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Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
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wie absurd, mit einer großen Statue zu fliehen.
    Delia kam mit weiteren Kisten aus dem Stollen.
    Hatte sie ihm geglaubt, dass es eine weitere Akte gab? Die ihren Vater beschuldigte und für Zbigniew klarmachte, wer Lena entführt haben könnte?
    Oder war ihr klar, dass Zbigniew geblufft hatte und sie anderweitig in eine Falle locken wollte?
    Auf jeden Fall hatten sie nun Angst, dass etwas passieren könnte.
    Dennoch. Sie waren legale Personen, es gab die Kunsthandlungen in Maastricht und New York. Wohin wollten sie fliehen? Würden sie in Kauf nehmen, ihre gesamte Existenz dafür aufzugeben?
    Oder war dies nur der Plan B, für den Fall, dass sie Zbigniew nicht in den Griff bekamen? Glaubten sie, dass die Ermittlungskommission ihre falschen Fährten – den Wagen von Alaia Sarwari, das Mitnehmen von Lena in die Bank, das Bekennerschreiben – geschluckt hatte?
    Die große Kiste war aus dem Garten verschwunden. Delia wollte sich eine Zigarette anzünden, doch Tom schüttelte den Kopf.
    Delia verschwand im Stollen, Tom mit Gemälden in die Garage. Zbigniew wagte sich kurz aus seiner Ecke heraus, streckte den Kopf hinter dem Gartenhäuschen hervor. Er konnte in einen Teil der Garage sehen.
    Ein Sprinter. Tom packte einen Sprinter voll. Die Autonummer war nicht zu erkennen.
    Wo wollten sie nur hin? Mit einem Sprinter würden sie nicht weit kommen.
    Zbigniew wusste nicht, was er tun sollte. Sollte er mit seiner Waffe herausspringen, versuchen, Delia und Tom zu überwältigen?
    Vor einem halben Jahr hatte er einen Menschen töten müssen, ohne dass er in eine Notwehrsituation geraten war. Der Druck, der seither auf ihm lastete, war auch durch diverse psychologische Betreuungsgespräche nicht vollständig von ihm gewichen.
    Es würde keinen Sinn machen, mit der Waffe zu drohen. Er würde ohnehin nicht schießen können.
    Es musste ihm irgendwie gelingen, die Polizei zu verständigen.
    Er wusste noch nicht einmal, wie die Notrufnummer in Holland lautete. War es dieselbe wie in Deutschland?
    Er könnte Tonia eine weitere SMS schicken, dass sie die Polizei holte. Oder Zeynel benachrichtigte.
    Lena, was war mit Lena? Es schien ihnen nur um die Kunstgegenstände zu gehen.
    Tom holte Gemälde für Gemälde aus dem Garten und verstaute sie im Sprinter.
    Delia kam zurück, Zbigniew zog sich wieder hinter das Gartenhäuschen zurück.
    »Das war’s?«, hörte er Tom auf Englisch fragen.
    Keine Antwort. Vielleicht nickte Delia bloß.
    »Und was machen wir mit ihr ?«, fragte sie.
    Einen Moment der Stille.
    Der Schmerz fuhr Zbigniew unvermutet in den Rücken. Er spannte alle seine Muskeln an. Der Schmerz musste draußen bleiben.
    »Das mache ich nicht mit«, sagte Delia schließlich. Offenbar hatte Tom ohne Worte geantwortet.
    »Wir haben keine Wahl.«
    »Sie hat uns nicht gesehen.«
    »Sie war aber in der Bank. Jerry hat ihr damit gedroht, dass Samuel sonst stirbt. Sie hat die Akten gesehen. Sie kann eins und eins zusammenzählen. Und wenn dann noch ihr Typ dazukommt … «
    »Wenn es wirklich noch mehr Akten gibt, ist es eh vorbei.«
    »Wenn.«
    Einige Sekunden lang hörte man nichts außer dem leisen Rascheln der Blätter im Wind.
    »Nein«, sagte Delia schließlich. »Wir haben das Geschäft unseres Vaters fortgeführt. Das hier aber wäre Mord. Bei einem Mord mache ich nicht mit.«
    Sie schreckt vor Mord zurück, Tom nicht, tickerte es in Zbigniew. Sie hat keine Ahnung vom ursprünglichen Verbrechen, vom Mord ihres Vaters an den Wetzells. Sie will auch Lena nicht töten.
    »Dass Greg Jerry erschossen hat, hat dir auch nichts ausgemacht.«
    Jerry. Der Mann in New York, der Mann aus der Immermann-Bank. Der ubiquitäre Jerry aus Amsterdam.
    »Es war Notwehr, hat Greg gesagt.«
    Man hörte ein Spucken. So, als ob Tom verächtlich auf den Boden gespuckt hatte. Dann sprach Tom weiter.
    »Wenn du meinst. Delia, wir müssen. Wir haben keine Zeit. Wenn du zu dem Termin nicht kommst, wird der Typ die Sache ins Rollen bringen. So oder so.«
    Delia schien zu überlegen. Tom fuhr unnachgiebig fort.
    »Und jetzt haben wir keine Zeit dafür. Wir holen das Mädchen heraus, und dann müssen wir sie irgendwo auf der deutschen Seite … «
    In diesem Augenblick spürte Zbigniew einen starken Schlag auf seinem rechten Hinterkopf. Er sank zusammen, spürte, wie sich die Brennnesseln in seine Arme fraßen.
    Quallen, er musste an Quallen denken.
    Die Nesselfäden, die den Quallen wie Haare vom Kopf hingen. Nein, es waren keine Nesselfäden, es waren

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