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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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unterjubeln, die ich im Mund halb aufgelöst hatte. Es war so
leicht! Ich sag dir, Kolja…«
    »Was hast du ihm geboten, Sable?«
    »Was er haben wollte. Vor langer Zeit wurde er durch
einen Schamanen mit einer göttlichen Sendung betraut.
Dschingis ist Tengris Vertreter auf Erden, damit
beauftragt, uns alle zu regieren. Er weiß genau, dass seine
Aufgabe noch nicht beendet ist – und infolge der
Diskontinuität sind sogar Rückschläge erfolgt
–, aber er weiß auch, dass er älter wird. Dieser
kommunistische Gedenkstein, auf dem sein Todesdatum steht, hat
ihm panischen Schrecken eingejagt. Er wünscht sich Zeit, um
seine Mission zu vollenden. Er wünscht sich
Unsterblichkeit! Und die hab ich ihm angeboten. Ich sagte
ihm, in Babylon würde er den Stein des Philosophen
finden.«
    Kolja schnappte nach Luft. »Du bist
verrückt!«
    »Wie willst du das wissen, Kolja? Wir haben doch keine
Ahnung, was uns in Babylon erwartet! Wer weiß, welche
Möglichkeiten sich uns noch auftun! Und wer will uns schon
aufhalten?«, erwiderte sie feixend. »Casey? Die
trotteligen Briten in Indien?«
    Kolja zögerte einen Moment. »Hat er dich in die
Kiste gezogen?«
    Sie grinste. »Ich wusste, wenn er sauberes Fleisch
sieht, würde ihm alles vergehen. Also hab ich einen
Pferdeapfel seines Lieblingsrosses genommen und mir damit den
Kopf eingerieben. Dann habe ich mich noch ein wenig im Dreck
gewälzt. Es hat funktioniert. Und weißt du was –
er liebt meine Haut! Die Weichheit, keine Narben von
irgendwelchen Krankheiten! Er mag zwar nichts von Hygiene halten,
aber das Resultat gefällt ihm.« Ihre Miene
verdüsterte sich. »Er hat mich von hinten genommen!
Beim Vögeln sind die Mongolen ungefähr so subtil wie
beim Kriegführen. Aber eines Tages wird mir dieses
schlitzäugige Miststück dafür bezahlen!«
    »Sable…!«
    »Nur heute noch nicht. Er hat bekommen, was er wollte,
und ich auch.« Sie winkte Basil herbei. »Hör zu,
Franzose. Sag Yeh-lü, dass Dschingis sich entschieden hat.
Die Mongolen hätten den Irak in ein, zwei Generationen
sowieso erreicht; der Feldzug wird kein Problem für sie
sein. Der Qiriltai, die Heeresversammlung, ist bereits
einberufen.« Sie holte einen Dolch aus ihrem Stiefel und
rammte ihn in die Weltkarte – genau an die Stelle, wo schon
zuvor ihr Messer gesteckt hatte: dorthin, wo Babylon lag. Diesmal
wagte niemand, es herauszuziehen.



 
{ 25 }
DIE FLOTTE
     
     
    Bisesa fand, dass Alexanders vor der Küste liegende
Flotte trotz des Regens ein prachtvolles Bild abgab: die Triremen
mit ihren langen Reihen von Rudern, die flachbödigen
Lastkähne, auf denen die Pferde nervös wieherten, und,
am eindrucksvollsten von allen, die Zohruks, aus Indien
stammende Getreideleichter mit wenig Tiefgang, deren Bauweise
sich bis ins einundzwanzigste Jahrhundert unverändert
erhalten sollte.
    Der Regen fiel in einem dichten Schwall vom Himmel und
verdunkelte alles und jedes, dämpfte die Farben und
verwischte Konturen und Perspektiven. Dennoch war es heiß,
und die Ruderer arbeiteten nackt; ihre drahtigen braunen
Körper glänzten, das Wasser rann ihnen übers
Gesicht und klebte ihnen das Haar flach an den Schädel.
    Bisesa konnte nicht widerstehen und machte ein paar
Schnappschüsse des Spektakels. Aber das Telefon begann
sogleich, ihr Vorhaltungen zu machen: »Wofür
hältst du das hier eigentlich? Für Disneyland? Wenn du
so weitermachst, wird meine Speicherkapazität erschöpft
sein, lange ehe wir in Babylon angelangt sind! Und was wirst du
dann tun? Außerdem werde ich nass… !«
    Alexander hingegen suchte währenddessen den Segen der
Götter für die anstehende Reise. Hoch aufgerichtet am
Bug seines Schiffes goss er Trankopfer aus einer goldenen Schale
ins Wasser und rief Poseidon, die Meeresnymphen und die Geister
der Weltozeane um Schutz und Schirm für seine Flotte an.
Danach opferte er dem Herakles, den er unter seine Ahnen reihte,
und Ammon, dem ägyptischen Gott, den er nunmehr als
identisch mit Zeus betrachtete und der, wie er wahrhaftig in
einem Schrein in der Wüste »entdeckt« hatte,
sein wirklicher Vater war.
    Die paar hundert Mann aus dem neunzehnten Jahrhundert, die auf
Befehl ihrer Offiziere lose Aufstellung genommen hatten,
verfolgten alles mit einigem Befremden und lästerlichen
Kommentaren, während der König fortfuhr, seine
göttliche Pflicht zu tun. Zuvor jedoch hatten Tommies wie Sepoys nur allzu gern die

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