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Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Helene Bubenzer
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Boden neben ihm, denn er brauchte beide Hände, um sich die Ohren zuzuhalten.
    In ohrenbetäubendem Krach dröhnte ein Geschwader heran. Sie flogen dicht über unsere Köpfe hinweg. So nah waren sie noch nie gewesen. In allen Nächten, die wir im Keller verbracht hatten, waren sie nie so bedrohlich gewesen wie an diesem sonnigen Tag im Juni. Ich hörte das Kreischen der Bomben, ich hörte das Donnern der Detonationen, ich roch Feuer.
    Der Krieg war da. Jetzt hatte er uns erreicht.
    Bebend vor Angst blieb Robert sitzen, still weinend. Es wurde ruhig. Langsam ließ er die Hände sinken. Lauschend richtete er sich auf und griff vorsichtig nach mir, als erneutes Donnern weitere Flugzeuge ankündigte. Kaum hatten wir sie wahrgenommen, knallte es erneut. Panisch drückte Robert mich ans Gesicht und schrie in einem hohen, mich durchdringenden Ton die Furcht vor dem Krieg in die Welt hinaus.
    Uns passierte nichts. Doch als wir den Garten verließen, sahen wir, dass wenige Kilometer entfernt dicke Rauchschwaden aufstiegen.
    Auf der Straße liefen die Menschen wie kopflose Hühner durcheinander.
    »Sie haben Citroën getroffen!«, rief ein Mann. »Sie haben die Autofabrik bombardiert.«
    »Mein Mann!«, schrie eine Frau hysterisch. »Mein Mann, er arbeitet doch dort!«
    »Merde, les Boches!«, rief ein anderer, und dann rannten sie los, um zu helfen und um zu retten, was zu retten war.
    Ich nehme an, dass es die durchstandene Angst war, die Robert umgehend nach Hause trieb. Das schlimmste Donnerwetter seiner Mutter konnte nicht schlimmer sein als das Detonieren der Bomben, die soeben Roberts unschuldiges Herz getroffen hatten.
    Nadine war außer sich. So aufgelöst hatte ich sie noch nie gesehen. Als wir die Wohnung betraten, saß sie weinend in der Küche auf dem Fußboden. Sie hielt ihre Knie fest umschlungen, wiegte sich sachte vor und zurück und schluchzte.
    »Maman«, schrie Robert. »Maman!«
    Nadine blickte auf, und der Junge ließ mich fallen, um sich in die Arme seiner Mutter zu werfen.
    »Du darfst nie wieder einfach davonlaufen«, sagte sie. »Hörst du, Robert? Nie wieder!«
    Robert nickte still an ihrer Brust, und so hielten die beiden sich lange Zeit, während ich auf den kalten Steinfliesen lag und die weißen und schwarzen Steinchen vor meinen Augen tanzten.
    Mir war noch immer schwindelig von dem eben Erlebten. Langsam begriff ich, dass wir nur knapp den Angriffen der deutschen Luftwaffe entronnen waren. Große schwarze Flugzeuge am Himmel hatten einfach Tod bringende Bomben auf uns fallen lassen.
    Ich fror. Ob es am Steinboden lag oder ob die Kälte von innen herauskam, kann ich nicht sagen. Doch weder Robert noch Nadine rührten sich, bis Nicolas kam und seine starken Arme um die beiden liebsten Menschen schloss, die er hatte. Erst da wurde auch mir wieder ein wenig wärmer.
    Eine Woche später klingelte es abends an der Tür. Nicolas öffnete und ließ Jean-Louis und Marie herein. Marie hatte einen unglaublich dicken Bauch, so eine dicke Frau hatte ich noch nie gesehen.
    »Setzt euch doch einen Moment«, sagte Nadine herzlich und bat das Paar ins Wohnzimmer.
    »Nein, danke«, sagte Marie. »Wir wollen nicht lange bleiben.«
    »Wir kommen nur, um Bescheid zu sagen«, ergänzte Jean-Louis.
    Robert und ich drückten uns in der Tür zum Flur herum. Wir wollten nichts verpassen. Ich sah, wie fasziniert auch Robert Maries Bauch betrachtete. Ihre linke Hand ruhte still auf dieser Kugel, die rechte stemmte sich stützend in den Rücken. Es schien ihr nicht gut zu gehen, Erschöpfung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    Ich wusste es, bevor Jean-Louis den Mund aufmachte: Es ging los.
    »Wir können nicht länger warten«, sagte er. »Der Angriff auf Citroën letzte Woche drüben im 15ten war erst der Anfang. Als nächstes sind zivile Ziele dran.«
    »Eine Nachbarin war heute am Gare d’Austerlitz«, sagte Marie. »Der Bahnhof muss völlig überfüllt gewesen sein. Sie sagte, die Leute hätten sich geprügelt, um in die Züge zu kommen. Schrecklich. Als Nächstes werden die Bahnhöfe abgeriegelt. Der Verkehr auf den Straßen nach Süden wird auch immer schlimmer …«
    Sie sah ihren Mann an. Er legte ihr den Arm um die Schultern.
    Nicolas nickte schwer, und Nadine sagte:
    »Wir sind bereit, die Koffer sind längst gepackt.«
    »Gut.« Marie schien erleichtert. Sie trat neben Nadine und drückte ihre Hand.
    »Ich bin froh, dass Sie bei mir sind«, fuhr sie leise fort. »Ich habe fürchterliche Angst.«
    »Alles wird

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