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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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hörig gewesen, sondern auch abhängig von ihrer Anerkennung, ihrer Willenskraft. Ihretwegen war er zwei Jahre lang nicht nach Svanvall gefahren. Weil er Silkes Spott fürchtete. Weiß der Himmel, sie hielt nichts von den Henderson-Traditionen.
    Ich will einen Sohn, hatte er einmal gesagt, mindestens einen, und der erste wird Henrik heißen.
    Selbst wenn wir einmal ein Kind haben, antworte-119
    te sie, wird es kein Henderson. Wenn…
    Willst du kein Kind haben?
    Weiß ich noch nicht. Vielleicht mit Achtzig? Oder mit Hundert?
    Wir Aounis werden uralt. Die Hendersons doch auch?
    Alt wie die Steine von Ljungholmsjö ein geflügeltes Wort auf Svanvall. Die Hendersons wurden nicht erst seit der Immunbarriere steinalt, eine genetische Besonderheit wie die Tatsache, daß sie keine Mädchen bekommen konnten. Alt wie die Steine von Ljungholmsjö er würde keinen Sohn zu den Stein-zeithöhlen führen, nicht einmal seinen dreißigsten Geburtstag erleben.
    Er holte die Cognac-Flasche, trank den Rest in be-dächtigen, winzigen Schlucken, gerade, daß er die Zunge befeuchtete, sah zu den Klängen Chopinscher Klaviermusik dem Zug der Wolken nach, warf die leere Flasche in hohem Bogen ins Wasser und schloß die Augen, erinnerte sich an die Kanufahrt auf dem Susquehanna. Zu den Quellen wollten sie paddeln, doch sie schafften keine zehn Kilometer nordwärts, immer wieder lenkte Silke das Kanu ans Ufer, dafür trieb der Fluß sie weit in Richtung Mündung, während sie im Boot schliefen. Er fragte sich, ob er nicht den Rest seiner Zeit für zwei Tage mit Silke eintau-schen würde. Nein, nicht einmal, wenn es möglich wäre.
    120
    Ein Schmatzen riß ihn aus seinen Gedanken.
    Sammy, wie er ihn getauft hatte, der größte seiner Delphine, steckte den Kopf aus dem Wasser und hielt ihm die Cognac-Flasche hin. Kristian mußte lachen. Er nahm die Flasche und warf sie erneut ins Meer, und Sammy quiekte laut, tauchte, sprang hoch in die Luft und schwamm der Flasche nach.

    3.

    Warum waren die Delphine so unruhig? Sie
    schwammen immer wieder vor den Bug, als wollten sie ihn stoppen, blieben zurück, kamen nur zögernd hinterher.
    Christian unternahm immer ausgedehntere Touren durch sein Reich, und die Delphine begleiteten ihn auf seinen Exkursionen wie eine Eskorte. Das Boot schien ihnen trotz seiner Farbe nicht fremd, aber es glich ja auch eher einem rosa Wal als einem U-Boot.
    Ole Ingar hatte Kristian diese neueste Errungenschaft der Bionik und des Schiffbaus nach der Atlantik-
    überquerung spendiert, eine geriffelte, elastische, sich peristaltisch verformende Haut, die eine enorme Steigerung der Geschwindigkeit brachte; eine kom-plizierte, rechnergesteuerte Pneumatik formte nach, was ein Wal mit dem unbewußten Spiel seiner Muskeln und Hautschichten vollbrachte. Doch er fuhr langsam, sehr langsam. Kurze Strecken mit langen 121
    Pausen, und er kontrollierte regelmäßig Blutdruck und Herzrhythmus, Muskeltonus und Hormonspie-gel, Leber- und Blutwerte… er bedauerte, daß die Antennen zerstört waren. Er hätte sich gerne von Nilsson bestätigen lassen, was die Prognose des Bordcomputers besagte: daß er mit diesen Werten noch ein paar Monate leben, den dreißigsten Geburtstag erleben konnte.
    Das Riff zog sich weit nach Westen und Südwesten hin, eine Welt für sich, eine Welt voller Wunder, deren Farbenpracht sich erst im Licht der Halogen-scheinwerfer entfaltete. Riesige Teppiche von See-anemonen und Seegurken, meterlange, schlangen-förmige, fast durchsichtige Bänder, die im Licht silbern glänzten, dichte Wolken von Quallen, Schwär-me von Fischen in allen Farben und Formen, Hunderte von Arten, und er kannte keine von ihnen; an der Wand vor ihm schwebte ein mächtiger Krake, hatten die Delphine vor ihm Angst?
    Als er um die Riffwand bog, erblickte Kristian einen dicken Strom aufsteigender Perlen, eine Fontäne, die aus dem plötzlich steil abfallenden Rifftal nach oben quoll, mindestens sechzig Meter im Durchmes-ser. Das Brodeln und Blubbern war so laut, daß Kristian das Sonar herunterschalten mußte.
    Das Spektrometer wies Kohlenwasserstoffe und Schwefelverbindungen aus. Kristian erschrak. Vielleicht war hier nicht nur eine Schicht porösen Ge-122
    steins, durch das Gase aus dem Erdinnern strömten, vielleicht stand hier ein Vulkanausbruch bevor war das die Ursache für die Unruhe der Delphine?
    Viele Tiere nahmen Anzeichen kommender Kata-
    strophen wahr.
    Dann würde das Schietmans-Riff in Sekunden un-tergehen.
    Oder sich als Berg

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