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Die Un-Heilige Schrift

Die Un-Heilige Schrift

Titel: Die Un-Heilige Schrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmuth Santler
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sie ein, ihren Sohn zu überreden. 27 Sie beugte sich zu ihm nieder, und den grausamen Tyrannen verspottend, sagte sie in ihrer Muttersprache: Mein Sohn, hab Mitleid mit mir! Neun Monate habe ich dich in meinem Leib getragen, ich habe dich drei Jahre gestillt, dich ernährt, erzogen und für dich gesorgt, bis du nun so groß geworden bist. 28 Ich bitte dich, mein Kind, schau dir den Himmel und die Erde an; sieh alles, was es da gibt, und erkenne: Gott hat das aus dem Nichts erschaffen und so entstehen auch die Menschen. 29 Hab keine Angst vor diesem Henker, sei deiner Brüder würdig und nimm den Tod an! Dann werde ich dich zur Zeit der Gnade mit deinen Brüdern wiederbekommen.
    30 Kaum hatte sie aufgehört, da sagte der Junge: Auf wen wartet ihr? Dem Befehl des Königs gehorche ich nicht; ich höre auf den Befehl des Gesetzes, das unseren Vätern durch Mose gegeben wurde. 31 Du aber, der sich alle diese Bosheiten gegen die Hebräer ausgedacht hat, du wirst Gottes Händen nicht entkommen. (…) 39 Da wurde der König zornig und verfuhr mit ihm noch schlimmer als mit den anderen – so sehr hatte ihn der Hohn verletzt. 40 Auch der Jüngste starb also mit reinem Herzen und vollendetem Gottvertrauen. 41 Zuletzt starb nach ihren Söhnen die Mutter. 42 Soviel sei über die Opfergelage und die schlimmen Misshandlungen berichtet. (Einheitsübersetzung)
    Das vierte Buch der Makkabäer konzentriert sich auf das Fest zur Wiedereinweihung des Tempels 165 v. Chr. – ein Ereignis, das bis heute im fröhlichen, achttägigen Lichterfest (Chanukka) weiterlebt. In der als „moralische Erbauung“ intendierten Ansprache werden u. a. die sieben Brüder gewürdigt, stehen sie doch beispielhaft für das moralische Ziel der „Herrschaft der Vernunft über die Triebe“. So ist es auch wörtlich im Vers 9 des Prologs zu lesen:
    Denn indem diese der Schmerzen bis zum Tod allesamt nicht achteten, zeigten sie, dass die Vernunft über die Triebe Gewalt hat.
    Interessanterweise lassen sich in diesem Buch, das niemals Teil eines Bibelkanons gewesen ist, deutliche Spuren stoischer Philosophie entdecken – an die Stelle unversöhnlicher Feindschaft zwischen der hellenistischen und der jüdischen Lebensauffassung ist eine Verbindung getreten. Das vierte Buch der Makkabäer stammt denn auch aus dem 1. Jh. n. Chr. und wurde von christlichen Autoren zur Illustration der Verehrung des Märtyrertums gerne herangezogen.
Gerädert, mit ausgerenkten und gebrochenen Gliedern, verbrannt und in Stücke gerissen.
    In der Ausschmückung unaussprechlicher Qualen geht dieses Buch noch deutlich über das zweite hinaus:
    4 Makk 9,11 So schleppten denn auf sein Geheiß die Geißler den Ältesten von ihnen herbei, zerrissen sein Gewand und banden ihm die Hände und Arme auf beiden Seiten mit Riemen fest.
    12 Als sie sich aber an ihm müde gegeißelt hatten, ohne etwas auszurichten, warfen sie ihn auf das Rad. 13 Um dieses wurde der edelgeborene Jüngling gespannt, sodass seine Glieder sich ausrenkten.
    14 Als so seine sämtlichen Glieder gebrochen waren, brach er in die Anklage aus: 15 Du schmutzigster der Tyrannen, du Widersacher der himmlischen Gerechtigkeit, nicht weil ich einen Menschen gemordet hätte, folterst du mich so, oder weil ich wider Gott gefrevelt hätte, sondern weil ich vor ein göttliches Gesetz den Schild halte.
    16 Da sagten die Speerträger zu ihm: Willige doch ein und iss (unreines Schweinefleisch, Anm.), damit du der Folter ledig wirst!
    17 Er aber sprach: Euer Rad ist nicht so mächtig, ihr schmutzigen Knechte, dass es meine Vernunft erdrosseln könnte. Zerschneidet meine Glieder, verbrennet mein Fleisch in einzelnen Stücken, verrenkt meine Gelenke! 18 Bei allen diesen Foltern will ich euch zeigen, dass einzig die Söhne der Hebräer im Kampfe für die Tugend unbesiegbar sind.
    19 Während er noch so redete, machten sie unter ihm ein Feuer an und spannten unter fortwährendem Anfachen das Rad immer mehr an. 20 Überall wurde da das Rad mit Blut befleckt, die aufgehäuften glühenden Kohlen verlöschten durch das viele herabtröpfelnde Blutwasser, und die Fleischstücke fuhren umher um die Achsen der Maschine.
    21 Aber obwohl ihm bereits das Knochengerüst überall zu schmelzen begann, seufzte der hochgemute Jüngling nicht. 22 Vielmehr, als wäre ihm im Feuer durch Verwandlung Unzerstörbarkeit verliehen worden, ertrug er voll Adel die Foltern: 23 Folgt meinem Beispiele, Brüder, so rief er, desertiert nicht aus meiner Kämpferschar,

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