Die Mädchen (German Edition)
nach.
„Ich glaube, wir sind da“, sagte
Funke schließlich und lenkte seinen Wagen auf den Parkplatz vor einem
quadratisch aussehenden Gebäude mit bestimmt sechs Stockwerken. Der Parkplatz
war gekennzeichnet mit einem Schild Nur für Mitarbeiter , aber das
interessierte ihn wenig. Er killte den Motor und sie stiegen beide aus.
„Tolle Ecke“, meinte Behrend
anerkennend. Und es stimmte. Das Gebäude lag direkt an der Elbe und wenn man
ein Büro auf der Wasserseite hatte, musste das ein herrlicher Blick sein.
„Aber die Fahrt jeden Tag von
Lübeck hier raus muss die Hölle sein.“
Sie betraten das Gebäude und
meldeten sich am Empfang. Die junge Dame, die dort ihren Dienst verrichtete,
war sichtlich eingeschüchtert, als Funke ihr seinen Ausweis vor die Nase hielt.
„Wir hätten gern mit Herrn Karsten
Waldow gesprochen.“
Sie hing sofort am
Telefon. „Ja, Neuss hier. Hallo, Frau Kreuschner, hier sind zwei Herren von der
Mordkommission, die gern mit Herrn Waldow sprechen möchten.“
Sie hörte der Dame am anderen Ende
zu. „In Ordnung“, sagte sie dann und legte auf. „Sie fahren mit dem Fahrstuhl
dort vorne in den fünften Stock, gehen nach links durch die erste Tür und das
Büro von Herrn Waldow finden Sie dann auf der rechten Seite.“
Sie bedankten sich bei dem Mädchen
und gingen zum Lift. „Um was wollen wir wetten, dass Waldow auf die Elbe
blicken kann?“
Funke nickte Behrend zu. „Die Wette
hättest du gewonnen.“
Die Fahrt dauerte keine Minute,
wohl auch, weil sie die einzigen Fahrgäste waren und niemand zustieg. Sie
fanden das Büro leicht und Funke klopfte an. Eine hochgewachsene Frau kam ihnen
entgegen, nachdem sie ohne auf ein Herein zu warten, eingetreten waren. Sie war
schlank, um die Vierzig und hatte halblanges, dunkles Haar, das ihr auf die
Schultern fiel. Sie lächelte sie an und zeigte große Zähne, an denen noch etwas
roter Lippenstift klebte. Sie kam ohne Umschweife zur Sache.
„Guten Morgen, ich bin Regine
Kreuschner, Herrn Waldows Assistentin. Er erwartet Sie bereits.“
Sie führte sie in das Nachbarbüro,
in dem ein Mann an seinem Schreibtisch saß und telefonierte. Er gab Frau
Kreuschner ein Zeichen und sie ließ sie mit ihm allein. Er bedeutete ihnen mit
der Hand, dass sie noch einen Augenblick Geduld haben sollten und sprach in
seinen Hörer. Funke hörte nicht hin und versuchte statt dessen, sich ein Bild
von diesem Mann und seinem Umfeld zu machen. Das Büro war groß, bestimmt
dreißig Quadratmeter, und hatte zwei riesige Glasfronten, also war es ein Eckbüro.
Von seinem Schreibtisch konnte er auf die Elbe sehen. Der Schreibtisch ging
ebenfalls über Eck und war aus dunklem Holz. Die technische Ausstattung war mit
Sicherheit auf dem neuesten Stand, allein der enorme Flachbildschirm musste ein
Vermögen gekostet haben. An der Seite, ebenfalls am Fenster, hatte das Büro
eine kleine Sitzecke für Besucher mit einem runden Glastisch und Metallstühlen
mit Rattanlehnen. Alles in allem war es ein Büro, dessen Bewohner Wert darauf
legte, bei seinen Besuchern Eindruck zu schinden. Mit diesem Bild unterzog
Funke Herrn Waldow einer eingehenden Prüfung und kam zu dem Schluss, dass es
stimmig war. Aus jeder Pore strömte hervor, dass er erfolgreich war. Er trug
seine dunklen Haare über der breiten Stirn extrem kurz, wahrscheinlich mit dem
Rasierapparat geschnitten, wohl um zu verbergen, dass sie ihm allmählich
ausgingen. Er war glatt rasiert, hatte eine schmale Nase und kleine Augen, die
unter dichten dunklen Augenbrauen hervorblickten. Er war nicht gut aussehend,
machte aber das Beste daraus, dass es nicht auffiel. Sein Anzug war von Gucci
oder von Armani, jedenfalls unverkennbar ein teures Markenprodukt, und saß wie
angegossen an seinem schlanken Körper.
„Tut mir leid, dass ich Sie einen
Moment warten lassen musste“, sagte er mit fester Stimme, die sich sicher gut
bei Verhandlungen machte. „Aber Sie wissen ja, wie das heutzutage ist. Wenn man
nicht ständig erreichbar ist, schnappt Ihnen irgendein Mitbewerber den Auftrag
vor der Nase weg.“
Er war nach seinem Telefonat
aufgestanden und hatte das Sakko zugeknöpft, bevor er ihnen zur Begrüßung die
Hand gab. Er war kleiner, als Funke gedacht hatte, vielleicht sogar kleiner als
er. Almut Keller musste ihn jedenfalls um ein paar Zentimeter überragen.
„Ist schon in Ordnung“, sagte Funke
mit geheucheltem Verständnis. Er hatte hier einen erfolgreichen Geschäftsmann
vor sich, der genau wusste,
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