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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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schade um das ganze Vieh.“ Der Arbeiter, der ihm erzählt hatte, was passiert war, hatte seine Aussage mit einem Strahl gut gezielten Tabaksaftes unterstrichen. „Ich habe gehört, dass sie von einer Krankheit dahingerafft wurden, aber ich glaube, dass es das Zeckenfieber aus Texas war. Ich weiß nicht viel über diese Mrs Jennings, außer dass sie in die Stadt gezogen ist und jetzt mit dem Vorarbeiter ihres Mannes zusammen ist. Wenigstens sagen das die Leute. Aber es ist wirklich ein gutes Stück Land da oben. Es liegt direkt am Fountain Creek. Wenn ich Geld hätte, würde ich auch dafür bieten.“
    Selbst wenn Larson sich zu erkennen gäbe und Anspruch auf das Land erheben würde, auf sein Land, hätte er kein Geld, um die Schulden zu bezahlen. Er würde es trotzdem verlieren. Und er müsste die vernichtende Demütigung, dass Kathryn ihn ablehnte, erneut verkraften.
    Er schaute gelegentlich die Straße hinab und behielt die Herrenschneiderei im Auge. Seine Gedanken purzelten wild durcheinander und er wusste nicht, wohin er sich wenden sollte. Isaiah würde ihm raten, dass er mit Gott sprechen solle. Larson versuchte, sich an Isaiahs Gebete zu erinnern, aber er konnte es nicht.
    „Sprich mit ihm, wie du mit mir sprichst“ , hatte Isaiah ihn unzählige Male mit seinem gewinnenden Lächeln aufgefordert. „Sei ehrlich. Sag ihm genau, wie es in dir aussieht. Denk einfach daran, dass er das Alpha und das Omega ist, der Erste und der Letzte. Und du nicht.“
    In diesem Moment ging eine attraktive junge Frau an ihm vorbei und sah ihn an. Ihre Augen wurden groß, dann verzog sie das Gesicht, wandte sich ab und beschleunigte ihre Schritte. Larson senkte den Blick auf den Gehweg, zog seine Strickmütze weiter nach unten und stellte seinen Kragen auf. Er rieb mit einer Hand über seinen Bart. Bevor das alles passiert war, hatten Frauen ihn anders angesehen. Ganz anders. Als ihm bewusst wurde, wie sehr er ihre Aufmerksamkeit genossen hatte, wie sehr es ihm gefallen hatte, dass sie ihn genauer angeschaut hatten, schämte er sich plötzlich. Besonders wenn er daran dachte, wie sehr er es gehasst hatte, wenn Männer Kathryn auf diese Weise angesehen hatten.
    Er schloss die Augen und beugte sich vornüber. Isaiah begann seine Gebete manchmal mit Lieber Vater , aber da Larson seinen Vater nie gekannt und eher eine abstoßende Vorstellung davon hatte, was für ein Mensch er gewesen war, blieb ihm diese Formulierung in der Kehle stecken. Gott, ich weiß nicht, warum ich hier bin. Ich weiß nicht, was ich tun soll, wohin ich gehen soll. Er brach ab. Isaiah hatte gesagt, er solle ehrlich sein. Du hast mich hierher zurückgebracht, deshalb wäre ich dir dankbar, wenn du mir sagen würdest, was du denkst und was ich als Nächstes tun soll.
    Larson wartete auf eine Antwort. Auf das leise Flüstern, das er in der letzten Nacht ganz deutlich gehört hatte. Nichts kam. Er spürte nur eine große Leere.
    Larson bemerkte, dass Kathryn die Herrenschneiderei verließ. Sie hatte etwas unter dem Arm stecken. Vielleicht eine Zeitung. Er kniff die Augen zusammen. Sie war nicht mehr allein. Matthew Taylor legte wie selbstverständlich ihre Hand auf seinen gebeugten Arm, während sie gemütlich plaudernd den Gehweg entlanggingen. Er hatte Kathryn nie so mit einem anderen Mann gesehen, und etwas in ihm zog sich zusammen. Trotz des lauten Pochens in seinen Ohren konnte er ihr Lachen hören.
    Taylor führte sie über die Straße und bis zur Tür des Restaurants. Dann lächelte Kathryn und nickte zustimmend zu dem, was er gesagt hatte. Larson entging nicht, wie sein Vorarbeiter, dem er früher vertraut hatte, zögerte und seiner Frau nachsah, wie sie hineinging und die Tür hinter sich schloss.
    Instinktiv wollte Larson nach seinem Stock greifen, stellte dann aber fest, dass er ihn nicht mitgenommen hatte. Er zählte im Geiste die Schritte, die er bräuchte, um zu dieser Tür und zu Matthew Taylor zu gelangen. Es waren höchstens dreißig, selbst bei seinen unregelmäßigen Schritten. Doch mit einem Mal schlug eine Welle der Hoffnungslosigkeit über ihm zusammen. Für jeden Grund, Taylor und Kathryn in diesem Moment zur Rede zu stellen, gab es hundert Gründe, die ihn auf der Bank, auf der er saß, festhielten. Der zwingendste Grund war das uneheliche Kind, das jetzt in dem früher unfruchtbaren Leib seiner Frau heranwuchs.
    Doch kaum hatte er diese Gedanken zu Ende gedacht, traf ihn die Erkenntnis wie ein Blitzschlag, all die vergangenen Jahre

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