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Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
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eigenes Geburtenregister«, erklärte sie fachmännisch.
    Zbigniew nickte wohlwollend, hoffte aber insgeheim, die Dame würde ihm weitere Details ersparen.
    Sie gingen an Regalwänden entlang. Offenbar waren alle Urkunden fest in Bücher gebunden.
    »Hüchelhoven, da haben wir es ja.«
    »Ist das der Band von 1943?«
    »Nein, wo denken Sie hin. Das ist nur das Verzeichnis. Dort können wir aber die Registernummern der einzelnen Geburtsurkunden aus 1943 ersehen. Ich suche Ihnen das jetzt mal alles heraus. Ist ja schön, wenn mal jemand persönlich vorbeikommt. Normalerweise ruft die Polizei nur an, wenn sie etwas wissen will, und dann muss auch immer alles Zackzack gehen.«
    Zbigniew fragte sich, ob es oft vorkam, dass die Bergheimer Polizei beim Standesamt um Amtshilfe bat. Er bevorzugte, nicht zu fragen.
    Die Dame zog mit einem süffisanten Lächeln einige Bücher aus den Regalen.
    »Immer wieder erstaunlich, wo die ganzen Kinder zu der Zeit herkamen. Heutzutage sind es auch nicht mehr, obwohl keiner von den jungen Herren im Krieg ist.«
    Die Dame kicherte, was Zbigniew befremdete. Es war der Vorstellung der schlimmen Kriegssituation nicht angemessen.
    »Sie können sich da vorne hinsetzen und die durchsehen. Das sind jetzt nur die Geburtsurkunden.«
    »Steht da auch drin, wenn jemand stirbt?«
    »Ja, dann wird ein Hinweis zum Geburtseintrag verzeichnet. Das Sterberegister ist aber ansonsten getrennt. Wenn Sie wollen … «
    »Danke, die Geburten reichen mir erst mal.«
    Zbigniew setzte sich mit den Büchern an einen Tisch.
    Er hatte Schreibmaschinenlettern und Hakenkreuze erwartet, stattdessen waren die Urkunden mit der Hand ausgefüllt, in fein säuberlicher Schrift, aber dennoch für Zbigniew fast unlesbar. Unten unterschrieb immer »Der Standesbeamte«, was nicht in altdeutscher Schrift ins Formular gedruckt war, sondern in modernen Buchstaben ohne Serifen.
    Zbigniew begann mit der Entzifferung der Urkunden.
    Auberger, Adolf, geb. am 29. Juli 1943 in Fliesteden. Vater Rolf Auberger, Fahrzeugmechaniker, und Mutter Gabriele Auberger, Hausfrau.
    Brandes, Annemarie, geb. am 6. September 1943 in Rheidt.
    Meier, Joseph, geb. am 12. April 1943 in Niederaussem.
    Meier.
    Zbigniew hielt inne.
    Er unterdrückte die Gedanken an seine eigene Familie und machte weiter. Alle möglichen Menschen hießen Meier.
    Vor einem halben Jahr hatte er auf ähnliche Weise im Universitätsarchiv in Münster gesessen und Mikrofilme durchgeschaut. Damals hatte dies die Auflösung eines Falles gebracht, den alle schon aufgegeben hatten.
    Doch dieses Mal gab es kein Aha-Erlebnis.
    Zbigniew legte die letzten Bücher an den Rand.
    Es gab bloß zwei Geburten 1943 in Büsdorf.
    Hattendorff, Manfred, geb. am 3. Mai 1943. Ein Junge.
    Es konnte keinen Grund geben, einen weiblichen Säugling als Jungen anzumelden. Es hätte bloß Probleme gegeben. Es gab bestimmt auch damals ärztliche Untersuchungen. Nein, dann würden die Eltern, die neuen Eltern, ihr Leben riskieren. Manfred Hattendorff konnte nicht Eva Weissberg sein.
    Die zweite Geburt war Dithard, Brigitte, geb. am 30. Dezember 1943. Einen Moment verharrte Zbigniew fasziniert über ihrem Namen, doch dann fiel ihm ein Problem auf: Ende 1943 war zu spät. Wenn die Eltern nach der Unterbringung des Kindes geflohen waren, war der 30. Dezember 1943 einfach zu spät.
    Sie waren 1943 gestorben.
    Was hatte der alte Mendelstein gesagt, von wegen Fehler in den Prämissen? Gab es eine Grundinformation, die falsch war?
    »Ich habe ein Problem«, gestand er der orangehaarigen Dame. »Ich suche nämlich eigentlich ein Mädchen, das früher im Verlauf des Jahres 1943 geboren ist. Auf einem Bauernhof in Büsdorf.«
    »Und da ist keine dabei?«
    »Nein.«
    »Na, dann haben Sie wirklich ein Problem«, sagte die Dame, und ihre Haare schimmerten seltsam im Neonlicht.
    Es hätte keinen Sinn gemacht, Evas Existenz geheim zu halten. Nicht nur wegen der Lebensmittelkarten. Nein, dann wäre Eva Weissberg weiterhin illegal gewesen.
    Mendelstein hatte natürlich recht, sie musste irgendwo im Geburtenregister verzeichnet sein.
    »Haben Sie keine Idee?«
    Die Dame schüttelte den Kopf.
    »Das Geburtsregister hier ist vollständig. Da ist nichts verschütt gekommen, weder im Krieg noch später.«
    Irgendwo war der Fehler.
    »Stimmt das Jahr nicht? Oder vielleicht der Ort?«, flötete die Beamtin.
    Zbigniew überlegte, dann ließ er sich auch den Jahrgang 1942 aus Hüchelhoven geben. Fehlanzeige. Zbigniew entdeckte eine

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