Die Rückkehr der Königin - Roman
von Anghara an ihrem Geburtstag stieg unaufgefordert in seinem Kopf auf. Verärgert presste er die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Dann nahm er schnell einen Schluck Wein und blickte starr ins Feuer. »Und du hast Recht – es war kein Mann aus Miranei, der sie erkannt hat – die Abteilung, der sie ins Netz ging, wird von einem Mann befehligt, der früher auf Cascin unter Lyme gedient hat, ehe Lyme das Herrenhaus aufgegeben hat. Dieser Mann war in Cascin, als Anghara dort auftauchte – und ihr Gesicht ist eines, das man nicht so schnell vergisst. Er hat sie erkannt. Und dann sind noch ein paar Männer aus Cascin in seiner Abteilung – ich verschwende keine Resourcen – als sie zu mir kamen, habe ich sie eingestellt. Von diesen etwas über fünfzig Männern, wussten nur etwa fünf, was sie in den Händen hatten, Fodrun. Die anderen hatten keine Ahnung, weshalb so große Eile geboten war, das Mädchen nach Miranei zu bringen.« Er grinste, ein wölfisches Grinsen. »Ich hatte Glück, dass der Hauptmann sie selbst auf dem Kai gesehen hat. Aber ... ich wusste schon immer, dass großes Potenzial in ihm steckt.«
»Auf dem Kai? Was hat sie dort gemacht?«
»Sie haben sich erkundigt – drei Schiffe hatten an diesem Tag angelegt, zwei ziemlich spät. Eines davon kam aus Kheldrin.«
»Und die anderen beiden?«
»Nichts besonderes«, erklärte Sif. »Beide haben geschworen, keine Passagiere mitgebracht zu haben. Meine Männer haben versucht, die Khelsies auszuquetschen, aber sie konnten niemanden finden, der ihrer verfluchten Sprache mächtig war.«
»Aber gewiss war doch irgendein Händler an Bord«, meinte Fodrun. »Und Händler müssen ein wenig roisinanisch sprechen können, wenn sie in Calabra Geschäfte machen wollen.«
»Mag sein.« Sif zuckte mit den Achseln. »Sie haben keinen gefunden.« Er machte eine Pause und musterte Fodrun scharf. »Du glaubst doch nicht etwa ...«
Beide dachten einen Moment lang darüber nach, aber dann schüttelte Sif den Kopf. »Niemals. Sie muss mit fast nichts aus Bresse geflohen sein. Wie konnte sie dort überleben – kein Geld, keine Möglichkeit sich verständlich zu machen? Außerdem ... die Khelsies ... nein. Es muss eins der anderen Schiffe gewesen sein.«
»Vielleicht hat sie einen Weg aus Calabra heraus gesucht und nicht hinein«, schlug Fodrun vor.
»Vielleicht«, sagte Sif, der vergessen hatte, dass ihm sein Hauptmann auch berichtet hatte, dass Anghara ihm deshalb aufgefallen war, weil sie so strahlte – die Freude über die Rückkehr.
Beide saßen eine Zeit lang schweigend, dann lachte Sif – ein trockenes, heiseres Lachen, ohne viel Freude. »Wir scheinen vom Thema abzuschweifen«, meinte er wie beiläufig. »Was sollen wir nun mit Anghara Kir Hama tun?«
Inzwischen hatte Fodrun seine Fassung wiedergefunden. »Mylord«, sagte er. »Es gibt keinen anderen Weg. Wenn Ihr nicht den Befehl gebt, sie zu töten, ist die einzige Alternative, sie im Kerker zu lassen.«
Sif unterdrückte einen Wutausbruch und rang sich ein Lächeln ab. »Ich schätze, du hast mir soeben deinen Rat erteilt«, sagte er. »Das Wintergericht ist schon lang vorbei; aber dafür brauche ich keinen zeremoniellen Anlass, oder? Es wäre doch ganz leicht, es jetzt still und unauffällig zu machen ... da ist Senenas Kind – das wird schon bald zur Welt kommen. Ich muss einen klaren Kopf haben für andere Dinge ... und der Thron muss wirklich frei von Angharas Schatten sein ... für meinen Erben.« Mit gerunzelter Stirn betrachtete er die lodernden Flammen im Kamin und sammelte seine Gedanken. Dann schüttelte er den Kopf und kippte den Rest Wein aus dem Becher hinunter. »Verlass mich jetzt«, befahl er. »Ich muss darüber nachdenken.«
»Mylord.« Fodrun stand auf und verneigte sich, ehe er den Raum verließ. Sif hatte ihn wahrscheinlich nicht mehr gehört. Der König hatte den Kopf an die hohe Lehne des Sessels gelegt und die Augen geschlossen. »Was immer ich tue ... du wartest auf mich, Anghara Kir Hama, Königin des Kerkers.« Sif sprach leise und müde in dem leeren Gemach vor sich hin. »Ich würde die Aussicht auf Glas Coil mitsamt des ewigen Lebens aufgeben, wenn ich nur die Dinge ändern könnte, sodass du nie existiert hättest ...«
In düsterer Stimmung saß er vor den Flammen, die im Kamin tanzten, und bereitete sich innerlich darauf vor, es zu Ende zu bringen. Ehe er in einen unruhigen leichten Schlaf fiel, stand sein Entschluss fest. Er würde in aller Stille den
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