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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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öff­ne­te sich ein Gang, ei­ne Ar­ka­de, schmal und so nied­rig, daß man un­mög­lich auf Hän­den und Kni­en hin­durch­krie­chen konn­te. „Laß die­sen Pfad für dich das Grab dar­stel­len, in dem al­le Men­schen schließ­lich ein­mal ih­re Ru­he fin­den“, sag­te The­ri­on fei­er­lich. „Aber sie er­wa­chen, be­freit aus der Dun­kel­heit der ma­te­ri­el­len Din­ge, in ein Le­ben des Geis­tes. Du hast die Er­schei­nung des To­des be­siegt – nun kannst du über die Schre­cken des Gra­bes im Ein­sam­keits­test tri­um­phie­ren.“ Und bei­de Thes­mo­the­ten streck­ten die Hän­de in Rich­tung auf die Öff­nung hin aus.
    Nun zö­ger­te Bru­der Paul. Warum schick­ten sie ihn nun al­lein aus? Wel­che Schre­cken hiel­ten sie für so furchter­re­gend? Die­ses Loch – wenn er dort ein­mal hin­ein­ge­kro­chen wä­re und es noch schma­ler wür­de, könn­te er sich be­stimmt we­der um­dre­hen noch wei­ter krie­chen. Er wür­de mit den Fü­ßen zu­erst sich zu­rück­win­den müs­sen wie bei ei­ner Steiß­ge­burt, und das Ein­gangs­loch wür­de wahr­schein­lich eben­falls ver­sperrt sein.
    Die bei­den Thes­mo­the­ten blie­ben so ste­hen wie zu­vor, die Fin­ger deu­te­ten auf das Loch. We­der mach­ten sie ihm einen Vor­wurf we­gen sei­ner Schwä­che, noch er­mu­tig­ten sie ihn wei­terzu­ma­chen. Was wür­den sie tun, wenn er sich nun stör­risch zeig­te?
    Ei­gent­lich wuß­te er es. Er hat­te ein­mal von ei­nem sol­chen Test ge­le­sen, doch die Er­in­ne­rung dar­an war nur schwach und flüch­tig und kehr­te nur durch die­ses neu­er­li­che Er­leb­nis an­ge­reizt zu­rück. Der An­wär­ter, der die Ner­ven ver­lor, wur­de nicht aus­ge­schlos­sen, und man mach­te ihm auch kei­ne Vor­wür­fe. Man führ­te ihn le­dig­lich von der hei­li­gen Stät­te fort. Das Ge­setz der Ma­gie lau­te­te, daß er nie­mals wie­der ei­nem Test un­ter­zo­gen wür­de; man hat­te sei­ne Schwä­che er­kannt. Wenn er al­so sei­ne Ant­wort ha­ben woll­te, dann jetzt oder nie­mals. Das Ge­setz der Ani­ma­tio­nen war in ge­wis­sem Sin­ne eben­so un­beug­bar wie das Ge­setz der al­ten ägyp­ti­schen Mys­ti­ker. Er hat­te noch nicht ei­ne Vi­si­on dop­pelt er­lebt. Die Un­ab­wäg­bar­kei­ten der Dy­na­mik die­ser Si­tua­ti­on schi­en ihm zu groß, um ihm die Wie­der­ho­lung ir­gend­ei­ner Sze­ne zu er­lau­ben.
    Bru­der Paul war nicht un­ge­wöhn­lich klaustro­pho­bisch ver­an­lagt, aber das hier ge­fiel ihm ganz und gar nicht. Er war kein sehr schlan­ker Mann: Ein für einen einen Me­ter fünf­zig großen Ägyp­ter oder Grie­chen passabler Durch­gang wür­de für ihn nicht ge­nü­gen. Wenn er zwi­schen die­sen Tau­sen­den von Ton­nen Ge­stein ein­ge­klemmt wür­de …
    Die bei­den Thes­mo­the­ten war­te­ten wei­ter und deu­te­ten wie Sta­tu­en im­mer noch in die glei­che Rich­tung. Bru­der Paul schick­te ein stil­les Ge­bet an den Gott, wel­cher auch im­mer die­se Si­tua­ti­on be­herrsch­te – viel­leicht Thot? – und bück­te sich, um die furchter­re­gen­de Öff­nung zu be­tre­ten.
    Ama­ranth bück­te sich eben­falls nie­der. „Gott sei zwi­schen dir und dem Leid an al­len men­schen­lee­ren Plät­zen, an die du zie­hen mußt“, mur­mel­te sie und küß­te ihn flüch­tig auf den Mund. Dann schob Bru­der Paul die Lam­pe vor sich und kroch los.
    Sanft neig­te sich die Röh­re ab­wärts. Die Wän­de be­stan­den aus po­lier­tem Gra­nit, der ab­so­lut glatt wirk­te, als ha­be ihn ein rie­si­ger Stein­wurm glatt­ge­schlif­fen. Es war ge­ra­de ge­nü­gend Platz für ihn. In­dem er sich an den El­len­bo­gen vor­zog und mit Hil­fe von Ze­hen­schub die Knie nach­zog, be­weg­te er sich vor­wärts, bis er im Tun­nel ver­schwun­den war.
    Oh­ren­be­täu­bend schlug die schwe­re Bron­ze­tür ins Schloß. Wie aus wei­ter Ent­fer­nung er­klang ei­ne vi­brie­ren­de Stim­me: „Hier ver­ge­hen al­le Nar­ren, die nach Er­kennt­nis und Macht stre­ben!“ Ge­folgt von ei­nem Echo: „… Macht … Macht … Macht … Macht … Macht … Macht … Macht!“ Sie­ben deut­li­che Echos, die sich in sein Hirn bohr­ten. Die Wir­kung war ent­setz­lich. Bru­der Paul wuß­te von dem wich­ti­gen

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