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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Taxis, der zur Hochzeit mit seinem Hofstaat aus Regensburg angereist war.
    «Warum musste Karl Alexander auch ausgerechnet am Ende der Welt heiraten?», plauderte die junge Dame weiter. «Ich frage mich schon die ganze Zeit, was er an dieser spröden Therese findet. Man merkt wirklich, dass sie von hier stammt. Sie ist genauso wie dieses Mecklenburg: langweilig und freudlos. Oder hast du sie schon jemals lachen sehen?»
    «Du tust ihr unrecht, Agnes», antwortete ihr Bruder. «Ich glaube, sie ist einfach überwältigt vom Glanz des Hauses Thurn und Taxis. Auch wenn ihre Familie einen großen Namen trägt – sie ist nicht vermögend und wird eine solche Pracht noch nie erlebt haben.»
    «Die Pracht scheint ihr aber keineswegs zu missfallen!»
    Die Geschwister brachen in unbeschwertes Lachen aus.
    «Dann warte ab, was sie erst zu den Feierlichkeiten auf Schloss Trugenhofen sagen wird!», fügte der junge Mann hinzu. «Dagegen ist dieses Fest hier nur ein Vorgeplänkel!»
    Neugierig erhob Paulina sich und trat ans Fenster, das sie wegen des warmen Wetters weit geöffnet hatte. Tief einatmend lehnte sie sich hinaus und blickte auf den weitläufigen Park der herzoglichen Residenz.
    «Haben Sie auch die Gunst der Stunde genutzt, um sich ein wenig auszuruhen?», ertönte neben ihr die helle Stimme mit der eigenartig klingenden Mundart.
    Paulina wandte den Kopf zur Seite.
    Aus dem benachbarten Fenster sah ihr das elfenhaft hübsche Gesicht einer jungen Frau entgegen. Hinter ihr lehnte ein gutaussehender Jüngling an der Leibung, das Bein lässig auf den Sims gelegt. Seine Augen blitzten schalkhaft.
    «Wir haben Sie doch nicht geweckt, Mademoiselle?», fragte er, ohne dass er diese Möglichkeit ernsthaft zu bedauern schien.
    «Ganz und gar nicht», antwortete Paulina süßlich. «Und wenn schon – hätte ich weitergeschlafen, wären mir einige interessante Einblicke in die Denkart der Menschen entgangen, deren Heimat ich bald mein Zuhause nennen darf.»
    Die beiden Geschwister tauschten einen kurzen Blick.
    «Und welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen, Mademoiselle?», fragte der junge Mann.
    «Nun, ich bin jedenfalls nicht halb so versessen darauf wie Sie, in diese im wahrsten Sinne des Wortes hinterwäldlerische Provinz zu reisen, in der die Thurn und Taxis residieren.»
    Der Jüngling pfiff durch die Zähne. «Hast du nicht eben gesagt, Schwesterchen, die Leute aus Mecklenburg seien langweilig? Das kann man von dieser jungen Dame hier wahrlich nicht behaupten. Gehören Sie zum Hofstaat der Prinzessin, Mademoiselle?»
    «Ich bin eine enge Vertraute Ihrer Hoheit», antwortete Paulina.
    «Dann können Sie uns vielleicht etwas über Prinzessin Therese verraten», bat die Regensburgerin. «Warum hat sie wohl in dem erhebenden Moment, als ihr Vater sie zum Altar führte, so bitterernst dreingeschaut?»
    Weil am Altar nicht ihr Märchenprinz auf sie gewartet hat, dachte Paulina. Die Worte ihrer Zimmernachbarin erinnerten sie plötzlich daran, dass die zahllosen Verpflichtungen dieser Hochzeit gerade erst begonnen hatten.
    «Ich muss mich leider verabschieden», sagte sie zu den beiden jungen Leuten. «Vielleicht können wir unsere nette kleine Plauderei ein anderes Mal fortsetzen. Man erwartet mich beim Empfang der mecklenburgischen Edelleute, die dem Brautpaar ihre Glückwünsche zur Hochzeit überbringen. Prinzessin Therese würde es mir übelnehmen, wenn ich nicht erschiene. Sehen wir uns heute Abend auf dem Ball?»

    Als Paulina sich zum Empfang im großen Saal von Neustrelitz einfand und sich unter das Gefolge der Prinzessin mischte, stellte sie fest, dass sie keine Minute später hätte kommen dürfen.
    Als einer der ersten Gratulanten wurde dem Prinzenpaar der aus Hannover angereiste Graf Bahro mit seiner Mutter vorgestellt. Paulina reckte den Hals und betrachtete neugierig den Sohn ihrer Großtante. Ulrich von Bahro, Minister am kurfürstlichen Hof von Hannover, war ein Edelmann par excellence. Er hatte die gleichen herrischen Gesichtszüge wie seine Mutter und Augen, deren Ausdruck nichts über ihn verriet. Seinen schlanken, gestählten Körper konnte er sich nur durch eiserne Disziplin bewahrt haben. Formvollendet, aber mit einer gewissen Kälte überbrachte er dem Hochzeitspaar seine Glückwünsche.
    «Ist Ihr ältester Sohn nicht mitgekommen, Herr Graf?», erkundigte sich Therese. «Ich hatte das Vergnügen, ihn letztes Jahr im Schloss meiner Großmutter bei Darmstadt kennenzulernen.»
    «Leider kann mein Sohn

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