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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Blumenbottichen abgesperrten Zonen. Er setzte aggressiv zurück und versuchte, zu der großen Straße zurückzukommen, aber es war hoffnungslos. Drei, vier Einbahnstraßen später musste er sich geschlagen geben.
    »Scheiße!«
    Er hämmerte mit beiden Händen auf das Lenkrad und machte eine Vollbremsung. Schnappte nach Luft und kämpfte gegen die aufsteigende Wut an.
    »Sie hatte den Jungen dabei«, sagte Barbara plötzlich.

    »Wie bitte?« Jučas sah sie eindringlich an. »Bist du sicher?«
    »Ja. Er saß hinten. Ich habe seine Haare gesehen.«
    Er hätte zwar lieber das Geld gehabt. Aber der Junge war eindeutig besser als nichts.
    »Du hast gesagt, dass sie ihn adoptieren wollen«, sagte Barbara.
    »Was? Ja. Das wollen sie ja auch.«
    »Und wieso sitzt er dann in dem Auto? Ich dachte, sie hätten ihn abgeholt?«
    »Das hab ich auch gedacht. Aber dann ist uns Nina Borg in die Quere gekommen.«
    »Wieso sollte er nichts anhaben?«, fragte sie. »Auf dem Foto?«
    Er füllte den Mund mit Luft und stieß sie langsam wieder aus. Ganz ruhig.
    »Weil er dann nicht so leicht aufzuspüren ist«, antwortete er. »Und jetzt halt den Mund. Es wird nur schlimmer, wenn du so viel fragst.«
    Er hasste die Art, wie sie ihn ansah. Als würde sie ihm nicht mehr trauen.
    »Verdammt«, zischte er. »Ich bin keins von diesen perversen Schweinen. Falls du das glaubst …«
    »Nein«, sagte sie eilig. »Das glaube ich nicht.«
    »Gut. Das bin ich nämlich nicht.«
     
    Er fuhr planlos herum, aber der Fiat war und blieb verschwunden. Am Ende fuhr er zurück und parkte in der Nähe ihres Hauses.
    »Bleib im Wagen«, sagte er. »Sie wird schon irgendwann zurückkommen. Ruf mich an, wenn die Polizei weg ist oder wenn du sie und den Jungen siehst.«
    »Wo willst du hin?«, fragte sie und sah ihn wieder an, diesmal mit einem anderen Blick. Er lächelte. Das war okay. Sie
brauchte ihn noch immer und wollte von ihm beschützt werden, und genau das hatte er vor.
    »Ich muss nur ein paar Sachen regeln«, sagte er. »Es wird nicht lange dauern.«

     
    Es war 7.07 Uhr, und das Schwimmbad Frederiksberg hatte seit exakt sieben Minuten geöffnet. Nina lieh sich an der Kasse zwei Badetücher und ging mit dem Jungen über die breite braune Treppe in den Damen-Umkleideraum.
    Drei Frauen standen mit dem Rücken zu ihr zwischen den Schließfächern und falteten schweigend ihre Kleider zusammen. Eine war jung, die anderen beiden mittleren Alters, sahen aber gut trainiert aus. Keine von ihnen beachtete Nina und den Jungen, der fröstelnd auf den nackten Fliesen stand.
    Nina ging mit ihm auf die Toilette, wo er gehorsam pinkelte. Er stand mit vorgeschobenem Unterleib und hinter dem Nacken verschränkten Händen vor der Toilette. Anton hatte das auch immer so gemacht, erinnerte Nina sich.
    Bestimmt, weil er glaubte, so die Hände nicht waschen zu müssen. Vielleicht war diese Logik bei kleinen Jungen universell, dachte sie und musste lächeln.
    Als sie wieder in die Umkleide kamen, waren die drei Frauen schon im Schwimmbad verschwunden. Nina zog sich mit müden Bewegungen aus. Ihr Körper und ihre Gelenke waren noch immer steif wie nach einer gerade überstandenen Grippe, und sie ließ sich viel Zeit. Sie hatten es nicht eilig. Im Duschraum setzte sie den Jungen auf die kleine, an die Wand geschraubte Holzbank, drehte das Wasser an und ließ sich den warmen Strahl auf Brust und Bauch prasseln.
    Sie hatte in der letzten Zeit nicht genug gegessen. Ihre unter der Haut hervortretenden Rippen zeigten ihr das deutlich.
Sie war immer dünn gewesen, zu dünn, doch nach der Geburt der Kinder schien einfach nichts mehr bei ihr anzusetzen, was sie auch aß. Ihr Gesicht war schmal und markant geworden, und sie hatte die sanften Formen an Schultern und Hüften verloren, die früher trotz allem so kennzeichnend für sie gewesen waren. Und wenn sie dann noch zu essen vergaß … In der Regel geschah das, wenn sie zu viel zu tun hatte, oder wenn Morten nach Esbjerg fuhr, um von dort auf eine der Bohrinseln gebracht zu werden. Sie verlor dann ganz einfach den Appetit.
    »Später gehen wir etwas essen«, sagte sie und drehte sich zu dem Jungen um. »Ein großes englisches Frühstück, einverstanden?«
    Der Junge antwortete nicht. Er saß mit baumelnden Beinen da und sah sie mit großen, neugierigen Augen an. Nina wandte sich wieder ab und begann sich mit der Flüssigseife aus dem Spender an der Wand einzuseifen, die süß duftete und den grauen Duschraum mit einem beinahe

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