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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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orten und auslöschen. Ebenso wie flüchtige Feinde des Systems, also uns.
    »Einer der Grenzgänger hat letztens Hirschfelle an einen Sentinel verkauft und ist mit ihm ins Gespräch gekommen«, erzählt Fiore. »Es sieht ganz so aus, als würde immer noch nach euch gesucht. Nach euch oder euren Gräbern, das scheint ziemlich egal zu sein. Sie wollen nur sichergehen, dass ihr nicht plötzlich auftaucht und für Ärger sorgt.«
    Sie grinst, lässt die Mundwinkel aber pflichtschuldig sinken, als sie sieht, dass niemand von uns ihre Erheiterung teilt.
    Ich weiß nicht, wie es den anderen geht, aber ich habe sofort Tommas Grab vor Augen, und die Vorstellung, dass die Exekutoren es finden könnten, dreht mir den Magen um. Mit einem Mal bin ich Quirin dankbar dafür, dass er einen so sicheren Platz für ihre letzte Ruhestätte gewählt hat.
    »Tut mir leid, ich wollte euch nicht zu nahe treten.« Fiore holt aus ihrem Beutel getrocknete Fleischstreifen und legt jedem von uns zwei auf den Teller. »Bei uns ist der Tod kein so seltener Gast, als dass wir ihm erlauben dürften, uns tagelang die Kraft und den Mut zu rauben.« Sie steht auf. »Wir wären sonst ständig kraft- und mutlos.«
    In ihren Worten steckt ebenso viel Wahrheit wie Härte.
    »Ich verstehe, was du meinst, aber wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen«, sagt Aureljo bestimmt. »Danke für das Essen. Dantorian und mich findest du morgen wieder an unserem üblichen Arbeitsplatz. Sag Quirin bitte, wir wären froh, wenn er am Nachmittag Zeit für uns hätte. Es geht um die Identitätschips.«
    Fiore nickt, offenbar ist sie informiert. Im Gegensatz zu mir, ich kann mir nur zusammenreimen, was Aureljo meint.
    Anders als wir, die wir Elitestudenten und damit wichtig für die Zukunft der Sphären waren, tragen Sphärenbewohner, die niedrigere Arbeiten verrichten, keinen Salvator. Damit sie trotzdem jederzeit einer Sphäre oder Einheit zugeordnet werden können, bekommen sie im Alter von zwölf Jahren sogenannte Identitätschips eingesetzt. Kleine Metallplättchen, die ins Ohr geklammert werden. In den Sphären sind überall dort, wo eine Kuppel in die nächste übergeht, Lesegeräte angebracht, die genau aufzeichnen, wann sich eine Person wohin begibt.
    Ohne Chip wird sich Aureljo niemals in Vienna 2 einschmuggeln können, denn jeder, der durch die Schleuse will, wird gescannt.
    »Ich werde es Quirin sagen.« Fiore hebt zum Abschied die Hand, dann ist sie verschwunden.
    Ich esse meine Portion auf, danach verkrieche ich mich unter meine Decke, Tommas Buch fest an mich gepresst. Aureljo will morgen weiter an seinem Plan feilen. Der Gedanke ist wie Eis in meinem Inneren. In meiner Vorstellung sehe ich nie, wie er Erfolg hat, sondern immer nur, wie Sentinel ihn niederschlagen und davonschleppen. Es ist, als würde ich beobachten, wie er das Messer schärft, das er sich selbst in die Brust stoßen wird, wie er dabei Scherze macht und voller Vorfreude sein Ende vorbereitet.
    Wieder einmal entwerfe ich in meinem Kopf Gegenargumente, ein ganzes Plädoyer von unbezwingbarer Logik. Irgendwann schlafe ich darüber ein und am nächsten Morgen erinnere ich mich nur noch an Bruchstücke.
    Die Tage vergehen, ich versuche, nicht allzu viel Zeit in der Bibliothek zu verbringen, sondern auch die Gänge und Korridore der unterirdischen Stadt zu erkunden. Die Bewegung tut mir gut, das Orientieren in der Dunkelheit schärft meine Sinne. Ein- oder zweimal breche ich das ungeschriebene Gesetz, mich nicht an der Oberfläche zeigen zu dürfen, und stecke den Kopf aus einem der Löcher, die nach draußen führen. Egal wie das Wetter ist, die Momente unter freiem Himmel sind ein unbeschreiblicher Genuss. Ich fühle mich lebendiger und in besserer Form, wenn ich abends ins Gewölbe zurückkehre.
    Gelegentlich kommt Quirin vorbei, um nach uns zu sehen. Er ist jedes Mal sichtlich froh, wenn wir ihm versichern, dass wir gesund sind und genug zu essen bekommen.
    Sandor lässt sich auch weiterhin nicht blicken und ich habe die Hoffnung auf Sonnenaufgänge in seiner Begleitung schon aufgegeben, als ich eines Morgens seine Hand auf meiner Schulter spüre.
    »Es war zu gefährlich in letzter Zeit.« Wir sitzen wieder an dem Flüsschen und Sandors Blick ist nach oben gerichtet. Er sucht den Himmel ab, aber bisher hat Kelvin sich nicht sehen lassen.
    »Gefährlicher als sonst? Was ist passiert?«
    Sandors Kopf ruckt nach links, als hätte er dort zwischen den Wolken den Schemen seines

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