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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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abwägen. Wir fahnden in ganz Litauen nach Mikas und seinen mutmaßlichen Entführern. Überdies haben wir auch die Polizei in Deutschland informiert, weil dort der Vater des Jungen wohnt. Wir haben sogar mit Interpol Kontakt aufgenommen, obwohl wir keinen Grund zur Annahme haben, dass die Täter Litauen verlassen haben. Aufgrund des Zusammenhangs mit dem Baronienė-Fall nehmen wir eher an, dass es sich um ein lokales Verbrechen handelt. Aber bis jetzt hat nichts davon zu Resultaten geführt. Und genau deshalb erwäge ich, jetzt die Öffentlichkeit um Hilfe zu bitten.«
    Die Öffentlichkeit. Allein schon das Wort weckte in Sigita Unbehagen.
    »Ich weiß nicht …«
    »LTV möchte den Aufruf, wie gesagt, mit den Abendnachrichten ausstrahlen. Ein solcher Sendetermin führt in der Regel zu den meisten Rückmeldungen, vielleicht helfen einige davon, den Fall aufzuklären. Die Chancen stehen in diesem Fall recht gut, da wir ja sogar ein Foto von einer mutmaßlichen Entführerin haben.«
    Er redet, als hätte er einen Polizeibericht verschluckt, dachte Sigita. Ob er in seiner Freizeit auch so klingt? Sie sah Gužas
vor sich, mit Sonnenhut, Fischerweste und frisch gefangener Forelle. »Die Strömungsrichtung lässt vermuten, dass man nur im rechten Ermittlungsbereich Forellen antrifft«, sagte der Freizeit-Gužas in ihrem Kopf.
    Gott, bin ich müde, dachte Sigita. Oder ist das noch immer die Gehirnerschütterung? Die Fantasie, die sie sonst immer im Zaum hielt, sprudelte plötzlich wie Faulgas durch ihr Bewusstsein. Ihr wurde fast schlecht davon.
    »Wir haben Ihren Mann gefragt, und er ist einverstanden. Aber wir würden es begrüßen, wenn Sie vor der Kamera einen direkten Appell an die Entführer richten könnten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das auch auf Leute wirkt, die sonst nie die Polizei kontaktieren. Besonders, wenn es um Kinder geht.«
    Sie strich sich mit der gesunden Hand über das Gesicht. Sie war erschöpft, hatte den ganzen Tag zu wenig getrunken und kaum etwas gegessen. An ihre konstanten Kopfschmerzen hatte sie sich schon fast gewöhnt.
    »Ich weiß nicht … nützt das wirklich etwas?«
    »Ich würde Ihnen diesen Schritt nicht vorschlagen, wenn es irgendeine Form von Kontakt mit den Entführern gegeben hätte, wenn es eine Verhandlungsgrundlage gäbe. Unter solchen Umständen würde eine Veröffentlichung nur den Druck auf die Entführer erhöhen und das Leben des Kindes gefährden. Aber es hat doch keinen Kontakt gegeben, nicht wahr?«
    Er stellt mich auf die Probe, dachte Sigita. Er traut mir noch immer nicht.
    »Nein«, sagte sie. »Aber wenn das für Mikas gefährlich ist, will ich es nicht machen.«
    »Natürlich muss man abwägen«, wiederholte er. »Ich will nicht behaupten, dass es ungefährlich ist, aber unserer Meinung nach ist das im Moment die beste Chance, Mikas zu finden.«

    Sigita hörte ihren eigenen Puls. Wie sollte man eine solche Entscheidung treffen, wenn man sich in seinem eigenen Kopf nicht mehr zu Hause fühlte?
    »Wir können den Aufruf auch ohne Ihr Mitwirken ausstrahlen«, meinte er schließlich, als ihm ihr Schweigen zu lang wurde.
    War das eine Drohung? Sie wurde wütend.
    »Nein«, sagte sie. »Das erlaube ich nicht. Und wenn Sie es trotzdem tun, dann …« Sie wusste nicht, wie sie fortfahren sollte. Womit sollte sie ihm drohen? Er hielt alle Trümpfe in der Hand.
    Sie hörte ein Seufzen am anderen Ende der Leitung.
    »Frau Ramoškienė, nicht ich bin ihr Feind«, sagte er.
    Die Wut ließ nach.
    »Nein«, sagte sie. »Das weiß ich.«
    Doch nachdem sie aufgelegt hatte, begann sie dennoch zu spekulieren. Was war für einen jungen, ambitionierten Kriminalkommissar wie Gužas das Wichtigste? Die Verbrecher festzunehmen oder die Opfer zu retten?
    Der Stoff der Bluse klebte ihr am Rücken, und sie beschloss, eine Plastiktüte um ihren Gipsarm zu wickeln und rasch ein Bad zu nehmen. Es war nicht leicht, sich mit nur einer Hand die Haare zu waschen. Sie spritzte sich das Shampoo direkt auf die Haare, statt es in der Hand zu dosieren, und es gelang ihr nach der Wäsche auch nicht, sich den üblichen Turban zu wickeln.
    Später schaltete sie nervös die Abendnachrichten ein. Entgegen Gužas’ Ankündigung kam nichts über den dreijährigen Mikas Ramoška. Natürlich keimten Zweifel in ihr auf. Hätte sie es trotzdem tun sollen? Gab es dort draußen vielleicht jemand, der ihren Jungen gesehen hatte? Jemand, der helfen konnte?
    Als das Telefon klingelte, griff sie so hastig

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