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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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interessiert als am politischen
Leben der Zukunft, welches die Fremden in diese Gegend gebracht
hatten. Es brauchte seine Zeit, bis ihm und den anderen klar
gemacht werden konnte, dass die Briten und Bisesas Gruppe
eigentlich aus zwei verschiedenen Epochen stammten – obwohl
die rund hundertfünfzig Jahre, die sie trennten, von den
vierundzwanzig Jahrhunderten zwischen Alexanders und Bisesas Zeit
bei weitem in den Schatten gestellt wurden. Doch als Hauptmann
Grove in groben Zügen den Stand der Dinge im neunzehnten
Jahrhundert entwarf, zeigte Eumenes seine rasche
Auffassungsgabe.
    Bisesa hatte erwartet, dass die Probleme des einundzwanzigsten
Jahrhunderts den Mazedoniern noch unverständlicher
erscheinen mussten, aber als Abdikadir über die
Ölreserven Zentralasiens sprach, ergriff Eumenes das Wort.
Er erinnerte sich, dass am Ufer eines Flusses im, wie Bisesa aus
seiner Schilderung zu entnehmen glaubte, modernen Iran, in der
Nähe des Ortes, an dem das königliche Zelt stand, zwei
Quellen einer sonderbaren Flüssigkeit aus dem Erdreich
gesprudelt waren. »Es hatte fast die dunkle Farbe und den
Geschmack von Olivenöl«, sagte Eumenes, »doch
der Boden war für Olivenbäume ungeeignet.«
Dennoch hatte Alexander, so fuhr er fort, überlegt, ob man
solche Funde, wenn sie denn verbreitet vorkamen, wohl
gewinnbringend einsetzen konnte. Dann aber hatte Alexanders
Hellseher Aristander das Öl zu einem Omen für harte
Arbeit, die vor ihnen liegen würde, erklärt.
    »Wir kommen in unseren unterschiedlichen Epochen mit
unterschiedlichen Zielsetzungen hierher«, sagte Eumenes,
»dennoch kommen wir – über Jahrtausende hinweg.
Vielleicht ist dies hier für alle Ewigkeit der Kampfplatz
der Welt.«
    Alexander selbst sprach wenig. Er saß auf dem Thron, das
Kinn auf die Faust gestützt, die Augen halb geschlossen, und
sah nur gelegentlich mit dieser seltsamen, eine gewisse
Schüchternheit vortäuschenden schrägen Kopfhaltung
auf. Die Führung der Konferenz überließ er im
Großen und Ganzen Eumenes – der auf Bisesa den
Eindruck eines besonders klugen Mannes machte – und
Hephaistion, der seinem Kollegen gelegentlich ins Wort fiel und
ihm manchmal sogar widersprach. Kein Zweifel, zwischen Eumenes
und Hephaistion gab es beträchtliche Spannungen, aber
vielleicht kam es Alexander gar nicht ungelegen, wenn diese
beiden potenziellen Rivalen uneins waren.
    Nun beschäftigte sich die Diskussion mit der Frage, was
das, was ihnen allen widerfahren war, wohl zu bedeuten hatte
– und wie es kam, dass die Geschichte in Stücke
zerhackt werden konnte. Und warum.
    Die Mazedonier waren nicht so ergriffen von heiliger,
furchtsamer Scheu, wie Bisesa naiverweise erwartet hätte.
Sie hatten absolut keinen Zweifel daran, dass die Risse in der
Zeit das Werk der Götter waren, die ihre eigenen
unerforschlichen Ziele verfolgten. Die Weltanschauung dieser
Leute, die weit entfernt war von jeglicher Wissenschaftlichkeit,
war Bisesa völlig fremd, aber sie schien jedenfalls flexibel
genug, um für Rätsel wie diese ausreichend Platz zu
bieten. Es waren robuste Krieger, die tausende Kilometer in die
Fremde marschiert waren, und sie und ihre griechischen Ratgeber
hatten auch einen robusten Verstand.
    Alexander selbst schien von den philosophischen Aspekten
fasziniert zu sein. »Können die Toten wieder
leben?«, murmelte er in seinem kehligen Bariton.
»Denn ich bin doch für euch schon lange
tot… Und kann die Vergangenheit zurückgebracht werden
– altes Unrecht gutgemacht, alte Reue
weggewischt?«
    »Auf einen Mann mit so viel Blut an den Händen wie
dieser König«, flüsterte Abdikadir Bisesa zu,
»muss die Vorstellung, die Vergangenheit korrigieren zu
können, ziemlich attraktiv sein…«
    Hephaistion ergriff das Wort. »Die meisten Philosophen
betrachten die Zeit als einen Zyklus. Wie das Schlagen des
Herzens, den Gang der Jahreszeiten und das Zu- und Abnehmen des
Mondes. In Babylon haben Astronomen einen kosmischen Kalender
erstellt, der auf den Bewegungen der Planeten basiert und dessen
›Großes Jahr‹, wie ich mich zu entsinnen
glaube, mehr als vierhunderttausend unserer Jahre umfasst. Wenn
sich die Planeten in einer bestimmten Konstellation versammeln,
kommt ein gewaltiges Feuer und dann der ›Winter‹,
der von einer Häufung von Planeten anderswo gekennzeichnet
wird, mit einer Flut… Manche Gelehrte behaupten sogar,
Ereignisse aus der Vergangenheit würden

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