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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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das hatte sie
erwartet, aber sie war ja selbst schuld, warum musste sie auch fragen? Lange
sollte sie das mit ihm nicht mehr durchziehen, Aufmerksamkeit hin oder her,
sonst verwickelte er sie womöglich noch in seine Machenschaften. Und da er bald
einundzwanzig wurde, konnte er dann auch nicht mehr auf milde Strafen hoffen.
Und so cool er auch war, ein Freund im Knast war nicht etwas, womit sie bei
ihren Freundinnen punkten konnte.
     
    Almut Keller schwebte auf Wolke
sieben. Mein Gott, es ging doch nichts über einen Fick, nachdem man ein gutes
Geschäft abgeschlossen hatte. Ihr zitterten immer noch die Knie, obwohl der Sex
schon über eine Stunde her war. Dass Sex für sie so wichtig war, war ihr früher
nie bewusst gewesen, aber wie sollte es auch? Marius hatte sich im Bett ja
nicht gerade überrissen, wie ihr jetzt klar war. Wahrscheinlich konnte er nicht
damit umgehen, dass sie eine so starke Frau war und ihm geistig mindestens
ebenbürtig. Sie war sicher, dass er es der dummen, wasserstoffblonden Pute, die
er jetzt zu Hause hatte, ordentlich besorgen konnte. Sie stellte ja auch keine
Gefahr für ihn dar, war sie doch mit Sicherheit keine intellektuelle
Herausforderung, vor ihr konnte er als der große Macker dastehen. Es war
eigentlich unglaublich, dass sie sich trotz toter Hose im Bett immer noch so
verbunden mit ihm gefühlt hatte, dass sie erst zwei Jahre nach der Scheidung bereit
gewesen war, sich auf ihren jetzigen Boss einzulassen. Karsten hatte ihr gezeigt,
dass es auch anders ging und wenn sie jetzt daran dachte, wie viel wertvolle
Zeit sie verschenkt hatte, hätte sie sich selbst schütteln mögen.  
    Sie näherte sich ihrem Haus und
hielt in einer Nebenstraße noch einmal an, um ihr Aussehen im Spiegel zu
checken. Ihre Kinder mussten ja nicht merken, dass sie nicht direkt von der
Arbeit sondern aus einem Hotelzimmer kam. Mit einem Blick auf die Uhr hatte sie
nur in Windeseile ihre Sachen geschnappt, sich in sie hineingeworfen und hatte
ihn zurückgelassen. Während sie also jetzt noch schnell ihre Frisur
zurechtzupfte, dem Himmel sei Dank für ihren neuen Kurzhaarschnitt, dachte sie
mit Wonne an die letzten Stunden zurück. Das war jetzt schon der dritte Abend
hintereinander und sie freute sich schon auf das nächste Mal. Mein Gott, sie
war wirklich unersättlich, wie er im Spaß vorhin zu ihr gesagt hatte. Ein
letzter Kontrollblick und los.
    Als sie ihr Haus erreichte,
wunderte sie sich darüber, dass alles dunkel war. Lagen ihre Töchter beide um
zehn Uhr schon im Bett? Sie fuhr vor ihre Garage und betätigte die
Fernbedienung für die Tür, die sie immer in ihrem Golf hatte. Eine halbe Minute
später sieg sie aus dem Wagen,   nahm
ihre Aktentasche vom Rücksitz und verschloss den Wagen mit einem Druck auf die
Zentralverriegelungstaste auf ihrem Schlüssel. Dann ging sie durch die
Verbindungstür in den Haushaltsraum, in dem sie der volle Wäschekorb neben der
Waschmaschine daran erinnerte, dass sie noch einiges zu erledigen hatte. Mann,
konnte Birthe sich nicht vielleicht auch um die Wäsche kümmern?
    In der Diele fiel ihr erster Blick
auf die Garderobe und sie spürte, wie eine leichte Unruhe sie befiel, als sie
weder Judiths noch Sinas Jacke dort hängen sah. Sie ließ ihre Aktentasche auf
den Boden fallen und lief nach oben, um in die Zimmer ihrer Töchter zu sehen.
Und jetzt wurde sie wirklich nervös. Beide waren nicht da. Fieberhaft begann
sie nachzudenken. Hatte Birthe etwas gesagt, dass sie mit ihnen was unternehmen
wollte? Sie rannte die Treppe hinunter, schnappte sich das Telefon, rief das
Verzeichnis auf und drückte den Namen ihrer Schwester.
    Nach dem dritten Klingeln, das
Almut vorkam wie das neunte, wurde abgenommen. „Retzlaff.“
    „Hallo Ole, ich bin’s, Almut. Ist
Birthe da?“
    „Einen Moment.“ Er hatte die Hand
über der Muschel, aber sie konnte trotzdem hören, was er zu Birthe sagte.
„Deine Schwester. Musst du jetzt Tag und Nacht zur Stelle sein?“
    Was ihre Schwester erwiderte, war
nicht auszumachen. Einen Moment später war sie am Apparat und ihre Stimme klang
deutlich genervt.
    „Was gibt es?“
    „Sind die Mädchen bei dir?“
    „Nein, wieso fragst du?“
    „Na, weil sie nicht zu Hause sind.“
    „Aber es ist nach zehn.“
    „Deshalb ruf ich an.“
    „Sag mal, bist du jetzt erst nach
Hause gekommen?“
    Der vorwurfsvolle Ton passte Almut
gar nicht, zumal er, wie sie genau wusste, berechtigt war und dadurch an ihr
schlechtes Gewissen appellierte. Es

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