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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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waren noch die Vorhänge zugezogen und schützten uns vor den neugierigen Blicken der Bediensteten, die hereinkamen, um das Feuer anzuschüren, heißes Wasser zu bringen oder das Nachtgeschirr zu leeren. Ich kroch im Bett zu ihm hin, schmiegte mich an seine warme Brust, ließ mein Haar wie einen goldenen Schleier herabfallen. Mein Mund senkte sich auf den seinen, und ich atmete tief den warmen, erotischen Duft seines Bartes ein, verstärkte den Druck auf seine Lippen und spürte mehr, als ich hörte, wie er vor Begierde stöhnte, während ich ihn so küßte.
    Ich hob den Kopf blickte ihm lächelnd in die Augen. »Da habt Ihr Euren Kuß«, flüsterte ich heiser, spürte, wie meine Lust an seiner wuchs. »Warum habt Ihr dem Künstler befohlen, mich zu zeichnen?«
    »Ich werde es Euch zeigen«, versprach er. »Nach der Messe. Dann reiten wir zum Fluß, und Ihr könnt mein neues Schiff und Euer Konterfei bewundern.«
    |120| »Ist das Schiff schon fertig?« fragte ich. Ich trennte mich nur ungern von ihm, doch er hatte schon die Bettdecke zurückgeschlagen und war bereit aufzustehen.
    »Ja. Irgendwann in der nächsten Woche können wir uns den Stapellauf ansehen«, antwortete er. Er schob den Bettvorhang ein wenig zur Seite und befahl einem Bediensteten, George zu holen. Ich warf Gewand und Umhang über. Henry reichte mir die Hand, um mir aus dem Bett zu helfen. Er küßte mich auf die Wange. »Ich frühstücke mit der Königin«, beschloß er. »Und dann reiten wir aus und schauen uns das Schiff an.«
     
    Es war ein wunderbarer Morgen. Ich trug ein neues Reitkleid aus gelbem Samt, das ich mir aus einem Ballen Stoff hatte schneidern lassen, den mir der König geschenkt hatte. Anne ritt in einem meiner alten Gewänder neben mir. Es bereitete mir wilde Freude, sie in meinen abgelegten Kleidern zu sehen. Henry Percy von Northumberland konnte seine Augen nicht von ihr losreißen. Sie flirtete jedoch mit gleicher Liebenswürdigkeit mit allen Gefährten des Königs. Wir waren bei diesem Ausritt zu neunt. Henry und ich Seite an Seite an der Spitze. Hinter mir Anne mit Percy und William Norris. George und Jane, schweigend und schlecht zueinander passend, kamen als nächste, und hinter ihnen lachten und scherzten Francis Weston und William Brereton. Vor uns waren einige Reitknechte, hinter uns vier Soldaten zu Pferd.
    Wir erreichten die Werft schneller, als mir lieb war. Henry selbst hob mich aus dem Sattel und hielt mich fest, um mir einen Kuß zu geben, ehe meine Füße den Boden berührten.
    »Mein Schatz«, flüsterte er, »ich habe eine kleine Überraschung für Euch.«
    Er drehte mich herum und trat einen Schritt zur Seite, so daß ich sein wunderschönes neues Schiff sehen konnte. Es war inzwischen beinahe seetüchtig und hatte das typische hohe Hüttendeck und den Bug eines für hohe Geschwindigkeiten ausgelegten Schlachtschiffs.
    »Seht nur ganz genau hin«, sagte Henry, als er merkte, daß ich mir nur die Linienführung, nicht aber die Einzelheiten anschaute. |121| Er deutete auf den Namen des Schiffs, der in großen, geschwungenen goldenen Lettern auf den schön verzierten Bug geschnitzt war: »Mary Boleyn«.
    Einen Augenblick lang starrte ich auf die Buchstaben meines Namens, begriff aber nichts. Er lachte nicht über mein erstauntes Gesicht, er beobachtete mich, sah, wie meine Überraschung sich zu Verwunderung wandelte und wie mir dann langsam die Erkenntnis dämmerte.
    »Ihr habt sie nach mir benannt?« fragte ich. Ich konnte hören, wie meine Stimme bebte. Es war zuviel der Ehre für mich. Ich hatte das Gefühl, zu jung und zu unbedeutend zu sein, als daß man ein Schiff, noch dazu ein solches, nach mir benennen sollte. Nun würde jedermann auf der großen weiten Welt wissen, daß ich die Mätresse des Königs war. Jetzt gab es kein Leugnen mehr.
    »Ja, mein Schatz.« Er lächelte. Er hatte erwartet, daß ich entzückt sein würde.
    Er hakte mich unter und zog mich zum Vordersteven des Schiffs. Dort blickte eine Galionsfigur mit stolzem, wunderschönem Profil über die Themse auf die See hinaus, hinüber nach Frankreich. Das war ich, den Mund ein wenig geöffnet, mit einem kleinen Lächeln, als wäre ich eine Frau, die sich nach einem solchen Abenteuer sehnt. Als wäre ich nicht eine Marionette meiner Familie, der Howards, sondern eine mutige und unabhängige Frau.
    »Ich?« fragte ich, und meine Stimme drang kaum über das Klatschen der Wellen, die gegen die Wände des Trockendocks prallten.
    Henrys Mund war

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