Die Nächte der Aphrodite
ihm, sie festzuhalten. Im Raum war es totenstill. Wie in einem Mausoleum.
Er hatte sich verboten, die Tage zu zählen, die seit Elaines Aufbruch vergangen waren. Das hieße, ihr eine Bedeutung zu geben, die sie nicht verdiente. Er kam bestens ohne sie zurecht.
Dass sich die Abende endlos dehnten, war ohne Belang. Ebenso wie die Tatsache, dass seine Mahlzeiten wieder aus Brot, Käse und Schinken bestanden. Dass sich seine Nächte kalt und klamm anfühlten, gleichgültig, wie viel Wein er in sich hineinschüttete.
Er vermisste sie nicht. Warum auch. Er war die meiste Zeit seines Lebens ohne sie zurechtgekommen, und das würde er auch in Zukunft tun. Die paar Wochen, die sie mit ihm auf La Mimosa verbracht hatte, waren nichts als ein Staubkörnchen, das man im Handumdrehen wegwischen konnte.
Dass er sich morgens nach der behaglich duftenden Küche sehnte, hatte nichts mit Elaine zu tun. Überhaupt nichts. Es war nur bequem gewesen, morgens an einem hübsch gedeckten Tisch zu sitzen und in warmes Gebäck zu beißen.
Wenn er die Augen schloss, dann konnte er den Duft nach frischgebackenen Brioches riechen. Wenn er die Augen schloss, dann konnte er Elaines Lachen hören. Aber das Lachen verebbte und verwandelte sich in hasserfüllte Worte. Ich wusste, dass du ein Lügner bist, und jetzt weiß ich, dass du auch ein Feigling bist, Troy de Rossac. Du bist so jämmerlich, so erbärmlich.
Das Schlimmste war, dass sie recht hatte. Es gab keine Entschuldigung für sein Handeln, und er wusste es. Aber wenn dieser verdammte Mariasse nicht gewesen wäre, hätte er vielleicht die Chance gehabt, mit Elaine zu reden und ihr Weggehen zu verhindern.
Nicht, dass es wichtig gewesen wäre, dass sie bei ihm blieb. Aber sie in den Fängen des Herzogs zu wissen, dieses nichtsnutzigen, arroganten, gepuderten Laffen, das setzte ihm zu. Er hatte nie verstanden, wie sich Tris mit diesem Mann hatte anfreunden können. Schon, als er dem Herzog das erste Mal begegnet war, hatte er eine unerklärliche Abneigung empfunden, die sich im Lauf der Zeit verstärkte.
Natürlich dankte er es Henri, dass er Tris bei seiner Flucht finanziell unterstützt hatte. Doch als er dann anfing, ihm regelmäßige Besuche abzustatten, deren einziger Zweck es war, zu überprüfen, ob er sich auch wirklich um La Mimosa kümmerte, wurde aus der Abneigung tiefer Hass.
Er hatte keine Ahnung, was der Herzog Elaine alles antun konnte, aber er malte sich die wüstesten Bilder aus. Ein Mann wie Mariasse bot seine Hilfe nicht ohne Berechnung an. Auch wenn er selbst kein Interesse an Frauen hatte, konnte er sie doch an seine zahlreichen Freunde weitergeben, im Austausch für andere Gefälligkeiten.
Bei dem Gedanken, dass sie einer der geifernden, in Samt und Seide gekleideten Kerle anfasste, stieg Troy die Galle auf. Dennoch sah er genau dieses Bild immer wieder vor sich. Er hatte nie verstanden, warum sie ihr Gesicht immer verstecken wollte. Völlig unnötig, sie war eine reizvolle Frau und ihr Körper ein Fest, ein Geschenk, das sie mit ihm geteilt hatte. Das war ihm immer bewusst gewesen. Während zwischen ihm und Ghislaine stets eine hauchdünne Glaswand gestanden hatte, war Elaine in ihrer Hingabe vollkommen gewesen. Sie hatte ihn geliebt. Wirklich geliebt. Aber er war in einen Traum vernarrt gewesen, dem er diese Liebe geopfert hatte.
Er nahm wieder einen Schluck aus der Flasche. Und irgendwo lachten sich boshafte Schicksalsgötter halbtot, denn plötzlich konnte er sich Maries Gesicht nicht mehr in Erinnerung rufen. Immer wenn er es versuchte, sahen ihn blassgrüne Augen durch silberblonde Haarsträhnen vorwurfsvoll an.
Das Kammerkonzert wurde von den Gästen mit gelangweiltem Wohlwollen ertragen. Sobald es zu Ende war, zerstreuten sie sich in alle Himmelsrichtungen, um sich entweder in die privaten Gemächer zurückzuziehen oder die milde Nacht im Park auf vielfältige Art zu genießen.
Béatrice schlenderte auf Henri zu. »Ihr wisst, dass morgen mein letzter Abend auf Belletoile ist?«
»Wie könnte ich das vergessen, verehrte Béatrice.« Er verbeugte sich spielerisch. »Habt Ihr Elaine in allem unterwiesen?«
»Ja, sie weiß Bescheid, zumindest in der Theorie. Ob sie es umsetzen kann, wird die Zukunft zeigen.«
Sie sahen beide zu Elaine, die sich mit einem Paar unterhielt. Neben ihr stand Vincent.
Béatrice öffnete ihren Fächer. »Sie scheint eine Schwäche für Vincent zu entwickeln.«
»Sie hat eine Schwäche für alles, was in ihren Augen Schutz
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