Die Welt der grünen Lady
hinein.
Aber wo war ›dort‹? Er schien keine Ahnung zu haben und wurde verdrossen, als ich in ihn drang. Er könne es nicht sagen, erwiderte er, er wüßte nur, daß sie eben dort vorn wäre, und wenn wir weit genug gingen, würden wir zu ihr kommen.
Ich betrachtete unsicher den Nebel. Ich hatte den Eindruck, daß er immer dichter wurde, und daß ich zu Beginn unserer Wanderung ein weit größeres Sichtfeld gehabt hatte. Ich fand den Nebel um so bedrückender, da ich fest überzeugt war, daß wir immer noch verfolgt wurden. Es schien mir ratsamer, irgendwo einen Unterschlupf zu finden und dort zu bleiben, bis sich der Nebel verzog. Bevor ich das jedoch vorschlagen konnte, hob Oomark plötzlich den Kopf und schnupperte. Seine Nase wirkte größer als sonst, mit weiten, geblähten Nasenlöchern.
»Wir bleiben am besten hier, in einem Ring der Folke«, erklärte er. »Dort draußen werden andere sein.« Nicht nur seine äußere Erscheinung hatte sich verändert, sondern auch seine Redeweise, und jetzt überraschte mich sein seltsames Verhalten. Er kroch auf Händen und Füßen im Kreisinnern herum, die Nase am Boden, und schnüffelte wie ein Tier. Als er einmal die Runde gemacht hatte, hockte er sich auf die Hufe.
»Hier ist es gut.« Er klopfte mit den Händen auf den Boden. »Die anderen können einen Ring nicht durchbrechen, verstehst du. Wir bleiben hier bis zum Abzug …«
Ich setzte mich, so daß ich sein verändertes Gesicht von nahem sehen konnte. »Was für andere sind das, Oomark?«
»Die anderen – die Finsteren. Die Finsteren und die Folke sind niemals eins. Aber hier ist einer der Folke sicher, bis die Zeit wechselt.« Er erschauerte.
»Und wer sind die Folke?« fragte ich sanft. Der Oomark, den ich gekannt hatte, war in diesen fremden Geschöpf fast verlorengegangen.
»Die Folke? Aber dein Verstand ist ja vernebelt, Kilda. Alle kennen die Folke … du … ich …«
»Und Bartare – und die Lady?«
»Ja, alle.« Er nickte heftig.
»Und die anderen? War es einer von den anderen, der dich jagte?«
Er sah ein wenig verwirrt aus. »Nein … Er war nicht einer von den Finsteren und auch nicht von den Folke. Er ist einer Dazwischen.« Er betonte das ›einer Dazwischen‹ so, als wäre es der Name einer besonderen Rasse. »Und du wirst auch eine sein, wenn du nicht achtgibst, Kilda!« Letzteres klang fast wie eine Drohung.
Unwillkürlich blickte ich auf meine Arme und Hände, um mich zu vergewissern, daß dort noch keine pelzigen Haare wuchsen und ich mich noch nicht in ein Monstrum verwandelte wie jenes, das ich mit meinem Beutel voller Steine verwundet hatte. Aber meine Haut, wenn auch dunkel und glänzend, war immer noch glatt und weich.
»Und wie werde ich das?«
»Wenn du nicht akzeptierst, wirst du nicht akzeptiert werden.« Er sagte es feierlich, als zitiere er ein Gesetz dieser Welt.
»Den halben Weg bist du gekommen, aber du mußt noch weitergehen. Zieh deine Stiefel aus, stell deine Füße auf die Erde – und fühle!«
Ich zögerte. Als Oomark seine Stiefel auszog, waren Hufe zum Vorschein gekommen. Wenn ich meine auszog – würde ich dann eine ähnliche Veränderung entdecken? Ich versuchte, meine Zehen zu bewegen – und war sicher, daß ich sie noch bewegen konnte. Ich mußte Gewißheit haben! Ich zog meine Stiefel aus.
Meine Füße! Nein, ich hatte keine Hufe, aber sie waren auch nicht mehr so, wie ich sie kannte. Die Zehen waren viel länger und dünner. Sie schienen sich auszurollen und ein Glied mehr zu haben als zuvor. Und sie waren weit beweglicher und eigenständiger, als menschliche Zehen es sein sollten. Diese neuen, flexiblen Zehenenden krümmten sich ganz von allein und gruben sich in den Boden.
In diesem Augenblick ging durch meinen Körper ein Schock, als hätten diese Zehen, indem sie sich in die Erde gruben, dort eine Energiequelle gefunden, eine Energie, die nun durch die Zehen in meine Beine und in meinen Körper strömte. Ich riß sie mit beiden Händen aus der Erde und versuchte, meine Stiefel wieder anzuziehen.
Aber das war unmöglich; die längeren Zehen paßten nicht mehr hinein oder wären so verkrümmt worden, daß ich nicht mehr hätte laufen können. Und sie bewegten sich völlig eigenmächtig, als ich sie zusammenpressen und in die Fußhüllen zu zwingen versuchte.
Schließlich riß ich das Innenfutter meiner Stiefel heraus und band diese Streifen mehrfach um meine Füße, so eng wie möglich. Es kam mir vor, als hätte ich es nicht mit eigenem
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