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Die Nacht, in der er zurueckkehrte

Die Nacht, in der er zurueckkehrte

Titel: Die Nacht, in der er zurueckkehrte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raeanne Thayne
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Stimme klang so sachlich, das Easton an seinen menschlichen Fähigkeiten zweifelte. Am liebsten hätte sie ihm einen Tritt verpasst oder ihn angeschrien. Und dann mit Belle gemeinsam laut geweint, bis niemand mehr was anderes hörte.
    „Wie lange bleiben Sie denn noch hier?“, fragte Sharon.
    Cisco warf einen kurzen Blick auf Easton, bevor er antwortete: „Nicht lange. Genau kann ich das nicht sagen, aber ich muss bald wieder nach Südamerika zurück.“
    Easton ballte die Hände so fest zusammen, dass ihr die Fingernägel ins Fleisch schnitten. Sie hielt das nicht mehr länger aus.
    Belle schrie nun aus Leibeskräften. Ciscos Wangenknochen mahlten, doch er tat nichts, um sie zu trösten. Stattdessen trat er beiseite, um ihrer Tante Platz zu machen.
    Sharon beugte sich zu dem Kind. „Ganz ruhig, meine Kleine. Alles wird gut.“
    Sie war eine aufrichtige Frau, bodenständig und warmherzig. Damit musste Easton sich trösten.
    „Holly, gibst du deiner Cousine ein Spielzeug?“, fragte Sharon ihre Tochter. Dann wandte sie sich mit einem entschuldigenden Blick an Cisco und Easton. „Wir kommen schon zurecht, machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin sicher, dass sie gleich einschlafen wird.“
    „Ja, das glaube ich auch, im Auto schläft sie immer sofort ein“, stimmte Cisco zu.
    Sharon schob die Tür des Kleinbusses zu, und einen Moment lang standen die drei Erwachsenen unschlüssig beisammen.
    „Gut, dann fahre ich jetzt mal los“, sagte Sharon schließlich. „Ich rufe Sie an, falls es Probleme gibt.“
    „Viel Glück“, sagte Cisco.
    Er ging um den Wagen herum und öffnete ihr die Tür. Sie kletterte auf den Fahrersitz und ließ den Motor an, dann fuhr sie, mit einer Hand aus dem Fenster winkend, die Einfahrt hinunter.
    Wie gelähmt stand Easton da und sah dem Kleinbus nach, der über den langen, gewundenen Weg Richtung Hauptstraße fuhr. Bilder von früher kamen ihr in den Sinn, von Krankenschwestern, die ihr ein lebloses, in Decken gewickeltes Bündel abnahmen und eine schreckliche Leere hinterließen.
    Sie konnte nicht mit Cisco ins Farmhaus zurückgehen. Was sollte sie ihm antworten, wenn er sich wunderte, wieso der Abschied von Belle ihr so zu schaffen machte?
    „Bitte entschuldige, ich muss wieder zu den Männern und nachsehen, wie der Wasserstand ist.“
    „East …“
    Bevor er weiterreden konnte, war sie schon in den Stall gelaufen. In Windeseile sattelte sie Lucky Star und hatte schon den Fuß im Steigbügel, als Cisco in der Stalltür erschien.
    „Ist alles okay?“
    „Ja, sicher. Geh mir aus dem Weg.“
    Meine Stimme hat kaum gezittert, stellte sie zufrieden fest, als sie sich in den Sattel schwang.
    „Willst du darüber reden?“
    Sie lenkte das Pferd zur Stalltür, wo er stand. „Nein, ich will, dass du mir aus dem Weg gehst, sonst reite ich dich über den Haufen.“
    Sie gab Lucky Star die Sporen, und er konnte nur zur Seite springen. Draußen spornte sie ihr Pferd zum Galopp an und pfiff nach Jack, ihrem Begleithund.
    Sie wusste, wohin sie wollte, und sie konnte sich darauf verlassen, dass Lucky Star sie schnell dorthin brachte. Und der Wind würde ihre Tränen trocknen.
    Was war denn das gewesen?
    Cisco starrte Easton entgeistert hinterher, als sie mit ihrem Grauschimmel den Hügel hinaufgaloppierte, gefolgt von ihrem Border Collie. In seine Verwirrung mischte sich Besorgnis. Selbst nach Jos Tod hatte er sie nicht mehr so verzweifelt gesehen. Sie wirkte vollkommen aufgewühlt, als wäre etwas in ihrem Innern in tausend Stücke zersplittert.
    Wie war eine derart heftige Reaktion möglich, wo sie doch vor ein paar Tagen noch gar nichts von der Existenz des Babys gewusst hatte? Er begriff nichts mehr. Seit er mit Belle auf der Ranch angekommen war, hatte er sich schon häufiger über die Traurigkeit gewundert, die immer wieder in ihren Augen aufflackerte, wenn sie das Baby ansah.
    Nachdem Easton mit ihrem Pferd im Wald verschwunden war, beruhigte er sich damit, dass sie vielleicht nur etwas Zeit brauchte, um ihre Gefühle wieder in den Griff zu bekommen.
    Er sollte besser ins Haus gehen und seine Sachen packen. Niemand hielt ihn davon ab, gleich loszufahren, um einer unangenehmen Abschiedsszene aus dem Weg zu gehen.
    Doch er konnte nicht. Der Gedanke, Easton mit ihrer Traurigkeit allein zu lassen, war ihm unerträglich.
    Für einen Nachmittag Ende Mai schien die Sonne bereits sehr kräftig. Einer plötzlichen Regung folgend, eilte er ins Haus und packte rasch ein kleines Picknick zusammen.

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