Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
Freiheiten üblich, verzichteten beide Gebäude auf einen Beischlag als Vorbau, sondern ragten gleich von der Straße auf. Das lenkte das Augenmerk sofort auf den von Säulen und Wimperg flankierten Eingang mit den daraus emporsprießenden Fialen. Bei Weinrich ragte ein Erker im ersten Stock so weit heraus, dass er eine Art Überdachung bot, was Dora gut gefiel. Bei Angler dagegen fand sich der Erker um ein Doppelfenster nach links versetzt, was eine großzügigere Ausgestaltung desselben erlaubte, musste er doch nicht mehr der Breite der darunterliegenden Tür angepasst sein. Zwei Wohn- und drei Giebelgeschosse umfasste Weinrichs Haus, das von Angler dagegen erlaubte sich eine zusätzliche dritte Wohnetage, wenn auch die Höhe und Breite der Fenster in der obersten darauf schließen ließen, dass es eine weitaus einfachere war als die übrigen. Dora legte den Kopf in den Nacken, um die Giebelgestaltung besser in Augenschein nehmen zu können.
    »Ihr nehmt Eure Aufgabe sehr ernst«, sprach eine angenehme Männerstimme dicht neben ihr. Sie erschrak. Über ihrer Begeisterung für die Bauten hatte sie ihre nächste Umgebung völlig ausgeblendet. Als sie sich zur Seite drehte, gewahrte sie Veit Singeknecht. Er grüßte sie mit einem bewundernden Lächeln. Sie meinte im Boden versinken zu müssen vor Scham. Er hatte die flüchtige Begegnung im Treppenhaus vor zwei Tagen völlig missverstanden. Nie mehr wollte sie ihn wiedersehen, nie mehr daran erinnert werden, wie ihr letztens ausgerechnet im innigsten Moment des Beisammenseins mit Urban sein Name entschlüpft war. »Die Pracht der Häuser nimmt Euch ganz gefangen«, redete er begeistert weiter. »Dabei bin ich mir sicher, Ihr würdet aus den Wünschen der Bauherren und den Vorgaben des Herzogs weitaus mehr aus diesen Gebäuden herausholen, als es unsere Zunftgenossen bislang getan haben.«
    »Woher wisst Ihr, dass ich …«
    »Neulich hat Euer Gemahl Eure Entwürfe in den höchsten Tönen gelobt.« Veit schmunzelte versonnen, gab jedoch keinerlei Hinweis, was ihn mehr belustigte, ihre Entwürfe oder Urbans begeisterte Schwärmerei. »Es war eine wahre Wonne, ihm zuzuhören. Eigentlich ist es überflüssig, Euren Aufriss zu sehen. So genau, wie Euer Gemahl es verstand, jede Einzelheit zu schildern und jede Besonderheit daran hervorzuheben, steht er mir ganz klar vor Augen. Ich bin schon gespannt, ob Ihr beim Schmuck der Torbögen Bacchus bevorzugt oder doch lieber Ceres. Der Wein spielt in der Geschichte Eurer Familie ja keinerlei Rolle, wohingegen man die Göttin des Ackerbaus durchaus in Zusammenhang mit dem Bierbrauen sehen könnte. Hopfen und Malz sind schließlich kostbare Früchte, für deren Gedeihen man im Zweifelsfall um ihre Hilfe bitten würde. Andererseits passt diese Einfallslosigkeit nicht so recht zu Euch. Bacchus auf seinem Fass und Ceres mit ihrem Früchtekorb tauchen viel zu oft an den Fassaden ringsum auf. Als Abwechslung werden höchstens einmal so grimmige Gestalten wie dort drüben diese prußischen Krieger geboten. Wem gehört das Anwesen eigentlich?« Er wandte sich um und wies auf einen Hofeingang auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    »Das ist das Haus von Andreas Aurifaber«, erklärte sie.
    »Oh, der herzogliche Leibarzt.« Veit nickte zustimmend, als würde er ihn persönlich kennen. »Ich habe bereits von ihm reden hören. Kein Wunder, nur ein so eigenständiger Geist wie er wagt es, die herkömmlichen Muster außer Acht zu lassen und etwas Neues zu wagen. Daran werdet Ihr Euch gewiss ein Beispiel nehmen und Euch für Euren Gemahl noch etwas weitaus Auffälligeres ausdenken. Wie wäre es etwa mit dem Abbild von antiken Philosophen? Am besten mitten im anregenden Gespräch vertieft, die Gesichter streng und weise, die Gesten eindrucksvoll. Euer Gemahl liebt die Welt der Bücher und der Wissenschaften. Das würde ihm gewiss gut anstehen. Jeder wüsste gleich bei Betreten des Hauses, mit wem er es zu tun hat.«
    »Ihr habt Euch bereits ein sehr genaues Bild von meinem Gemahl gemacht.«
    »Nach dem anregenden Besuch in Eurem Haus vorgestern fällt mir das umso leichter. Nicht nur, dass ich ihn habe reden hören, zudem durfte ich sehen, wie er lebt, wie er sich einzurichten pflegt. Gerade seine Vorliebe für Tapisserien verrät mehr, als tausend Worte über ihn sagen können. Schade nur, dass Ihr an dem Gespräch nicht teilgenommen habt. Gerade weil Euer Gemahl so viel von Euren Fähigkeiten in der Baukunst und dem geplanten Bau seines

Weitere Kostenlose Bücher