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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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wenige Wissen, das er bisher gesammelt hatte. Aber das Wichtigste war der Plan: Reverse Engineering. Er würde das Gerät auseinanderbauen und herausfinden, wie es funktionierte. Wenn er auf Schwierigkeiten stieß, würde er eine der Kapazitäten auf dem Gebiet der Quantenkosmologie fragen, bis er selbst zu einer solchen Kapazität geworden war. Bis alle Rätsel gelöst waren.
    Und sobald er die Geheimnisse des Universums entschlüsselt hatte, würde er in seine Heimat zurückkehren, Prime eine ordentliche Abreibung verpassen und sich endlich zurückholen, was ihm gehörte.
    Er schloss das Scheunentor und lächelte dabei.

ZWEITER TEIL

15
    Prime erstickte – und wachte auf. Casey hatte ihn in die Seite gestoßen.
    »Du bist dran«, murmelte sie.
    Erst dachte Prime, sie habe im Schlaf gesprochen. Er rollte sich nach rechts und wickelte sich fester in die Decke ein. Das Bett, das sie aus zweiter Hand gekauft hatten, knarrte geräuschvoll, aber er ließ sich nicht stören.
    Dann hörte er Abby schreien.
    »Scheiße«, fauchte er und stützte sich auf die Ellbogen.
    Der Radiowecker zeigte 2:17 an. In drei Stunden musste er aufstehen und zur Arbeit in die Fabrik fahren. Warum konnte Casey das Baby nicht selbst füttern? Wer brachte denn das Geld nach Hause? Sie hatte doch nichts weiter zu tun, als den ganzen Tag mit Abby rumzusitzen!
    Die Schreie gingen in ein durchdringendes Kreischen über.
    Wenn er nicht sofort etwas dagegen unternahm, würden sich die Williams von oben morgen beim Vermieter beschweren. Er setzte sich auf den Bettrand, rieb sich die Augen und zog sich ein Paar Shorts über. Vielleicht hätte er einfach wieder dazu übergehen sollen, einen Schlafanzug zu tragen. Casey und er hatten es schon länger nicht mehr getan.
    Prime stolperte zur Kochnische hinüber und öffnete den Kühlschrank. Das grelle Licht tat ihm in den Augen weh. Halb blind tastete er nach der vollsten Flasche Muttermilchersatz und stellte sie für eine halbe Minute in die Mikrowelle.
Als er schließlich an Abbys Bettchen ankam, war sie knallrot angelaufen und dermaßen außer sich, dass sie fast lautlos schrie.
    Kaum hatte er seine Tochter an die Schulter gehoben, war Primes Wut verraucht, seine Frustration verflogen. Einen Augenblick lang kreischte Abby weiter und wand sich hin und her, als wollte sie seinen Armen entkommen, doch dann beruhigte sie sich und schluchzte nur noch gedämpft vor sich hin. Prime erinnerte sich noch gut daran, wie geschockt die Hebammen gewesen waren, als er verlangt hatte, bei der Geburt dabei zu sein. Das war einer der zahlreichen kleinen Unterschiede zwischen seinem Heimatuniversum und diesem hier. Aber er hatte darauf bestanden, und am Ende war Casey froh gewesen, ihn an ihrer Seite zu haben. Als dann das fleckige, purpurrote Bündel namens Abby in ihren Armen lag, hatte Prime es mit gemischten Gefühlen betrachtet: Stolz und Angst, Freude und Frust. War dieses Baby nicht nur ein weiterer Mühlstein, den er sich wider Willen um den Hals gehängt hatte, genau wie die Ehe, wie die Arbeit in der Fabrik?
    Die besänftigte Abby im Arm, setzte er sich auf den Schaukelstuhl, den seine Mutter dem jungen Haushalt gespendet hatte. Das sanfte Quietschen war ihm vertraut. Mit halbgeschlossenen Augen suchte Abby nach dem Plastiknippel des Fläschchens, fand ihn endlich und schlürfte gierig.
    Hätte Prime das Gerät jetzt noch benutzt, wenn er gekonnt hätte? Unzählige Male hatte es ihm als Ausweg gedient, als letzte Absicherung. Dabei hatte er schon öfter fest vorgehabt, sich niederzulassen, und sich geschworen, das Gerät nie wieder zu verwenden. Wie oft hatte er versucht, sich ein neues Leben aufzubauen, um dann doch abzuhauen, voller Angst und Schuldgefühle und zutiefst deprimiert.

    Diese Möglichkeit gab es jetzt nicht mehr. Aber wenn doch – hätte er sie genutzt?
    Prime zog seiner Tochter den Nippel aus dem Mund. Pfeifend sog die Flasche Luft ein.
    Hier war er sicher. Dieses eine Mal hatte er es geschafft, sich ein sicheres Zuhause einzurichten. Wie oft war er fast draufgegangen wegen des verdammten Geräts? Ja, er war dadurch sogar zum Mörder geworden! Thomas und Oscar tauchten vor seinem inneren Auge auf, so plastisch, als hätte er sie gestern erst gesehen. Dabei musste es um die 7450 herum gewesen sein, als Primes Flucht kaum begonnen hatte. Damals hatte er abhauen müssen, als die Polizei seine Tür eintrat. Er hatte sich gerade noch seinen Notfallrucksack schnappen können, bevor es höchste Zeit

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