, dem man alles immer mindestens zweimal erklären musste. Rouil hatte nie mehr als den Buchstaben A gelernt und den hatte er in sämtliche Baumrinden und Steine geritzt.
Da war Zeelail, der Jüngste und Hübscheste von allen, der eine Armbinde aus hellblauem, mit Röschen besticktem Stoff trug.
Da war Rossolo, der vom Hochfels kam. Seine ganze Familie war von den Schwarzen Banditen ausgelöscht worden und er hatte ein paar Felder und eine ansehnliche Herde Schafe geerbt. Er war Söldner geworden, nicht weil er das nötig gehabt hätte, sondern um mit dem Hauptmann zu ziehen.
Da war Arkry, ein Herr der Zwerge, er war sehr alt und hatte noch die Zeiten gesehen, als sein Volk frei und ungeschlagen war.
Da war Roxtoil, sehr groß und blond aus den Sümpfen des Nordens. Die Augenklappe, die seit jeher sein fehlendes Auge bedeckte, war durch ein Stück weißen Stoff ersetzt worden, er stammte aus dem Rock einer jungen Frau, die Aurora in den Verbandsstationen half.
Blutgetränkte Mäntel waren über die Soldaten gebreitet.
Daverkail, Workail, Roxtoil, Rossolo, Arkry und Zeelail waren schon tot, als er sich über sie beugte. Rouil erkannte ihn noch.
Lisentrail war am Leben, aber seine Brust hob und senkte sich in immer mühsameren Atemzügen, die nur seine letzten sein konnten.
Es gelang dem Gefreiten, die Augen zu öffnen, und er sah den Hauptmann an.
»He, Hauptmann, sag der Hexe nicht, dass ich den Drachen getötet habe, sonst wirft sie meine Knochen den Hunden zum Fraß vor. Hauptmann, lass nicht zu, dass meine Knochen den Hunden vorgeworfen werden«, flüsterte er.
»Nein«, antwortete Rankstrail. »Nein.«
Verzweifelt wandte er sich um. Trakrail war in der Nähe und zog gerade einen Eimer Wasser aus dem
Weitere Kostenlose Bücher